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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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anderen zuwandte. Und damals beschloss ich, meinem Leben ein Ende zu setzten, das eines Sängers und Poeten würdig ist. Der Tod im Feuer eines Drachen – ist dies nicht ein Abgang, der es wert ist, in einem Lied besungen zu werden? Und in der Tat habe ich dieses kleine Lied schon vorbereitet, das dereinst auch auf meinem Grabstein stehen soll – falls denn eine gnädige Seele das Aschehäufchen, das dann aus mir geworden sein wird, würdig bestattet. Ich trage die Verse zu diesem Zweck immer bei mir, eingraviert in eine Tontafel. Sicherlich werdet Ihr das kleine Lied, das ich eben erwähnte, gerne hören wollen.« Jandaldon sah den Heiler in der Erwartung einer Zustimmung an und bückte sich gleichzeitig, um seine Laute zu ergreifen. Obwohl die Zustimmung ausblieb, begann der Sänger, ein paar einleitende Töne zu spielen.
    »Jandaldon war sein Name …«, sang er dann, doch der Heiler unterbrach ihn.
    »Verzeiht, aber ich werde Eurem Lied später lauschen. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Mann in Sicherheit zu bringen.« Er nickte Carilon zu, und die beiden hoben vorsichtig die Trage an, auf der Seregon gebettet war. Als sie den Hügel hinuntergingen, sahen sie schon Loridan und Herubald, die ihnen zu Fuß entgegenkamen. Zusammen legten sie den Weg zum Lager zurück, der kaum mehr als eine halbe Meile betrug. Als sie den Rand des Waldes erreichten, sah Tirandor, dass dort ein Feuer brannte, über dem ein Kessel hing. Die anderen Reisenden und die Echsen lagerten etwa hundert Schritte entfernt von der Feuerstelle in einem dichteren Baumbestand.
    »Ich nahm an, Ihr würdet mehr heißes Wasser brauchen«, sagte Herubald. »Und die anderen haben begonnen, einen Unterstand aufzubauen, um Seregon vor Wind und Regen zu schützen.«
    »Das war eine gute Idee«, erwiderte Tirandor. »Ich werde das Wasser benötigen, sobald es siedet.«
    Er ging mit Carilon weiter, und die beiden setzten die Trage etwas abseits vom Lager ab, wo Gerric, Sad Adan und Tan-Thalion damit beschäftigt waren, aus Ästen und Zeltplanen einen Unterschlupf zu errichten.
    Müde strich Carilon mit einer Hand über seine Augen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal geschlafen hatte, und nun brach die Erschöpfung über ihn herein. Tirandor trat an ihn heran und legte eine Hand auf seine Schulter.
    »Ihr solltet Euch jetzt eine Weile hinlegen«, sagte er.
    »Aber ich kann meinen Schwertbruder nicht alleine lassen. Nicht in dieser Stunde der Not.«
    »Er wird nicht alleine sein, das verspreche ich.« Der Heiler lächelte schwach. »Und ich arbeite lieber, ohne dass mir jemand auf die Finger sieht. Nur eine Frage habe ich noch – würdet Ihr sagen, dass Euer Schwertbruder ein guter Mensch ist?«
    »Natürlich.« Die Frage überraschte Carilon, und er blickte Tirandor forschend ins Gesicht. »Er ist ein treuer Freund und ein unerschrockener Kämpfer.«
    »Das meine ich nicht. Ich möchte wissen, ob er auch gut zu Menschen ist, die nicht seine Freunde sind. Und ob er auch gute Taten vollbringt, die kein Schwert erfordern.«
    »Was sollen diese Fragen?« Trotz seiner Müdigkeit stieg Wut in Carilon auf. »Macht Ihr Eure Hilfe davon abhängig, welche Meinung Ihr von einem Menschen habt?«
    »Ich versichere Euch, dass meine Meinung keinerlei Rolle spielt – und doch ist die Antwort auf meine Frage wichtig.«
    »Ja, er ist ein guter Mensch«, sagte Carilon, ein wenig besänftigt durch den ruhigen, aber bestimmten Ton von Tirandors Stimme. »Ich habe ihn nie unfreundlich oder eigennützig erlebt.«
    »Gut«, sagte der Heiler. »Und nun legt Euch hin oder esst etwas – ich werde alles für Euren Schwertbruder tun, was in meiner Macht steht.«
    *
    Während Tirandor auf das heiße Wasser wartete, breitete er alle Kräuter und Arzneien vor sich aus, die er für die Behandlung der Wunden benötigen würde. Nach kurzer Zeit trat Sad Adan auf ihn zu und brachte einen Kessel mit dampfendem Wasser. Der Priester stellte das Gefäß ab und kniete sich dann neben Seregon zu Boden.
    »Wird er überleben?«, fragte er.
    »Das weiß ich nicht.« Der Heiler begann damit, Lösungen zum Waschen der Wunden und Salben zur weiteren Behandlung vorzubereiten. Sad Adan machte keine Anstalten, sich wieder zu entfernen, und murmelte mit geschlossenen Augen leise vor sich hin, manchmal jedoch glaubte Tirandor, dass der Priester ihn verstohlen beobachtete.
    »Verzeiht«, sagte er. »Aber noch gehört dieser Mann mir. Ihr könnt mit Euren Gebeten warten, bis er gestorben ist – oder

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