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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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sie woanders sprechen.«
    Der Priester wandte sich um und funkelte den Heiler zornig an, stand dann allerdings wortlos auf und ging zu der Gruppe der anderen Reisenden, die Tirandors Bitte gefolgt waren und sich etwas abseits von Seregons Lager niedergelassen hatten. Nun löste Tirandor vorsichtig die Verbände, die den Oberkörper des Ritters umhüllten. Als er das Ausmaß der Wunden erkannte, schüttelte er nachdenklich den Kopf. Er fühlte nochmals sorgfältig Puls und Atmung des Verletzten und tastete seinen Körper mit sanften Händen ab.
    Es grenzte an ein Wunder, dass dieser Mann noch lebte. Sein muskulöser Oberkörper war stark gequetscht worden, mehrere Rippen waren gebrochen. Einer der Reißzähne des Drachen war tief in den Unterleib des Ritters eingedrungen. Die rechte Schulter und der rechte Oberarm wiesen tiefe Wunden auf. Seregon hatte es seiner kräftigen Konstitution zu verdanken, dass er noch lebte – und seinem Kameraden, der seine Wunden versorgt hatte, so gut er es vermochte. Aber Tirandor ahnte, dass es nur eine Möglichkeit gab, das Leben dieses Mannes zu erhalten.
    Er streifte einen dünnen Lederhandschuh über seine rechte Hand und zog an dem Lederriemen, der um seinen Hals hing, einen kleinen Beutel hervor. Diesem entnahm er mit seiner behandschuhten Hand ein silbernes Amulett. Für einen Moment zögerte Tirandor, doch er musste sich auf Carilons Wort verlassen, dass Seregons Seele unbefleckt war. Wenn es nicht so wäre, könnte das zaubermächtige Schmuckstück ihm mehr schaden als nutzen. Er legte das Amulett auf die Brust des Verwundeten, genau über sein Herz, und wartete gespannt. Seregon bäumte sich leicht auf, und ein Stöhnen kam über seine Lippen. Als nach einer Weile ein schwaches blaues Leuchten von dem Amulett ausging, lächelte Tirandor zufrieden und bedeckte es mit der rechten Hand, um das verräterische Licht abzuschirmen. Trotz des Handschuhs spürte er die Wärme, die von dem magischen Talisman ausging – und auch einen Teil seiner Wirkung. Ein Wohlgefühl durchflutete Tirandors Körper, gemischt mit einem Schmerz, der tief in seinem Inneren zu entstehen schien.
    Eilig verbarg der Heiler das Schmuckstück wieder in seinem Hemd und machte sich daran, die Wunden zu reinigen und mit Salben zu behandeln. Schon während dieser Arbeit bemerkte er, wie sich Seregons Zustand verbesserte: Sein Herz schlug kräftiger, und seine Atemzüge wurden tiefer. Das Amulett hatte Seregons Leben gerettet – aber ob er seinen Arm wieder würde gebrauchen können, das war eine andere Frage. Als Tirandor seine Arbeit abgeschlossen hatte und Seregons Oberkörper wieder fest bandagiert war, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Erst jetzt fiel dem Heiler auf, wie müde er war, und er ging zu den anderen, die nicht weit von ihm beieinandersaßen. Mit einem Lächeln nahm er zur Kenntnis, dass Carilon eingeschlafen war. Loridan und Herubald saßen auf einem umgestürzten Baumstamm, und beide erhoben sich, als Tirandor näher kam.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Loridan.
    »Sein Zustand ist ernst«, sagte Tirandor, doch dann zeigte er ein Lächeln. »Aber ich denke, Sad Adans Gebete sind vorläufig überflüssig. Carilon hat seine Wunden gut versorgt, und ich habe meinen Teil dazu beigetragen, Seregon auf den Weg der Besserung zu bringen.«
    »Ich danke Euch.« Loridan ergriff Tirandors Hand und drückte sie fest. »Man sagt, dass Ihr in wenigen Augenblicken Todkranke wieder ins Leben zurückgerufen habt. Für Seregon habt Ihr zwei Stunden gebraucht. Also nehme ich an, dass Eure Worte Eure Taten kleiner machen als sie sind.«
    »Auch ich danke Euch«, sagte Herubald und legte eine Hand auf die Schulter des Heilers. »Wir stehen tief in Eurer Schuld.«
    »Reden wir nicht mehr davon«, sagte Tirandor. »Ich sehne mich im Moment nur nach einer kleinen Mahlzeit und ein wenig Schlaf.«
    »Dem kann abgeholfen werden«, sagte Loridan. »Da wir ohnehin ein Feuer hatten, haben wir es genutzt, um eine Suppe zu kochen. Setzt Euch nur hin, ich hole Euch eine Schale.«
    Tirandor ließ sich erschöpft auf den Baumstamm sinken, wo die beiden Drachentöter zuvor gesessen hatten, und wenig später brachte Loridan ihm eine Schale heißer Suppe.
    »Sehr gut«, sagte er, nachdem er einen Löffel gekostet hatte. »Wenn Ihr wollt, dann könntet Ihr versuchen, Seregon ganz langsam und vorsichtig etwas von der Brühe einzuflößen.«
    *
    Danira wanderte zügig am Lauf des kleinen Baches entlang, der sie zwischen fruchtbaren

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