Brüder der Drachen
stand hoch am wolkenlosen Himmel, und sein Licht erhellte die große Lichtung, in deren Mitte sich ein flacher Hügel erhob. Plötzlich hielt Carilon inne, denn für einen Moment hatte er geglaubt, auf der Erhebung einen kleinen Lichtfunken zu sehen. Er blickte angestrengt in die Richtung, und dann sah er es erneut – ein kurzes Aufleuchten, aus dem sich bald ein mattes Glühen entwickelte und schließlich ein hell flackerndes Feuer. Leise fluchend ging der Drachentöter zu seinem Schwertbruder und schüttelte ihn wach.
»Jemand hat ein Feuer angezündet«, sagte er. »Mitten auf der Lichtung.«
»Verdammt!« Seregon war sofort hellwach. »Das kann nur der verrückte Sänger sein.«
»Ja, das denke ich auch«, sagte Carilon. »Vielleicht ist Tan-Thalion gar nicht weit von hier. Wir müssen das Feuer löschen, sonst werden sich alle Drachen des Landes hier versammeln.«
Mit routinierten Bewegungen kontrollierten die Ritter den Sitz ihrer Rüstungen und lockerten die Schwerter in den Scheiden, dann schwangen sie sich auf ihre Echsen. Das Feuer flackerte inmitten der Lichtung, weniger als eine halbe Meile von ihnen entfernt. Sie hatten etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als Carilon bemerkte, wie sein Craith nervös zum Himmel blickte und immer langsamer wurde. Er wandte sich seinem Schwertbruder zu und sah, dass auch dieser Probleme hatte, sein Reittier auf dem eingeschlagenen Kurs zu halten.
»Ein Drache!«, rief Carilon und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Mit einem kräftigen Ruck am Zügel zog er den Craith herum, sodass dieser wieder in die Richtung blickte, aus der sie gekommen waren.
»Lauf!«, sprach er in das Ohr des Tieres. »Bring dich in Sicherheit.«
Die Echse stieß ein klagendes Heulen aus und lief eilig davon, gefolgt von Seregons Reittier. Carilon zog sein Schwert, und wenige Augenblicke später war sein Schwertbruder an seiner Seite. Rücken an Rücken blickten sie suchend zum nächtlichen Himmel empor, um nicht von dem Drachen überrascht zu werden. Einige Sträucher behinderten die Sicht zur Mitte der Lichtung, wo eine Gestalt sich im Schein des Lagerfeuers bewegte. Oder waren es zwei Gestalten? Unwichtig – im Moment zählte nur der Drache. Die beiden Ritter konzentrierten sich wieder auf den Himmel über ihnen, konnten allerdings keine Bedrohung erkennen. Eine Weile verharrten sie ruhig, um sich nicht selbst durch unbedachte Bewegungen zu verraten. Endlich stieß Carilon einen leisen Ruf aus, während er mit einem Arm in Richtung auf das Feuer wies. Seregon trat an die Seite seines Schwertbruders, und beide blickten zur Mitte der Lichtung hin.
»Dort«, flüsterte Carilon. »Rechts unterhalb des Feuers.«
Und dann sah auch Seregon den Drachen – er saß bewegungslos an der Flanke des Hügels, gerade außerhalb des Feuerscheins, sodass nur das Licht des Himmelswanderers ihn beleuchtete. Die beiden Drachentöter kauerten sich leise hinter einen Strauch, um zu beobachten, was auf dem Hügel vor sich ging.
»Es muss der Sänger sein«, flüsterte Seregon. »Aber er ist nicht allein.«
»Sollen wir näher herangehen?«, fragte Carilon.
»Nein, es ist zu gefährlich. Der Drache würde uns wittern.«
Still verharrten die beiden Drachentöter und beobachteten die Geschehnisse an dem Feuer. Nur selten wandten sie ihre Blicke von dem Hügel ab, und so sahen sie erst im letzten Moment den dunklen Schatten, der in schnellem Flug vor den Sternen dahinzog. Kaum hatten sie den Drachen erblickt, als sein Feuer sie auch schon einhüllte. Für eine kurze Weile waren sie geblendet, und nur langsam gewöhnten sich ihre Augen wieder an die Dunkelheit der Nacht. Seregon klopfte an Carilons Schulter und wies auf eine kleine Baumgruppe östlich von ihnen. Carilon nickte, und die beiden setzten sich in Bewegung. Wieder sahen sie den Drachen erst im letzten Moment, bevor sein Feuer sie umgab. Sie beschleunigten ihre Schritte und erreichten die Baumgruppe, die ihnen ein wenig Schutz vor den Angriffen aus der Luft bieten würde. Der Drache strich erneut über sie hinweg, durch die Baumwipfel zu größerer Höhe gezwungen, und dieses Mal verzichtete er darauf, seinen Feueratem auszustoßen. Rücken an Rücken warteten die beiden Ritter, ihre Blicke schweiften stetig über die Umgebung. Eine erneute Feuerwolke ließ einen der Bäume in Flammen aufgehen und erhellte die Nacht mit flackerndem Lichtschein.
Eine Weile geschah nichts mehr, und Carilon riskierte wieder einen Blick auf den Hügel in der
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