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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Ich will unser Land retten, das ist Rechtfertigung genug.«
    »Wozu?« Fabre wirkte etwas ratlos. »Wozu es retten?«
    Dantons Miene verdüsterte sich. »Wenn dich in zwei Wochen ein österreichischer Soldat an der Gurgel packt und sagt: ›Willst du am Leben bleiben?‹ – wirst du dann fragen: ›Wozu?‹«
    Fabre wandte den Blick ab. »Tja …«, murmelte er. »Nacktes Überleben, darum geht es ab jetzt. Und Braunschweig ist bereit, eine Schlacht zu verlieren – und dafür seinen Ruf aufs Spiel zu setzen?«
    »Es wird so bewerkstelligt werden, dass er sein Gesicht wahren kann. Er weiß, was er tut. Und ich weiß auch, was ich tue. Also, Fabre, wir brauchen Berufsverbrecher. Ich habe bereits ein paar Kontakte, denen du nachgehen sollst. Sie dürfen nicht wissen, für wen sie arbeiten. Sie werden alle« – ein Schwenken der Hand – »entbehrlich sein. Ein gewisses Maß an stümperhaften polizeilichen Ermittlungen werden wir Roland natürlich zugestehen. Und wir werden verlangen, dass die Sache sehr ernst genommen wird. Todesstrafe.«
    »Was wird sie daran hindern, beim Prozess auszupacken? Da es ja nötig sein könnte, dass die Polizei jemanden festnimmt?«
    »Sorg du möglichst dafür, dass sie nichts zum Auspacken haben. Vernebele die Sache ordentlich. Dicke Nebelschwaden zwischen den verschiedenen Ebenen der Verschwörung und zwischen den einzelnen Mitverschwörern. Ich verlasse mich auf dich. Falls jemand auf die Idee kommt, die Regierung einer Beteiligung zu verdächtigen, sollte die Spur zu Roland führen. So, zwei Leute gibt es, die unter gar keinen Umständen etwas mitbekommen dürfen. Einmal Rolands Frau. Madame ist so unbeleckt von der praktischen Politik, wie sie redefreudig ist. Dummerweise scheint er außerstande, irgendetwas vor ihr geheimzuhalten.«
    »Und der zweite ist Camille«, sagte Fabre. »Weil er es Robespierre erzählen würde, und Robespierre würde es schon als Verrat ansehen, dass wir überhaupt mit Braunschweig reden.«
    Danton nickte. »Ich kann Camilles Loyalitäten nicht beeinflussen. Wer weiß? Vielleicht trifft er die falsche Wahl.«
    »Aber beide sitzen direkt an der Quelle.«
    »Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen. Eine Schlacht kann ich kaufen – und hoffen, dass sich das Kriegsglück dadurch wendet. Aber danach darf ich nicht im Amt bleiben. Ich könnte jederzeit erpresst werden, von Braunschweig oder, wahrscheinlicher noch …«
    »… von General Dumouriez.«
    »Richtig. Ich weiß schon, du findest meinen Plan tollkühn. Aber denk auch an dich. Ich weiß nicht, wie viel an Ministeriumsgeldern du in den letzten Wochen veruntreut hast, aber wenig wird es nicht sein. Und solange du einen gewissen Rahmen nicht überschreitest, werde ich dir auch keinen Strick daraus drehen. Jetzt denkst du: Was nutzt mir Danton, wenn er nicht mehr im Amt ist? Aber, Fabre, Krieg ist etwas so Lukratives. Ab jetzt wirst du nie mehr weit weg von den Mächtigen sein. Interne Informationen … Stell es dir nur vor. Ich weiß, was du mir wert bist.«
    Fabre schluckte. Er sah weg. Sein Blick schien auf nichts Bestimmtes gerichtet zu sein. »Denkst du je … Ich meine, macht es dir gar nichts aus … dass sich das alles auf Lügen gründet?«
    »Das ist eine gefährliche Behauptung. Die höre ich nicht gern.«
    »Nein, ich meinte es gar nicht auf dich bezogen, sondern eher auf mich selbst … Eine Art Erfahrungsvergleich sozusagen.« Er lächelte blässlich; erstmals in all den Jahren ihrer Bekanntschaft sah Danton ihn außer Fassung, ratlos: ein Mann ohne Boden unter den Füßen. Dann sah er auf. »Nein, es ist nichts«, sagte er leichthin. »Ich habe gar nichts gemeint.«
    »Du kannst es dir nicht leisten, unbedacht zu sprechen. Niemand darf die Wahrheit über diese Sache erfahren, in tausend Jahren nicht. Dein Schweigen ist der Preis für meines, und keiner von uns wird es brechen, selbst wenn wir es mit dem Leben bezahlen müssten.«

2. Robespierrizid
    (1792)
    »Bei mir war es Liebe auf den ersten Blick.« Ach, dachte Manon, auf den ersten Blick erst? Ihr schien, dass auch ihre Briefe, ihre Artikel schon an das Herz des Mannes hätten rühren müssen, der, wie sie nun wusste, der Einzige war, mit dem sie je hätte glücklich werden können.
    Sie hatten nichts überstürzt. Ströme von Tinte waren in den Zeiten der Trennung zwischen ihnen geflossen; wenn sie zusammen waren – oder richtiger, in derselben Stadt waren –, gab es für sie kaum einen Moment zu zweit. Salongespräche,

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