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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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zu einem von Felsen umgebenen See, damit die Tiere ihren Durst stillen konnten. Anschließend saßen sie auf und ritten am Rand der Schlucht entlang.
    »Ich habe keine Menschen gesehen«, bemerkte Ansa.
    »Hier ist so viel Platz, dass man sämtliche Bewohner der ganzen Welt in eine der Felsspalten stopfen könnte, ohne dass sie besonders auffallen würden. Es gibt viele Städte, aber sie verschmelzen mit der Landschaft. Manche hat man in die Felswände gehöhlt. Entlang des Flusses liegen auch Felder, aber die meisten Leute leben vom Ertrag der Viehherden.«
    Der Pfad erwies sich als gut ausgetreten, aber sehr schmal, und zu beiden Seiten gähnten furchtbare Abgründe. Im Zickzack zog er sich in die Schlucht hinab, und nach jeweils hundert Schritten vollführte er immer wieder eine fast vollständige Kehrtwendung. Von Zeit zu Zeit kreuzte er Felsplateaus, auf denen sie rasteten. Während des ganzen Rittes erklärte ihm Fyana die Landschaft und beschrieb die Wunder der Schlucht in leuchtenden Farben.
    »Hier wachsen Pflanzen, die es sonst nirgendwo gibt«, sagte sie. »Es gibt Heilkräuter, Pilze, die Visionen hervorrufen, und Pflanzen, aus denen man Stoffe weben oder Farben gewinnen kann. Der Bewuchs ändert sich immer wieder, je nachdem, in welcher Höhe man sich befindet.«
    Schließlich erreichten sie ein Plateau, wo sich seltsame Tiere an Blättern gütlich taten. Sie hoben die gehörnten Köpfe und sahen die Reiter neugierig an. Die Tiere besaßen einen kurzen Körper, lange Beine und klauenförmige Füße. Das Fell war rotbraun gefleckt und verschmolz mit den umliegenden Felswänden.
    »Das sind Kletterer«, erklärte Fyana. »Sie halten sich nur in dieser Gegend auf, niemals auf dem oberen Rand oder auf dem Grund der Schlucht. Sie können dank ihrer scharfen Klauen die steilsten Felswände erklimmen.«
    »Sie wirken furchtlos. Werden sie nicht gejagt?«
    »In der Schlucht jagt man keine Tiere. Sie sind … anders. Schluchttiere sehen nicht nur ungewöhnlich aus, sondern verfügen über geheimnisvolle Kräfte. Unglück trifft den, der sie jagt, und wer ihr Fleisch isst, wird von einer tödlichen Krankheit befallen. Außerdem gibt es außerhalb der Schlucht genügend Wild, so dass niemand sich an diesen Tieren vergreift.«
    Ansa dachte nach. »Wenn mein Vater von Tieren redet, erwähnt er manchmal ihre Geisterkraft. Außer den Geistersprechern sind nur wenige Menschen dafür empfänglich. In seiner Inselheimat war diese Kraft viel ausgeprägter als auf dem Festland. Dort war sie so spürbar, dass man die Tiere in ranghohe oder niedrige Rassen einteilte. Die kleinen, in der Erde wühlenden Tiere besaßen kaum etwas von dieser Kraft, die Raubkatzen und Langhälse dagegen sehr viel.«
    »Langhälse gibt es hier auch«, warf Fyana ein. »Sie sind selten, richten aber großen Schaden unter den Herden an.«
    »Auf den Inseln gibt es riesige Langhälse, die bedeutend größer als die hiesigen Vertreter sind. Mein Vater sagt, dass es dort umfangreiche Zeremonien gibt, die sich nur um diese Kreaturen drehen. Einst tötete er ganz allein einen Langhals. Das hat es in der Geschichte seines Landes und in den Legenden seines Volkes nie gegeben.«
    »Also wurde er ein großer Held?«
    »Nein, ein Verbannter. Die Biester sind dort so heilig, dass es unverzeihlich ist, wenn man eines von ihnen tötet. Nicht einmal, wenn man das eigene Leben oder das eines Gefährten retten will.« Er zuckte die Achseln. »Das behauptet jedenfalls mein Vater. Irgendetwas hier erinnert mich an seine alten Geschichten, die ich als Junge so oft hörte, dass sie mir langweilig wurden.«
    »Warum erinnert dich die Schlucht an seine alten Geschichten?« forschte Fyana beharrlich.
    Ansa bemühte sich, die richtigen Worte zu finden. Es war ungewohnt, Gefühle genauer auszudrücken, aber hier an diesem seltsamen Ort mit seiner überwältigenden Schönheit und geheimnisvollen Atmosphäre gab es etwas, das seine Gedanken auf übernatürliche Dinge lenkte.
    »Ich glaube«, sagte er schließlich, »dass es irgendwie mit der großen Katastrophe zusammenhängt und den schweren Zeiten, die darauf folgten. Jedes Volk hat Legenden darüber. Natürlich unterscheiden sie sich oftmals sehr, aber alle stimmen darin überein, dass die Menschheit ihr Unheil selbst verschuldete. In der Folgezeit starben die meisten Tiere und Menschen, und die Überlebenden waren verändert. Damals kehrten die Geister auf die Welt zurück, das sagt man jedenfalls.« Er zögerte.
    »Das

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