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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Prächtiger kleiner Bursche.«
    »Nein, so darfst du nicht reden. Er ist empfindlich mit seiner Größe. Früher in der Schule war er es jedenfalls.«
    »Guter Gott«, sagte d’Anton. »Dann eben nur prächtig. Ich habe nicht die Zeit, die Leute wie rohe Eier zu behandeln.«
    »Und da sagst du, ich bin taktlos?«
    »Versuchst du Streit anzufangen?«
    Und so fand er nie heraus, wie d’Anton über Robespierre dachte.
    Er fragte Robespierre: »Wie findest du d’Anton?« Robespierre nahm seine Brille ab und putzte die Gläser. Er überdachte die Frage gründlich. »Sehr nett«, sagte er schließlich.
    »Aber was hältst du wirklich von ihm? Du weichst mir aus. Ich meine, man findet doch jemanden nicht einfach nur nett, und das war’s.«
    »Doch, Camille, du schon«, sagte Robespierre sanft.
    Und so fand er auch nicht heraus, wie Robespierre über d’Anton dachte.
    Der frühere Minister Foulon hatte während einer Hungersnot einmal bemerkt, wenn das Volk hungere, solle es Heu fressen lernen. So wurde es zumindest überliefert: mehr als Grund genug, dass er sich am 22. Juli auf der Place de Grève wiederfand, und zwar nicht allein.
    Er wurde bewacht, doch es stand zu erwarten, dass die kleine, aber aggressive Menge, die ihre eigenen Ziele verfolgte, sich seiner bemächtigen würde. Lafayette kam und sprach zu den Menschen. Er habe nicht die Absicht, dem Volkszorn im Wege zu stehen, aber Foulon solle doch wenigstens zu einem gerechten Verfahren kommen.
    »Wozu ein Verfahren«, schrie jemand, »für einen Mann, der seit dreißig Jahren überführt ist?«
    Foulon war alt; es war viele Jahre her, dass er sich sein Bonmot erlaubt hatte. Um seinem Schicksal zu entgehen, hatte er sich versteckt und Gerüchte über sein Ableben gestreut. Angeblich war sogar ein mit Steinen gefüllter Sarg in die Erde gesenkt worden. Aufgespürt und verhaftet, richtete er nun flehende Blicke auf den General. Aus den engen Gassen um das Rathaus drang das dumpfe Wummern, das Paris mittlerweile als das Nahen marschierender Füße zu erkennen gelernt hatte.
    »Sie vereinigen sich«, meldete ein Adjutant dem General. »Vom Palais Royal auf der einen Seite, und von Saint-Antoine von der anderen.«
    »Ich weiß«, sagte der General. »Ich habe auf beiden Seiten Ohren. Wie viele?«
    Niemand hatte eine Schätzung. Zu viele. Er betrachtete Foulon ohne sonderliche Zuneigung. Er hatte keine Truppen bei der Hand; wenn die Obrigkeiten Foulon beschützt haben wollten, mussten sie selbst dafür sorgen. Er wechselte einen Blick mit seinem Adjutanten, zuckte kaum merklich die Achseln.
    Sie bewarfen Foulon mit Heu, banden ihm ein Bündel davon auf den Rücken, stopften es ihm in den Mund. »Schön runterschlucken«, forderten sie ihn auf. An den scharfen Halmen würgend, wurde er über die Place de Grève geschleift, bis unter die Laterne, über deren Eisenstrebe ein Seil geschleudert wurde. Einige Sekunden lang baumelte der alte Mann, wo nächtens das große Licht leuchtete. Dann riss das Seil, er stürzte hinab in die Menge. Unter Tritten und Püffen beförderte man ihn wieder hinauf. Wieder riss das Seil durch. Die Hände des Mobs packten ihn, immerhin behutsam genug, um ihm nicht den Gnadenstoß zu versetzen. Eine dritte Schlinge wurde um den schlaffen Hals gelegt. Diesmal hielt das Seil. Als er tot war, oder zumindest beinah, schnitt man ihm den Kopf ab und spießte ihn auf eine Pike.
    Zur gleichen Zeit war Foulons Schwiegersohn Berthier, Intendant von Paris, in Compiègne festgenommen und zum Rathaus geschleppt worden. Man expedierte den Angststarren hinein, durch eine Menge, die ihn mit Brocken schwärzlich-sauren Brotes bewarf. Wenig später wurde er wieder herausexpediert, weil er ins Abbaye-Gefängnis sollte, und noch ein wenig später in den Tod – vielleicht erwürgt, vielleicht auch von einer Musketenkugel zerrissen, denn wer hätte den genauen Moment benennen können? Und vielleicht war er auch noch gar nicht tot, als ein Schwert auf seinen Hals einzuhauen begann. Auch sein Kopf wurde auf eine Pike gesteckt. Die beiden Prozessionen trafen sich, die Piken neigten sich einander entgegen, sodass die abgehackten Köpfe zusammenstießen. »Gib Papa einen Kuss!«, johlte die Meute. Berthiers Brustkorb wurde aufgesägt und das Herz herausgerissen. Es wurde mit einem Schwert aufgespießt, im Triumphzug zum Rathaus getragen und dem Bürgermeister auf den Tisch geworfen. M. Bailly fiel fast in Ohnmacht. Als Nächstes wurde das Herz zum Palais Royal

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