Brüder Des Zorns
So tief meine Zuneigung zu Ihrer Majestät auch ist, so bin ich doch gekommen, um dir einen bedeutenden Vorschlag zu unterbreiten. Die Nachrichten über unseren König überbrachte ich dir als Zeichen meiner ernsthaften Absichten. Du begreifst sicher, dass man mich bei meiner Rückkehr auf der Stelle hinrichten wird, wenn auch nur ein Wort unseres Gespräches bekannt wird?«
»Ich weiß deinen Mut zu schätzen. Wie lautet dein Vorschlag?«
»König Ach’na ist krank, und sein Sohn ist noch ein Kind. Wenn es zum Krieg zwischen unseren Völkern kommt, wird es den Offizieren schwer fallen, euch an den Grenzen in Schach zu halten. Der Kriegsrat ist einberufen worden und trifft gerade vor den Toren der Hauptstadt zusammen. Die Bevölkerung Grans ist zahlreicher und viel besser organisiert. Wir wären keine so leichte Beute für euch wie die Sonoaner.«
»Ich nehme an, du weißt eine Möglichkeit, um das zu ändern.«
»Meine Familie beherrscht den südwestlichen Teil Grans, und wir stellen ungefähr ein Viertel des gesamten Kriegsrates. Die Grundbesitzer unseres Gebietes unterstehen mir und nicht dem König. Wenn ich ihnen befehle, ihre Soldaten zurückzuziehen, werden sie gehorchen.«
»Und was verlangst du für deine Dienste?«
»Die offizielle Überschreibung des Gebietes an meine Familie, eine hohe Stellung an eurem Hofe, annehmbare Steuern und Autonomie für uns in unserem Gebiet.«
»Mit anderen Worten: Alles, was du auch unter König Ach’na genießt.«
»Was ich aber niemals verlangen könnte, wenn unser Heer von König Gasam besiegt wäre. Außerdem gibt es ein paar Ländereien, die an unsere grenzen und einst Lehen meiner Familie waren. Leider vergaben sie frühere Herrscher von Gran anderweitig. Ich möchte die Gebiete zurückhaben und verbürge mich für ihre Ergebenheit.«
»Und wieso glaubst du, dass wir Gran nicht ohne deine Hilfe einnehmen können?« fragte sie mit schneidender Stimme.
»Das habe ich nie behauptet. Ich sage nur, ich kann euch den Sieg erleichtern. Schließlich hat König Gasam noch große Eroberungen im Sinn und will möglichst wenig Soldaten vergeuden. Und um es ehrlich zu sagen: Meine Ländereien sind nicht so beschaffen, dass sie für euch Shasinn von großem Wert wären. Es handelt sich um dicht bewachsenen Dschungel, ein wenig Ackerland und kaum Weideflächen. Was wollt ihr damit anfangen, außer Steuern eintreiben? Jeder kann sich denken, dass König Gasam vorhat, auch die große Steppe jenseits der Wüste zu erobern. Endlose Weiden, Majestät, wo sich eure Kaggaherden hervorragend fortpflanzen werden. Hier unten sichert Gasam nur seine südliche Flanke gegen den großen Krieg, der irgendwann bevorsteht, der Krieg gegen König Hael.«
Ein kalter Schauder überlief Ansa. Ausnahmsweise sprach der Alte die Wahrheit.
Larissa schwieg geraume Zeit. Das Angebot war gemacht, und sie bedachte es von allen Seiten.
»Du sagst, wir könnten dein Land nur zur Erhebung von Steuern gebrauchen. Bist du dir im Klaren, dass ein Teil des Tributes in jungen Männern im wehrfähigen Alter besteht? Wie du schon sagtest, es liegen große Kriege vor uns. Dabei handelt es sich nicht nur um mehrere Wochen. Die Männer können nicht nach der Aussaat losmarschieren und sind zur Ernte wieder zurück. Sie gehören zu einer Berufsarmee und sehen ihre Heimat jahrelang nicht wieder, wenn überhaupt jemals.«
»Ich verstehe.« Floris vermochte den Triumph in seiner Stimme nicht zu unterdrücken. Sein Angebot war angenommen worden, und nun handelte die Königin nur noch Einzelheiten aus. »Bauernburschen sind wichtige Arbeiter, und um ihren Verlust auszugleichen, sollte man für die Zurückbleibenden Erntezuschüsse bewilligen. Das ist nicht einfach, kann aber bewerkstelligt werden. Vielleicht kann eine Entschädigung für die Gefallenen geleistet werden. Das wird König Gasam nicht übermäßig belasten, da ihm die Reichtümer vieler Länder gehören.«
Larissa dachte eine Weile nach. »Das wäre eine Möglichkeit. Also gut, ich nehme dein Angebot an. Mein Gemahl hat mich ermächtigt, in seinem Namen zu handeln. Natürlich hat der König das letzte Wort in allen militärischen Dingen, aber meiner Meinung nach ist der günstigste Zeitpunkt, deine Truppen zurückzuziehen, kurz vor der Schlacht. Meine Spione bleiben mit dir in Verbindung.«
»Aber doch keine Shasinn!« rief er entsetzt.
Wieder einmal hörte Ansa ihr melodisches Lachen. »Nein! Männer aller Nationen stehen in meinen Diensten. Sie
Weitere Kostenlose Bücher