Brüder der Drachen
den ich nun ziehe, ist meine letzte Aufgabe – egal, wie er enden mag.«
»Warum sprichst du so?« Tränen traten in die Augen der Frau. »Ich habe meinen Mann verloren, und nun bist du alles, was ich noch habe.«
»Du hast Jeslyn, und es gibt noch andere Bewahrer. Duram wird dir helfen bei der Aufgabe, die dir bevorsteht. Und du bist noch jung – du kannst eine neue Liebe finden.«
»Nein – ich möchte, dass du da sein wirst. Wie ein Vater warst du zu mir. Bitte, versprich mir, dass du wiederkommst.«
»Das kann ich nicht.« Grimstan legte seine Arme um Ylee und küsste ihre Stirn. »Lebe wohl, die Zeit des Abschieds ist gekommen.«
Gerade als Grimstan sich von Ylee trennte, erklangen schwere Schritte neben ihnen. Es war Eldilion, der auf sie zutrat.
»Nun, wie geht es Eurem verletzten Kameraden?«, fragte Ylee.
»Er erholt sich nur langsam, denn seine Wunden sind schwer. Aber sein Leben ist außer Gefahr.«
»Es freut mich, dies zu hören. Er scheint ein tapferer Mann zu sein, so wie alle Drachenritter, die ich traf.«
»Er wird einsam sein, wenn Calidor und die Drachenritter die Stadt verlassen haben. Vielleicht findet Ihr die Gelegenheit, ihm ein wenig Gesellschaft zu leisten?«
»Das will ich gerne tun.« Ylee lächelte. »War es diese Bitte, die Euch zu mir geführt hat?«
»Nein, ich kam, um mich von Euch zu verabschieden«, sagte der Ritter. »Es hat mich gefreut, Euch kennenzulernen.«
»Auch für mich war es eine Freude. Ich wünsche Euch Glück, Herr Ritter.« Ylee lächelte traurig. »Ich hoffe, dass ich Euch wiedersehen werde.«
»Wenn Firion es will, dann wird es geschehen.« Eldilion nickte ernst. »Lebt wohl, Ylee.«
»Lebt wohl.« Ylee sah hinter Eldilion her, der eilig auf sein Reittier zuschritt. Auch Grimstan und Sad Eldon hatten ihre Echsen bereits bestiegen. Der junge König blickte zu dem Meister der Drachengilde hinüber, dann hob er mit einem entschlossenen Ausdruck im Gesicht seinen Arm, und die Armee setzte sich in Bewegung. Es war nur ein kleiner Teil der Streitmacht, die sich in der Burg gesammelt hatte – dreißig Reiter in Rot und Weiß, den Farben von Car-Osidia, und ebenso viele von Beranions Rittern, gekleidet in Blau und Gelb.
Auch die Drachenritter schlossen sich ihnen an, eine kleine Schar von zwanzig Reitern. Calidors Rüstmeister hatte ihre Ringpanzer mit Metallplatten an Brust und Schultern verstärkt, und über den Rüstungen trugen sie wieder ihre schwarzen Mäntel, auf denen das Symbol ihrer Gilde prangte – der Drache und das Schwert. Die Schar der Reiter ergoss sich aus dem Tor hinaus in die Hauptstraße der Stadt, die sie zum großen Marktplatz führte. Frauen, Kinder und alte Menschen säumten die Straße, um den Auszug des Heeres zu verfolgen, dennoch wurden nur wenige Jubelrufe laut. Bekümmerung stand in den Gesichtern der Menschen, denn sie wussten, dass ihr König die Soldaten der Stadt in einen Kampf führte, aus dem vielleicht nur wenige zurückkehren würden.
Erst als die Schar der Reiter auf dem Marktplatz eintraf, ertönten Rufe des Staunens und der Bewunderung. Selten war in Car-Osidia ein solches Aufgebot an Rittern und Fußsoldaten gesehen worden. Die Rufe der Zuschauer mischten sich mit dem Rasseln der Rüstungen und Waffen, als die Reiter eilig auf den Platz ritten und sich erneut formierten. Der größte Teil der Streitmacht des Westens hatte sich bereits hier gesammelt, um sich für den langen Marsch nach Car-Angoth aufzustellen. Fünfhundert Soldaten waren es, die die Farben von Car-Osidia trugen, und vierhundert Männer aus der Westmark. Dazu kamen dreihundert Soldaten aus den kleineren Fürstentümern, gekleidet in Dunkelblau und Weiß für Car-Siradhon sowie Gelb und Grün für Car-Telfar. Und zwischen diesen Heerscharen stand eine weitere Truppe von mehr als zweihundert Männern in den rostroten Umhängen von Gweregons Armee. Über ihre Lederrüstungen hatten sie gelbe Schärpen geschlungen, als Zeichen, dass ihre Loyalität nun Königin Jeslyn galt und nicht mehr ihrem König und seinem einäugigen Kriegsherrn.
»Hört meine Worte!«, rief Calidor, und das Stimmengewirr der Zuschauer verstummte abrupt. »Diese Stadt hat bereits gelitten unter den Folgen eines Krieges, den wir nicht wollten. Nun reiten wir in eine Schlacht, die wir führen müssen, wenn wir nicht untergehen wollen oder für immer als Sklaven leben. Ob wir diese Schlacht gewinnen oder verlieren – wir können zurückkehren voller Stolz, denn wir haben gezeigt,
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