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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Charlotte zusammengelebt hättest, dachte er, würdest du nicht so fragen.) »Camille, ich möchte dich bitten, die brissotistischen Blätter nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir alle wissen, dass ihre Triebfeder Gehässigkeit ist, aber es wäre besser, wenn sie sich ihre Anwürfe wenigstens aus den Fingern saugen müssten. Es macht keinen guten Eindruck, gerade jetzt, wo Mme Danton leidend ist, wenn ihr Mann nie daheim ist und ihr beide in Damenbegleitung durch die Stadt zieht.«
    »Max, ich verbringe fast jeden Abend beim jakobinischen Korrespondenzausschuss. Und Gabrielle ist nicht leidend, sie ist schwanger.«
    »Ja, aber als ich sie diese Woche gesehen habe, kam sie mir leidend vor. Und sie und Georges treten nie gemeinsam auf, keiner Einladung folgen sie zusammen.«
    »Sie streiten.«
    »Worüber?«
    »Politik.«
    »Für so eine Frau hätte ich sie gar nicht gehalten.«
    »Es ist keine abstrakte Debatte. Es geht um das Leben, das wir jetzt führen.«
    »Ich will dir keine Vorschriften machen, Camille …«
    »Doch, das willst du.«
    »Gut. Von mir aus. Dann hör mit dem Glücksspiel auf. Versuch auch Danton zum Aufhören zu bringen. Bleib öfter zu Hause. Sorg dafür, dass deine Frau sich achtbar benimmt. Wenn du unbedingt eine Mätresse haben musst, such dir eine diskrete Person und triff ordentliche Vorkehrungen.«
    »Aber ich will doch gar keine Mätresse.«
    »Umso besser. Dein bisheriger Lebenswandel macht unseren Idealen wenig Ehre.«
    »Das reicht. Diesen Idealen, von denen du redest, habe ich mich nie verschrieben.«
    »Hör zu, ich …«
    »Nein, hör du zu, Max. Seit wir uns kennen, versuchst du mich vor Dummheiten zu bewahren. Aber du hast nie den Fehler gemacht, mich zu belehren. Vor ein paar Monaten noch wärst du mir nicht mit Idealen oder Ehre gekommen. Du hättest ein Auge zugedrückt. Du bist so gut darin, Dinge zu übersehen, die du nicht billigst. Aber jetzt hängst du sie plötzlich an die große Glocke. Obwohl, in Wahrheit bist es ja gar nicht du. Es ist Saint-Just.«
    »Was hast du nur immer mit Saint-Just?«
    »Ich muss ihn jetzt bekämpfen, solange es mir noch etwas hilft. Er hat mich als nicht mehr tragbar bezeichnet. Das heißt im Klartext, er will mich loswerden.«
    »Dich loswerden?«
    »Ja, mich loswerden, mich unschädlich machen, mich zurück nach Guise verfrachten, damit ihm beim Klang meines kläglichen Herumgestotters nicht immer der Kamm schwellen muss.«
    Sie starrten sich ins Gesicht, fast blieben sie auf der Stelle stehen. »Ihr habt persönliche Meinungsverschiedenheiten. Was erwartest du von mir, dass ich tun soll?«
    »Ergreif nicht Partei für ihn.«
    »Ich ergreife für niemanden Partei. Ich wüsste nicht, wozu. Ich schätze euch beide sehr, menschlich wie auch politisch – sehen die Straßen hier nicht schäbig aus?«
    »Doch. Wohin gehen wir?«
    »Kommst du mit und sagst meiner Schwester Guten Tag?«
    »Wird Eléonore da sein?«
    »Sie ist in ihrer Zeichenstunde. Ich weiß, dass sie dich nicht mag.«
    »Heiratest du sie?«
    »Ich weiß nicht. Wie kann ich sie heiraten? Sie ist eifersüchtig auf meine Freunde, eifersüchtig auf meine Arbeit.«
    »Wirst du sie nicht heiraten müssen?«
    »Irgendwann vielleicht schon.«
    »Außerdem – nein, egal.«
    Schon mehrmals hätte er Robespierre um ein Haar erzählt, was sich an dem Morgen, als sein Sohn zur Welt gekommen war, zwischen ihm und Babette abgespielt hatte. Aber Max hatte das Mädchen so gern, ging so viel lockerer mit ihr um als mit den meisten Leuten, dass es grausam erschien, sein Vertrauen zu ihr unterhöhlen zu wollen. Und ihm wäre es schrecklich, wenn man ihm nicht glaubte – und wie sollte man ihm glauben? Wie konnte er die Worte und Ereignisse dieses Morgens wiedergeben, ohne sie dadurch einzufärben und dann fremdem Urteil zu unterwerfen? Es war unmöglich. Also war er im Hause Duplay sehr höflich zu allen – außer zu Eléonore – und sehr auf der Hut. Einmal hatte er dazu angesetzt, es Danton zu erzählen, und dann doch geschwiegen; Danton würde es alles für reine Erfindung halten und ihn mit seinen Fantasie-Abenteuern aufziehen.
    Robespierre hatte sich derweil in Fahrt geredet: »… nicht der Heldenstatus ist es, nach dem wir trachten sollten, sondern vielmehr ein Zurücktreten des Einzelnen – eine Art Herauslöschen des Selbst aus der Geschichte. Die gesamte Menschheitsgeschichte ist verfälscht überliefert, durch schlechte Regierungen, die gut dastehen wollen, durch Könige und

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