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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Aber geh jetzt gleich. Vielleicht schlägt Defermon das Gewissen. Nur weil er bis jetzt nichts gesagt hat, heißt das nicht, dass er nie etwas sagen wird. Vielleicht wartet er bis zur Abstimmung.«
    Fabre hatte die letzten Worte nicht mitbekommen. »Da bist du ja wieder, Danton. Hoppla – was ist denn hier los?«
    Sein erster Gedanke war, dass sich das Unwetter – das unvermeidliche Unwetter – nun endlich doch entlud. Er hatte bereits gehört, dass Danton zurückgekehrt und geradewegs zu den Desmoulins gegangen war. Wie sich die Szene um die Ecke verlagert hatte, musste er erst noch herausfinden, aber es lag Gewalt in der Luft. De Mollevilles Brief sah er nicht, weil Gabrielle darauf saß. »Ihr Gesicht, meine Liebe«, sagte er zu ihr.
    »Ich war im Weg.«
    »Das alte Lied«, meinte Fabre wie zu sich selbst. »Danton, keiner käme je auf die Idee, dich für den Schuldigen zu halten. Nein, so wie du schaut jemand, dem bitter Unrecht geschehen ist.«
    »Fabre, wovon redest du?«, sagte Danton.
    »Er und schuldig?«, sagte Camille. »Nie im Leben. Kein Engel ist so rein.«
    »Ich bin froh, dass du das so siehst«, sagte Fabre.
    »Es ist ein Brief gekommen …«, setzte Gabrielle an.
    »Still«, sagte Camille. »Nicht dass er Sie wieder schlägt – nur diesmal mit Absicht.«
    »Was für ein Brief?«, wollte Fabre wissen.
    »Kein Brief«, sagte Camille. »Es gab nie einen. Hoffe ich jedenfalls. Weißt du, Georges-Jacques, viel hängt auch von der Intelligenz des Überbringers ab. Die meisten Leute sind nicht intelligent, findest du nicht?«
    »Ihr wollt mich nur verwirren«, beschwerte sich Fabre.
    Danton beugte sich herab, um seine Frau zu küssen. »Noch ist nicht alles verloren.«
    Er sah ihr einen Moment in die Augen, ehe er sich aufrichtete. Dann drehte er sich zu Camille um – fuhr ihm mit einer Hand ins Haar, bog ihm den Kopf nach hinten. »Eine Entschuldigung wirst du von mir nicht zu hören bekommen«, sagte er. »Fabre, kennst du einen Abgeordneten, der Defermon heißt, so ein Schüchterner, Unscheinbarer? Geh zu ihm, ja? Sag ihm, in einer Stunde kommt ihn Danton besuchen. Keine Ausreden. Er hat daheim zu sein. Danton persönlich verlangt ihn zu sprechen. Das betonst du bitte. Los, worauf wartest du?«
    »Nur das? Keine weitere Botschaft?«
    »Wird’s bald?«
    An der Tür drehte Fabre sich um und sah kopfschüttelnd zu Camille. Er murrte in sich hinein, während er die Straße entlangtrottete: Denken wohl, die können mich für dumm verkaufen, was? Ich komm ihnen schon auf die Schliche …
    Danton verschwand in seinem Arbeitszimmer und schlug die Tür hinter sich zu; etwas später hörten sie ihn bald hier, bald dort in der Wohnung.
    »Was hat er vor?«, fragte Gabrielle.
    »Nun ja, bei anderen Leuten erfordern komplizierte Probleme eine komplizierte Lösung, aber bei Georges-Jacques sind die Lösungen meistens einfach und schnell. Es war mein völliger Ernst vorhin: Die Leute haben Angst vor ihm. Sie erinnern sich an den August, daran, wie er Mandat durchs Rathaus geschleift hat. Sie wissen bei ihm nie, worauf sie als Nächstes gefasst sein müssen. Es stimmt, verstehen Sie, Gabrielle? Geld aus England, Geld vom Hof, all das.«
    »Ich weiß. Ich bin keine solche Törin, auch wenn er mich dafür hält. Er hatte eine teure Mätresse und ein Kind, als wir geheiratet haben. Er denkt, das weiß ich nicht. Deshalb waren wir anfangs so arm. Er hatte seine Kanzlei dem neuen Liebhaber seiner Mätresse abgekauft. Wussten Sie das? Ja, natürlich wussten Sie es, ich weiß gar nicht, warum ich es überhaupt erwähne.« Gabrielle hob die Arme und steckte ihr Haar neu auf, eine mechanische Handlung, aber ihre Finger hantierten unbeholfen, sie schienen geschwollen zu sein. Auch ihr Gesicht wirkte verschwollen, unabhängig von Georges’ Ohrfeige, und ihre Augen waren dunkel gerändert und trübe. »Ich habe ihn diese ganzen Jahre verärgert, verstehen Sie, weil ich die Fassade der Wohlanständigkeit aufrechterhalten habe. Sie ja auch – deshalb ist er so wütend auf uns, deshalb greift er uns beide so an. Beide haben wir alles gewusst und es nur nicht zugegeben. Oh, ich bin keine Heilige, Camille – ich wusste, wo das Geld herkam, und habe es doch genommen, damit wir bequemer leben konnten. Man braucht nur einmal schwanger gewesen zu sein, dann hinterfragt man die Dinge nicht mehr, man denkt nur noch an seine Kinder.«
    »Dann ist Ihnen gar nicht so wichtig, was aus dem König wird?«
    »Doch, schon, aber ich habe

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