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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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nicht an, dass es nach katholischem Ritus getauft werden würde. Lucile war es, die ihn gefragt hatte, eines Abends, als er vorbeikam (spät, fast um Mitternacht) und sie allein mit Danton antraf. Er hoffte, an diesen Gerüchten war nichts Wahres. Er hoffte, glauben zu können, dass nichts daran war.
    Die Dienerin zog sich zurück, sobald er auftauchte, woraufhin Danton unerklärlicherweise lachte.
    Es gab Dinge, die er mit Danton bereden musste, und er hätte sie durchaus in Luciles Beisein ansprechen können; sie besaß eine rasche Auffassungsgabe, und ihre Meinung verdiente es, gehört zu werden. Aber Danton war in einer sonderbaren Stimmung, halb angriffslustig, halb spaßhaft. Es war ihm nicht gelungen, gegen diese Stimmung anzukommen, und so plauderten sie ziellos dahin. Dann plötzlich spürte er eine fast körperliche Kraft, die gegen ihn anstemmte. Das war Dantons Wille. Er wollte, dass er ging. So lächerlich es im Rückblick schien, hatte er eine Hand auf die Armlehne seines Sessels legen müssen, um Halt zu finden. Das war der Zeitpunkt gewesen, da Lucile die Sprache auf das Kind gebracht hatte.
    Er freute sich. Es war natürlich nur richtig, denn er war Camilles ältester Freund. Und er rechnete nicht damit, dass er noch eigene Kinder haben würde.
    Sie hatten einige Zeit lang über einen Namen beratschlagt. Vielleicht war das rührselig von ihm, aber ihm waren all die Gedichte wieder eingefallen, die Camille früher geschrieben hatte. Ob er immer noch welche schreibe? Oh, nein, sagte Lucile. Sie lachte nervös. Im Gegenteil, sooft ihm eins seiner alten Machwerke in die Finger gerate, rufe er aus: »Schlimmer als Saint-Just, schlimmer als Saint-Just«, um es dann ins Feuer zu werfen. Einen Moment lang fühlte sich Robespierre tief gekränkt und verletzt, als würde sein eigenes Urteil in Frage gestellt.
    Lucile ging hinaus, um Jeanette irgendwelche Anweisungen zu erteilen.
    »Horaz Camille«, sagte Danton sinnend. »Meinen Sie, das wird ihm Glück bringen?«
    Er lächelte sein dünnes Lächeln. Er spürte selbst, wie dünn es war. Wenn man sich in der nächsten Generation noch an ihn erinnerte, würden die Menschen von seinem kalten, dünnen Lächeln sprechen, so wie sie von Dantons Leibesumfang, seiner Lebensfreude und seinem narbigen Gesicht sprachen. Er wollte nicht so wirken, generell nicht und schon gar nicht bei Danton. Vielleicht wirkte das Lächeln ja sarkastisch oder gönnerhaft oder missbilligend. Aber ein anderes brachte sein Gesicht nicht zuwege.
    »Ich denke, Horaz …«, sagte er. »Ein großer Dichter, und ein guter Republikaner. Solange man die späteren Werke außer Acht lässt, in denen er sich meines Erachtens genötigt sah, Augustus zu schmeicheln.«
    »Ja …«, sagte Danton. »So wie Camilles Artikel Ihnen schmeicheln – obwohl, ich sollte es nicht schmeicheln nennen, das ist das falsche Wort.«
    Er musste mit den Zähnen knirschen; das heißt, er dachte an Zähneknirschen, was in der Regel genügte.
    »Wie gesagt, es ist ein ehrenhafter Name.«
    Danton lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er streckte die langen Beine von sich. Er sagte schleppend (welch ein Klischee, aber es gab kein anderes Wort dafür, er sagte es schleppend): »Was wohl sein ehrenhaftes Urbild gerade treibt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Wieso, was glauben Sie denn, was er tut?«
    »Wahrscheinlich irgendetwas Unsägliches in einem Hurenhaus.«
    »Ich weiß nicht, woher Sie das Recht nehmen, so etwas zu denken. Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
    »Mein lieber Robespierre, ich erwarte auch gar nicht, dass Sie wissen, was ich meine. Sie wären höchst schockiert, wenn Sie es wüssten. Desillusioniert.«
    »Warum verfolgen Sie das Thema dann immer weiter?«
    »Ich glaube wirklich, von der Hälfte der Dinge, die Camille so treibt, ahnen Sie gar nichts. Oder doch?« Er klang sehr interessiert.
    »Das ist seine Privatsache.«
    »Sie erstaunen mich. Ist er nicht eine Figur des öffentlichen Lebens? Und sein Verhalten damit auch Sache der Öffentlichkeit?«
    »Doch, das stimmt.«
    »Also sollte er gut sein. Tugendhaft. Nach Ihren eigenen Maßgaben. Aber er ist es nicht.«
    »Davon will ich nichts wissen.«
    »Aber das sollte ich Ihnen nicht durchgehen lassen. Dem Allgemeinwohl zuliebe. Camille –«
    Lucile kam ins Zimmer zurück. Danton lachte. »Ich erzähle Ihnen die Einzelheiten ein andermal, versprochen. Zur vertraulichen Behandlung.«
     
    [Im Jakobinerclub. M. Robespierre hat

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