Brüder der Drachen
ihre Reiter warteten. Die Heerführer des Westens waren noch nicht aufgesessen, denn sie hatten sich zu einer letzten Beratung am Rand des Burghofs gesammelt. Calidor stand dort, auch er gerüstet und in seinen rot-weißen Waffenrock gekleidet, und er gab letzte Befehle an seinen Burgvogt, der während der Abwesenheit des Königs die Soldaten der Stadt befehligen sollte. Beranion stand bei ihnen, der Fürst der Westmark, sein Waffenrock leuchtend in hellem Gelb und tiefem Blau. Sein langes dunkles Haar hatte der Fürst im Nacken zusammengebunden; sein Bart war kurz geschnitten und umrahmte ein kantiges Gesicht mit strengen Zügen. Die Unterredung währte nur kurz, und Calidor klopfte zum Abschied aufmunternd auf die Schulter seines Burgvogtes, der seine Befehle mit ernstem Blick empfangen hatte.
Die Zeit des Aufbruchs war gekommen. Beranion ging sofort zu seiner Reitechse, die ihn mit ihrer fleischigen Zunge begrüßte, während Calidor sich dem Rand des Burghofs zuwandte, wo eine kleine Gruppe von Menschen ihn erwartete. Edina stand dort, die junge Königin des Westreiches, und Jeslyn, die Königin des Ostreiches.
»Ich wünsche Euch Glück, Calidor«, sagte Jeslyn.
»Ich werde es brauchen – Glück und Firions Beistand. Und die treuen Herzen der Männer, die mit mir ziehen. Ich verdanke Euch viel – Ihr habt viele tapfere Männer für meine Armee gewonnen.«
»Es war alles, was ich tun konnte. Ich werde für Euch beten, Calidor. Möge Firions Licht Euren Weg erleuchten.«
»Ich danke Euch.« Calidor verneigte sich. »Und eine Sache gibt es noch, die Ihr tun könntet. Bitte steht Edina zur Seite, denn sie wird Hilfe benötigen in den nächsten Wochen.«
»Das werde ich«, versicherte Jeslyn. Auch sie verneigte sich und trat einen Schritt zurück.
Calidor wandte sich mit einem stummen Nicken von ihr ab und trat auf Edina zu, die nicht weit entfernt auf ihn gewartet hatte. Tränen liefen über ihr Gesicht.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich wollte nicht weinen.«
»Nein, mir tut es leid. Es zerreißt mir das Herz, dich allein zu lassen.«
»Ich werde nicht allein sein. Und wenn du zurückkehrst, wird auch dein Sohn dich erwarten.«
»Und wenn es ein Mädchen wird?«
»Es ist ein Junge, dessen bin ich mir sicher«, sagte Edina. »Ich fühle seine Stärke in mir. Der kleine Carilon soll ein großer Ritter werden, so wie sein Onkel.«
»Ich liebe dich.« Calidor zog seine Frau an sich und küsste sie, dann wandte er sich ab, um sein Reittier zu besteigen.
Nicht weit entfernt von dem jungen Königspaar fand ein weiterer Abschied statt. Ylee und Grimstan standen beieinander, beide mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. Einige Schritte abseits von ihnen wartete Sad Eldon.
»Ich wünschte, ich könnte mit dir kommen«, sagte Ylee.
»Das geht nicht.« Mit ernster Miene schüttelte Grimstan seinen Kopf. »Du musst dafür sorgen, dass der Bund der Bewahrer weiter besteht.«
»Welchen Sinn soll dies noch haben? Wenn die Alten ihren Plan vollenden, dann kann auch das Wissen der Bewahrer das Ende nicht mehr verhindern. Doch wenn die Alten untergehen, wäre ich gerne dabei. Es wäre ein großer Triumph für unseren Bund.«
»Du solltest nicht so reden. Ich weiß, lange Zeit habe ich selbst am Sinn unseres Wirkens gezweifelt. Nun sind jedoch Dinge geschehen, die alles geändert haben. Wenn die Alten siegen, musst du alle Menschen, die dir folgen wollen, in den Norden führen. Unter den Drachen könntet ihr leben – und der Kampf würde weitergehen.«
»Wenn ihr scheitert, dann werden die Runen verloren sein.« Ylee schaute mit ernstem Blick in Grimstans Augen. »Und wer weiß, ob noch einmal fünf Reine sich treffen werden.«
»Ich glaube, dass es immer wieder Auserwählte geben wird«, sagte Grimstan. »Und bringen die Drachen uns nicht eine Hoffnung, die über alle Pläne der Bewahrer hinausgeht?«
»Das tun sie – falls dieses Bündnis wirklich Bestand haben kann. Denn die Alten würden ihr dunkles Werk fortsetzen, um erneut Misstrauen in die Herzen der Menschen zu säen.«
»Es wird deine Aufgabe sein, dies zu verhindern. Du musst die Saat der Wahrheit gegen das Unkraut der Lügen schützen. Doch immer noch habe ich die Hoffnung, dass wir siegen werden. Aber wie die Dinge auch enden mögen – ich wünsche dir alles Gute.«
»Wenn die Dinge glücklich enden, dann können wir die guten Zeiten gemeinsam erleben. Ich werde auf deine Rückkehr warten.«
»Nein, warte nicht auf mich. Der Kampf, in
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