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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Plötzlich ertönte der Ruf eines Vogels, wie ein hoher Flötenton, und der Schwarm der Urvos zerstreute sich hastig. Schon bevor sie in die Kronen der nahen Bäume eintauchten, verblasste ihr geheimnisvolles Licht.
    »Lasst uns weiterreiten«, sagte Loridan mit leiser Stimme. »Wir sollten diese Lichtung hinter uns bringen.«
    Eril-Firion hatte bereits seinen höchsten Stand erreicht, als der Wald endete. Loridan, der die Spitze des Zuges bildete, hielt am Waldrand und bedeutete den anderen, sich zu sammeln. Im Licht des Himmelswanderers sahen die Gefährten eine zerklüftete Landschaft vor sich liegen. Eine tiefe Furche durchzog das Land von Westen nach Osten und versperrte den Weg der Reisenden. Die Bodensenke lag im Dunkeln, doch wie eine Brücke schob sich ein felsiger Ausläufer des nahen Hochlandes darüber hinweg, matt leuchtend im Licht Eril-Firions.
    »Vor uns liegt die erste gefährliche Prüfung«, verkündete Loridan. »Der Weg führt für eine Weile durch offenes Land, über diesen Felsen und durch die Trümmer einer uralten Stadt. Wenn wir auf den Tag warten und dann weiterreiten, besteht die Gefahr, dass wir gesehen werden. Andererseits ist der Fels tückisch und weist gefährliche Spalten auf. Falls wir im Dunkeln angegriffen werden, wird eine Flucht schwierig.«
    »Eine Stadt?«, fragte Tirandor. »Ich wusste nicht, dass auch hier eine der Städte des Reiches lag.«
    »Nein, es war keine Stadt des heutigen Reiches«, sagte Loridan. »Die Legenden berichten, dass schon die Ahnen diese Trümmer vorfanden, als sie diesen Kontinent in Besitz nahmen.«
    »Wir wollen die alten Legenden später erzählen«, sagte Herubald. »Nun sollten Loridan und ich den Weg auskundschaften und nach gefährlichen Stellen und möglichen Verstecken Ausschau halten. Die anderen bleiben solange hier am Waldrand.«
    Mit einem bangen Gefühl beobachtete Tan-Thalion, wie die beiden Ritter ihre Helmvisiere schlossen und sich rasch entfernten. Trotz des hellen Scheins des Himmelswanderers waren sie bald nicht mehr zu erkennen. Im Westen erhoben sich die Gipfel der Drachenberge gegen den sternengeschmückten Himmel, ihre schneebedeckten Spitzen glitzerten im Licht Eril-Firions. Daneben jedoch funkelte Eril-Angoth grausam und bösartig, so als wolle Thaur-Angoth die Menschen daran erinnern, dass er die Schmach seiner Verbannung nicht vergessen hatte.
    Tan-Thalion spürte plötzlich, dass sein Craith sich unruhig bewegte, und er musterte mit wachsender Sorge den Himmel. In seiner Hand hielt er einen Beutel mit dem Zauberpulver bereit, das er für den Schutzzauber gegen Drachenfeuer benötigte.
    »Dort, über den Bergen«, flüsterte Gerric. »Ein Schatten bewegt sich an den Sternen vorüber.«
    »Ich sehe nichts«, erwiderte Tan-Thalion, während er sich aus dem Sattel seines Craith gleiten ließ, der sich mit ruckartigen Schritten seitwärts bewegte und leise zischende Laute von sich gab.
    »Ja, ich sehe es auch«, sagte Tirandor. »Wir sollten uns in den Schutz des Waldes zurückziehen. Hoffen wir, dass auch unsere Gefährten die Gefahr wahrnehmen.«
    Mit einem Mal brach die Erkenntnis über den Zauberer herein, auf welches Wagnis er sich mit dieser Reise eingelassen hatte. Es wäre unsinnig, nun einen Schutzzauber zu wirken, der nur für kurze Zeit wirksam war, ohne überhaupt zu wissen, wo der Drache sich befand. Besser wäre es, dem Rat des Heilers zu folgen und auf sein Glück zu vertrauen. Gerade als der Zauberer sich abwenden wollte, flackerte ferner Feuerschein auf – eine Flammenwolke, die aus dem Himmel heraus auf die langgestreckte Felsformation vor ihnen herunterstieß. Eine heftige Bewegung des Craith riss die Zügel aus Tan-Thalions Hand, gleich darauf spürte er einen Stoß und fiel unsanft in ein Gebüsch. Im selben Moment hörte er ein Rascheln und Knacken, als mehrere Echsen hastig in das Unterholz des Waldes eindrangen. Ein Mann stieß einen unterdrückten Fluch und einen Schmerzenslaut aus.
    Die plötzliche Angst der Reittiere griff auch auf Tan-Thalion über, lähmte ihn, und er blieb reglos in dem Busch liegen. Zwischen dünnen Ästen hindurch war sein Blick weiter nach Westen gerichtet, aber alles blieb dunkel. Mit einer Hand tastete er den Boden um sich herum ab, denn der Beutel mit dem Zauberpulver war ihm bei dem Sturz entglitten. Mit einem beklommenen Gefühl wurde ihm klar, dass der beste Schutzzauber nutzlos war, wenn dem Zauberer die Nerven fehlten, um sich im Angesicht der Gefahr auf magische Rituale

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