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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Maximilien, ich musste schon mit ansehen, wie Augustin sich ins Unglück gestürzt hat.«
    Also wusste sie Bescheid. Oder? »Hat er das?«
    »Er hätte es, wenn ich nicht gewesen wäre. Und dieses grässliche alte Weib hat kein anderes Ziel im Leben, als ihre Mädchen in dein Bett zu schleusen. Ob es ihr schon gelungen ist, kann nur dein Gewissen beantworten. Die Blicke, die dieser kleine Teufelsbraten Elisabeth den Männern zuwirft – mir fehlen die Worte dafür! Wenn sie in Schande geraten würde, dann würde ich nicht dem Mann die Schuld geben.«
    »Was redest du da, Charlotte? Babette ist noch ein Kind. Ich habe noch nie jemanden etwas Schlechtes über sie sagen hören.«
    »Dann tust du es jetzt. Also? Soll ich mich nach einer Wohnung für uns umsehen?«
    »Nein. Wir bleiben hier. Ich kann mit dir nicht zusammenleben. Du bist genauso schlimm, wie du immer warst.« Und genauso besessen, dachte er.
    5.  NOVEMBER: Die Menschen haben die ganze Nacht Schlange gestanden, um einen Platz auf der Zuschauergalerie zu ergattern. Wenn sie gehofft haben, einen verunsicherten, verstörten Robespierre zu erleben, erwartet sie eine Enttäuschung. Wie vertraut sie ihm inzwischen sind, diese Straßen und diese Anwürfe. Arras scheint zwanzig Jahre zurückzuliegen; ist er nicht schon bei den Generalständen angegriffen worden wie kein zweiter? Es muss in ihm angelegt sein, denkt er.
    Er hütet sich, irgendeine Verantwortung für den September zu übernehmen, aber er verurteilt die Morde auch nicht, wohlgemerkt. Auch mit verbalen Attacken hält er sich auffällig zurück, schont Roland und Buzot, als wären sie seiner Beachtung nicht wert. Der 10. August war ungesetzlich, sagt er, genau wie der Sturm auf die Bastille. Wie sollen wir bei einer Revolution im Rahmen des Gesetzes bleiben? Es liegt in der Natur der Revolution, Gesetze zu brechen. Wir sind keine Friedensrichter, wir sind die Gesetzgeber einer neuen Welt.
    »Hmm«, murmelt Camille oben auf dem Berg. »Das ist keine ethische Position, die er da vertritt. Es ist eine Ausflucht.«
    Er sagt es leise, fast mehr zu sich selbst; umso überraschter ist er von der Heftigkeit, mit der seine Kollegen über ihn herfallen. »Er ist in der Politik, in der praktischen Politik«, sagt Danton. »Was zum Teufel soll er mit einer ethischen Position?«
    »Mir gefällt diese Einteilung in normale Verbrechen und politische Verbrechen nicht. Unsere Gegner können sie nutzen, um uns umzubringen, genau wie wir umgekehrt auch. Ich weiß nicht, was so eine Unterscheidung bezwecken soll. Wir sollten zugeben, dass Verbrechen Verbrechen ist.«
    »Nein«, fuhr Saint-Just auf.
    »Und das sagt der Laternenanwalt!«
    »Aber als Laternenanwalt habe ich gesagt, schlagen wir zu, jetzt sind wir mit der Gewalt an der Reihe. Ich habe mich nie darauf herausgeredet, dass ich der Welt neue Gesetze gebe.«
    »Er redet sich nicht heraus«, widersprach Saint-Just. »Die Notwendigkeit bedarf weder der Entschuldigung noch der Rechtfertigung.«
    Jetzt nahm Camille ihn aufs Korn: »Wo hast du das aufgeschnappt, du Schwachkopf? Deine politischen Aussagen sind wie diese Erbauungsfabeln, die man Kindern vorliest, immer mit einer netten kleinen Moral am Ende. Aber was bedeutet es? Das weißt du selber nicht. Hauptsache, reden!«
    In Saint-Justs bleiches Gesicht schoss das Blut. »Auf welcher Seite stehst du eigentlich?«, zischte Fabre ihm ins Ohr.
    Lass es gut sein, mahnte er sich. Du bringst nur alle gegen dich auf. »Auf welcher Seite? Das ist doch genau das, was wir den Brissotisten vorwerfen: dass ihr Faktionsdenken ihr Urteil trübt. Oder?«
    »Mein Gott, du bist nicht mehr tragbar!«, rief Saint-Just. Camille stand auf, erschrockener über die Worte, die aus seinem eigenen Mund kamen, als über die ihrigen; er sehnte sich nach den schwarzen Ästen und fremden Gesichtern des Tuileriengartens. Orleáns war es, der die Hand ausstreckte und ihn zurückhielt, ein diplomatisches Lächeln auf den Lippen. »Müssen Sie schon gehen?«, sagte der Herzog, wie zu einem Gast, der sich vorzeitig verabschieden will. »Bleiben Sie noch. Sie können uns doch nicht mitten in Robespierres Ansprache verlassen.«
    Und mit einem Ruck, der seinen Ton Lügen strafte, zog der Herzog Camille neben sich auf die Bank. »Hiergeblieben«, sagte er. »Wenn Sie jetzt gehen, kann Ihnen das übel ausgelegt werden.«
    »Saint-Just hasst mich«, sagte Camille.
    »Nein, ein freundlicher junger Mann ist er nicht, aber beziehen Sie es nicht zu sehr auf

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