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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Schreibtisch um. Danton sah es als Ausdruck gelinder Verachtung für die Leute, von denen sie sprachen. »Sie werden ihnen Ihre Aufwartung machen müssen, Danton, wenn Sie im Leben weiterkommen wollen. Der Dame ein wenig schöntun.« Er lachte, als er Dantons Gesicht sah. »Bekommen Sie langsam das Gefühl, dass es ein bisschen einsam um Sie wird? Nur mit Robespierre zur Gesellschaft? Er sollte sich besser mit dem Krieg anfreunden. Er war nie weniger beliebt.«
    »Beliebt oder unbeliebt, das ist hier nicht die Frage.«
    »Nicht für Robespierre, das stimmt. Aber Sie, Danton, wohin geht es mit Ihnen?«
    »Nach oben. Vergniaud, warum kommen Sie nicht zu uns?«
    »Wer genau ist ›uns‹?«
    Danton setzte zum Sprechen an und brach sofort wieder ab – die Namen, die er zu bieten hatte, kamen ihm plötzlich allzu zwielichtig vor. »Hérault de Séchelles«, sagte er vorsichtig.
    Vergniaud zog eine schwere Braue in die Höhe. »Nur Sie beide? Messieurs Camille und Fabre d’Églantine sind auf einmal keine Vertrauten mehr? Und Legendre hat zu viel mit Schlachten zu tun? Nun, ich nehme an, diese Leute sind Ihnen nützlich. Aber ich habe kein Interesse daran, mich irgendeiner Gruppe anzuschließen. Ich bin für den Krieg, darum habe ich mich an die gehalten, die auch für den Krieg sind. Nur bin ich deshalb kein Brissotist, was immer das sein mag. Ich bin mein eigener Herr.«
    »Wenn wir das doch alle wären«, sagte Danton. »Aber Sie werden feststellen, dass es sich nicht durchhalten lässt.«
    Als Camille eines Morgens Ende März erwachte, hatte sich ein neuer Gedanke in seinem Kopf festgesetzt. Er hatte mit Soldaten geredet, unter ihnen auch General Dillon, und alle hatten sie gesagt, wenn der Krieg ohnehin unabwendbar war, wozu sich dann gegen die öffentliche Meinung stemmen, wozu gegen den Strom schwimmen wollen? War es nicht besser, sich an die Spitze einer unaufhaltsamen Bewegung zu stellen, als im Gedränge zertrampelt zu werden?
    Er weckte seine Frau, um es ihr zu verkünden. »Mir ist schlecht«, sagte sie.
    Um halb sieben lief er auf Dantons Wohnzimmerteppich auf und ab. Danton nannte ihn einen Idioten.
    »Warum muss ich immer mit dir übereinstimmen? Du erlaubst mir keinerlei eigenständige Gedanken. Ich darf denken, was ich will, solange es sich mit dem deckt, was du denkst, richtig?«
    »Geh weg«, sagte Danton. »Ich bin nicht dein Vater.«
    »Was soll das plötzlich heißen?«
    »Das soll heißen, dass du dich wie ein Fünfzehnjähriger aufführst, der einen Streit vom Zaun zu brechen versucht, also fahr ein paar Tage heim und streite mit deinem Vater. Dann blieben uns auch politische Konsequenzen erspart.«
    »Dann schreibe ich –«
    »Du lässt deine Feder stecken. Stell meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe. Verschwinde, bevor ich den ersten brissotistischen Märtyrer aus dir mache. Geh zu Robespierre und schau, ob du bei ihm besser ankommst.«
    Robespierre kränkelte. Das nasskalte Frühlingswetter schlug ihm auf die Bronchien, und sein Magen rebellierte gegen alles, was er ihm zukommen ließ.
    »Du lässt also deine Freunde im Stich«, sagte er mit pfeifendem Atem.
    »Das muss unserer Freundschaft keinen Abbruch tun«, erklärte Camille großspurig.
    Robespierre wandte den Blick ab.
    »Du erinnerst mich an – wie hieß der englische König gleich wieder?«
    »George«, sagte Robespierre bissig.
    »Ich meine Knut, glaube ich.«
    »Ich muss dich fortschicken«, sagte Robespierre. »Ich kann heute Morgen nicht mit dir streiten. Ich brauche meine Kräfte für Wichtigeres. Aber wenn du irgendetwas davon schriftlich äußerst, werde ich dir nie wieder trauen.«
    Camille ging rückwärts aus der Tür.
    Davor stand Eléonore Duplay. Die ungewohnte Lebhaftigkeit in ihrem sonst so trüben Blick verriet ihm, dass sie gelauscht hatte. »Sieh an, die holde Cornélia«, sagte er. Noch nie hatte er in einem solchen Ton mit einer Frau gesprochen. Sie hätte selbst bei einer Maus grausame Instinkte geweckt.
    »Wir hätten Sie niemals zu ihm gelassen, wenn wir geahnt hätten, dass Sie ihn aufregen würden. Kommen Sie nie wieder. Er wird Sie sowieso nicht empfangen.«
    Sie maß ihn mit den Augen. Ich habe gehofft, dass ihr streiten würdet, las er darin.
    »Sie und Ihre grässliche Familie, Eléonore. Bildet ihr euch ein, er gehört euch? Bildet ihr euch ein, nur weil er sich dazu herablässt, unter eurem Dach zu wohnen, könnt ihr darüber bestimmen, wer kommt und geht? Bildet ihr euch ein, ihr könnt ihn und

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