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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Gast aus dem Norden die Gastfreundschaft des ganzen Dorfes zu erweisen.«
    Die Förmlichkeit dieser Menschen wirkte ansteckend. »Im Namen meines Vaters und meines Volkes nehme ich das Angebot mit großer Freude an.«
    Lady Bel stellte die übrigen Anwesenden vor, bei denen es sich um Dorfälteste mit wichtigen Aufgaben handelte. Ansa staunte, dass sich einfache Dörfler wie Edelleute benahmen. Städter hielten sein Volk für barbarische Nomaden, was ein Beweis für ihre Dummheit war.
    Ältere Knaben nahmen sich der Cabos an, und sie gingen zum Versammlungshaus, das größer als die übrigen Lehmhütten war und aus einem einzigen, lang gestreckten Raum bestand. An den beiden Stirnseiten befand sich jeweils eine offene Feuerstelle. Ansa hielt Lehm für ein unansehnliches und armseliges Baumaterial, musste aber zugeben, dass die Räume im heißen Wüstenklima angenehm kühl blieben. Sie ließen sich auf beiden Längsseiten nieder. Lady Bel saß in der Mitte, Ansa und Fyana hatten neben ihr Platz genommen.
    »Zuerst müsst ihr essen und euch erfrischen. Wir unterhalten uns später«, sagte Lady Bel.
    Ansa widersprach nicht, obwohl sie in den letzten beiden Tagen nichts weiter als einen gemütlichen Ritt hinter sich gebracht hatten. Die Gastfreundschaft verlangte, Besucher so zu behandeln, als wären sie seit einem Jahr unterwegs und dem Hungertod nahe. Zunächst unterhielten sie sich nur über Belanglosigkeiten, während Speisen und Getränke aufgetragen wurden.
    Lady Bel legte die Kapuze und den Schleier ab und enthüllte ein Gesicht, das Ansa nicht als alt bezeichnet hätte. Die hellblaue Haut war glatt und so faltenlos wie bei Fyana, spannte sich jedoch fest über die hohen, aristokratischen Wangenknochen. Darunter zeichneten sich dunkelblaue Adern ab. Auch die Hände wirkten wie die einer jungen Frau. Dennoch war er sicher, eine Dame in hohem Alter vor sich zu haben.
    Nachdem sie der Gastfreundschaft Genüge getan hatten, reichte man ihnen Tassen, die eine Mischung aus Kräutern und schwerem heißem Wein enthielten. Es war Brauch, zuerst den Dampf einzuatmen, ehe man das Getränk in kleinen Schlucken zu sich nahm.
    »Du bist in einer schwierigen Zeit gekommen«, begann Lady Bel. »Seit vielen Jahren tragen sich wichtige Ereignisse in großer Entfernung zur Schlucht zu. Dein Vater ist im Osten beschäftigt und kümmert sich um Handelsbeziehungen und militärische Bündnisse. Gasam eroberte Chiwa und andere Königreiche und Inseln. Bisher war die Lage ausgewogen, und es herrschte Ruhe. Aber das ändert sich nun. Gasam marschiert wieder, diesmal nach Südosten. Er überschreitet die Grenze nach Sono. Dort wird er aber nicht lange bleiben, sondern auch Gran unterwerfen und dann nach Norden ziehen.«
    »Gasam!« Das war eine große Neuigkeit. Er war noch ein Kind gewesen, als der Erzfeind seines Vaters die Steppenbewohner zum ersten Mal bedroht hatte. Chiwa lag in weiter Ferne, und Hael hatte gehofft, Gasam würde dort irgendwann in einer Schlacht den Tod finden. Offensichtlich war das nicht geschehen.
    Aufregung ergriff Ansa. Andere mochten diese Entwicklung als bedenklich betrachten, aber für einen jungen Krieger waren Ehre und Ruhm nur im Krieg zu erreichen.
    »Freu dich nicht zu früh!« ermahnte ihn Lady Bel, als habe sie seine Gedanken erraten. »Es wird noch eine Weile dauern, ehe sich dieser Wahnsinnige nach Norden wendet. Am wichtigsten ist es, Genaueres über seine Pläne und Taten zu erfahren.«
    »Mir scheint es, du bist bereits im Bilde«, meinte Ansa.
    »Wir haben auch in anderen Ländern Verbündete, die unsere Interessen wahren. Sie haben die Möglichkeit, uns schnell zu unterrichten. Jetzt, da Gasam ins Feld gezogen ist, wird das immer schwieriger. Geraume Zeit wird großes Durcheinander herrschen. Jemand sollte dort sein, dem König Hael voll und ganz vertrauen kann.« Sie sah ihn herausfordernd an.
    »Du findest also, dass ich dorthin reisen und mich ganz allein unter Gasams Leute mischen soll?« Er hatte sich zwar nach Abenteuern gesehnt, aber nicht unbedingt nach einem solchen Wahnwitz.
    »Nein, nicht allein. Mit ihr.« Sie deutete auf Fyana. »Jemand, dem wir ganz und gar vertrauen, wird dich begleiten.«
    »Was? Allein wäre es glatter Selbstmord, aber auch noch durch eine Frau belastet zu sein wäre …« Ihm fiel kein noch entsetzlicherer Ausdruck ein. »… noch schlimmer als Selbstmord.«
    ›»Belastet‹«, murmelte Fyana. »Wir werden sehen, wer sich auf dieser Reise als Last

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