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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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›Geheimgelder‹. Dann kann keiner Fragen stellen, verstehst du – geheim ist geheim. Sorg dich nicht so viel. Alles ist in Butter, solange du nicht das Großsiegel verschlampst. Und das hast du doch nicht, oder?«
    »Nein. Jedenfalls habe ich es heute Morgen noch irgendwo gesehen.«
    »Gut, was spricht also gegen eine kleine Aufwandsentschädigung für uns? Was ist mit dem Geld, das Manon Roland bekommen soll, damit sie in ihrem Ministerium Nachrichtenblätter herausgeben können?«
    »Ja, richtig. Georges hat ihr offenbar gesagt, wenn sie mich sehr freundlich bittet, dann überarbeite ich sie vielleicht für sie.«
    »Stimmt, da war ich dabei. Sie sagte, ihr Mann würde dir möglicherweise eine Audienz gewähren, um dich auf deine Eignung zu überprüfen. Worauf unser Minister zum Tier wurde.«
    Sie lachten. »Also gut«, sagte Camille. »Eine Schatzanweisung …« Seine Hände fuhren suchend auf dem Tisch umher. »Das hat Claude mir beigebracht … Niemand wird irgendetwas in Frage stellen, wenn es nur Dantons Unterschrift trägt.«
    »Ich weiß«, sagte Fabre.
    »Was hab ich bloß mit der Paraphe gemacht? Ach ja, Marat hat sie sich ausgeborgt. Hoffentlich bringt er sie zurück.«
    »Wenn wir schon von Königin Coco sprechen«, sagte Fabre, »ist dir in letzter Zeit etwas an ihr aufgefallen?«
    »Wie sollte es? Da ich ja nicht würdig bin, mit ihr unter einem Dach zu weilen.«
    »Stimmt, ich vergaß. Dann lass mich dir sagen … es ist so eine Beschwingtheit in ihrem Schritt, eine so zarte Röte auf ihren Wangen – wovon kündet das?«
    »Sie wird verliebt sein.«
    Fabre ist jetzt um die vierzig. Er ist gepflegt, blass, schmal gebaut: Schauspieleraugen, Schauspielerhände. Spätnachts kommen zuweilen Fragmente seiner Biographie ans Licht, meist ohne erkennbare chronologische Ordnung. Kein Wunder, dass ihn nichts erschüttern kann. In Namur hat er mit Hilfe befreundeter Armeeoffiziere eine Fünfzehnjährige namens Catiche entführt – und zwar deshalb, wie er erklärt, um ihre Jungfräulichkeit gegen ihren eigenen Vater zu verteidigen. Besser, Fabre raubte sie ihr … Sie wurden eingefangen, Catiche in aller Eile verheiratet und er zum Tod durch den Strang verurteilt. Wie kommt es dann, dass er hier sitzt und fröhlich erzählt? Nach so langer Zeit und nach all den Aufregungen seither kann er sich gar nicht recht erinnern. »Georges-Jacques«, sagt Camille, »was haben wir zwei für ein behütetes Leben geführt.«
    »Mönchisch«, bekräftigt der Minister.
    »Ach, so weit würde ich nicht gehen«, sagt Fabre bescheiden.
    Fabre folgt dem Minister, wenn er durch die Amtsstuben stampft, krachend auf Schultern und Tischplatten schlägt und alle Kompromisslösungen, alle gütlichen Regelungen, alles erprobte Miteinander kaputthaut. Die Macht kleidet ihn gut, sie passt ihm wie ein bequemer alter Mantel; seine kleinen Augen leuchten, wenn jemand versucht, ihm Widerworte zu geben. Fabre schmeichelt seinem Ego auf all die plumpen Arten, die er am liebsten hat; sie sind aufeinander eingespielt, durchzechen ganze Nächte zusammen und hecken dabei interministerielle Mauscheleien aus. Wenn der Morgen graut, findet sich Danton allein mit der Europakarte wieder.
    Mit Fabre vertue ich nur meine Zeit, beschwert er sich, Fabre ist beschränkt. Aber es ist ein lockeres Zusammensein mit ihm, der Minister ist an ihn gewöhnt, und er ist immer da, wenn man ihn braucht.
    An diesem Morgen war der Minister in Gedanken, Faust unters Kinn geklemmt. »Fabre, hast du schon mal einen Raub geplant?«
    Fabre sah ihn bestürzt an.
    »Keine Angst«, sagte Danton gutmütig, »ich weiß schon, deine Spezialität ist die Kleinkriminalität. Dazu kommen wir später noch. Nein, ich brauche deine Hilfe, weil ich die Kronjuwelen stehlen will. O ja, setz dich nur.«
    »Wären ein paar erklärende Worte zu viel verlangt, Danton?«
    »Das wohl nicht – aber kein Wenn und Aber bitte, und auch keine Ahs und Ohs. Gebrauch deine Fantasie. Ich gebrauche meine auch. So, denk dir den Herzog von Braunschweig.«
    »Braunschweig –«
    »Erspar mir deine jakobinischen Hetzreden, die kenne ich zur Genüge. Tatsache ist, dass Braunschweig, als Mensch, durchaus gewisse Sympathien für uns hat. Dieses Manifest im Juli – das hat er nur auf den Druck der Österreicher und Preußen hin unterzeichnet. Versetz dich in ihn hinein. Er ist ein intelligenter Mann. Er ist ein fortschrittlicher Mann. Er weint den Bourbonen keine Träne nach. Er ist außerdem ein

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