Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
Livres
Gesamtsumme
5360 Livres
Dr. Guillotin, Fachmann für das Gesundheitswesen, vor der Nationalversammlung, der er die neue Erfindung wärmstens ans Herz legt: »Mit dieser Maschine ist Ihr Kopf im Handumdrehen abgeschnitten, und Sie leiden keine Sekunde lang.« (Gelächter)
DANTON : Robespierre kam spät abends bei Camille vorbei und wollte ihn sprechen. Ich war gerade bei Lucile. Alles ganz harmlos. Die Dienerin, Jeanette, war noch da; sie blieb demonstrativ auf. Was denken sie nur alle, was ich mit ihr anstelle, schließlich ist sie im siebten Monat … Wo denn Camille sei? Wenn Robespierre kommt, haben die Leute daheim zu sein. Er schien ein wenig verärgert, der gute Maximilien. Lucile warf mir einen Blick zu. Sie wusste nicht, wo Camille war.
»Ich könnte einige Orte vorschlagen«, sagte ich. »Aber ich würde Ihnen nicht raten, es dort zu probieren, Max, nicht persönlich.«
Er errötete. Wie niederträchtig von mir, dachte ich. Tatsächlich vermutete ich Camille am anderen Ufer der Seine, bei einer dieser verrückten Frauengruppen, bei denen er und Marat manchmal sprechen – Verein junger Damen zur Verstümmelung von Vicomtes, Fischweiber für die Demokratie, solches Zeug. Und ich dachte ganz ernsthaft, da der Unbestechliche ein solcher Frauenschwarm ist, könnte es passieren, dass die Damen, die ja schon Camille so anbeten, beim Erscheinen Robespierres so außer Rand und Band gerieten, dass sie auf der Straße über ihn herfielen.
Er fragte, ob er warten dürfe. Es sei sehr wichtig.
»Was ist so wichtig, dass es nicht bis zum Morgen Zeit hat?«
»Bei mir gelten konventionelle Zeiten nichts«, erklärte er mir, »und bei Camille, wie Sie wissen, auch nichts. Wenn ich ihn brauche, ist er normalerweise verfügbar.«
»Heute nicht«, sagte ich. Lucile sah mich beschwörend an.
Also saßen wir eine Stunde oder länger zu dritt da – oh, wie mühsam es ist, mit Maximilien Konversation zu machen! Irgendwann fragte Lolotte ihn, ob er bei dem Kind Pate stehen wolle. Er freute sich. Sie erinnerte ihn daran, dass es sein Vorrecht sein würde, den Namen auszusuchen. Sein Gefühl sage ihm, dass es ein Knabe werden würde, erklärte er; wir sollten ihm einen Namen geben, der inspiriere, den Namen eines bedeutenden Mannes, eines Mannes, der sich durch seine republikanischen Tugenden auszeichne – denn es ist schon so weit, dass wir von der Republik nicht mehr als einem politischen Phänomen sprechen, sondern als einer inneren Verfassung. Eine Weile ging er im Geist die Griechen und Römer durch und beschloss dann, das Kind solle nach dem Dichter Horaz genannt werden. »Und wenn es ein Mädchen ist?«, fragte ich.
Lucile äußerte sanft, es sei ein sehr passender Name, und ich sah ihr an, dass sie dachte: Wir werden ihn nicht benutzen, so rufen wir ihn bestimmt nicht. Vielleicht, meinte sie, könnte man ihn mit zweitem Namen Camille nennen? Robespierre lächelte und sagte: »Auch ein sehr ehrenhafter Name.«
Dann saßen wir da und sahen einander an; inzwischen hatte ich ihn sattsam in dem unbehaglichen Verdacht bestärkt, dass sich das ehrenwerte Urbild in den Hurenhäusern herumtrieb.
Er kam gegen zwei hereinspaziert; fragte, welcher von uns zuerst gekommen sei; schaute wissend, aber nicht pikiert, als er die Antwort erfuhr. Lucile fragte nicht, wo er gewesen war. Ah, dachte ich, eine solche Frau zu haben! Ich verabschiedete mich, Robespierre fing von irgendwelchen Kommunalangelegenheiten an, als wäre es zwei Uhr nachmittags und niemand hätte je ein schroffes Wort gesagt.
Robespierre: Es gab solche Menschen wie Lucile. Rousseau bestätigte es. Robespierre legte das Buch beiseite, strich sich den Absatz aber vorher noch an.
Ein Beweis für ihre liebenswerte Persönlichkeit war, dass alle, die sie liebten, auch einander liebten, denn alle Eifersucht und alle Rivalität gingen auf in der machtvolleren Empfindung, die sie in ihnen wachrief; und nie erlebte ich es, dass die, die sie umgaben, den geringsten Groll gegeneinander hegten. Lassen wir den Leser einen Augenblick innehalten, und sollte auch ihm eine Frau einfallen, die solches Lob verdient, möge er ihre Nähe suchen, wenn er denn Glück erlangen will.
Das musste es sein. Das Leben bei den Desmoulins war so seltsam friedlich. Natürlich war es möglich, dass sie Dinge vor ihm verbargen. Die Menschen verbargen meist Dinge vor ihm.
Sie hatten gefragt, ob er bei dem Kind Pate stehen wolle – oder was immer nun die Entsprechung war, denn er nahm
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