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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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es könnte ein Bluff sein?«, fragte Camille. »Wo soll er einen handschriftlichen Vermerk von dir herhaben?«
    »Einen solchen Vermerk gibt es.«
    »Dann warst du sträflich dumm, muss ich sagen. Trotzdem, überleg doch. Schon möglich, dass de Molleville ihn irgendwann zu Gesicht bekommen hat – aber wozu hätte Montmorin ihn aus der Hand geben sollen? Zur sicheren Verwahrung, will de Molleville dich glauben machen – aber was ist so sicher daran, im Gepäck eines Auswanderers über den Ärmelkanal zu schaukeln? Warum sollte Montmorin die Papiere nach London geschafft haben? Da sind sie nutzlos für ihn. Sie müssen nur zurückgeschickt werden. Und er wusste ja nicht, dass er sterben würde, oder?«
    »Kann sein, dass du recht hast, sehr gut sogar, aber de Mollevilles Anschuldigung allein könnte mich schon ruinieren. Wenn sie sich auf Indizien stützt, wenn sie ausführlich genug ist. Es wird schon so lange behauptet, dass ich für Pitt arbeite. Lieber Himmel, ich müsste längst drüben im Konvent sein …«
    »Panik hilft jetzt auch nichts. Wenn es ein Bluff ist und nichts Schriftliches existiert, dann hat alles, was de Molleville vorbringt, gleich viel weniger Gewicht. Du kannst nur hoffen, dass es so ist. Ich frage mich nur – über welchen Konventspräsidenten redet er? Denn der derzeitige Präsident ist Vergniaud.«
    Danton wandte sich ab. »Verdammt«, sagte er.
    »Ja, ich weiß. Du hast es versäumt, ihn hinreichend zu bestechen oder zu verschrecken. Wie konntest du so nachlässig sein?«
    »Geh jetzt lieber«, drängte Gabrielle. »Geh jetzt und stell dich auf die Seite des Königs.«
    »Ich soll ihnen nachgeben?«, sagte Danton. »Lieber sterben. Wenn ich jetzt eingreife, in diesem Stadium, stehe ich doch als genauso käuflich da, wie wenn die Dokumente öffentlich gemacht würden. Und so oder so brauche ich mich nur umzudrehen, und schon habe ich eine Patriotenklinge zwischen den Schulterblättern. Frag ihn!« Er schrie es. »Eigenhändig würde er sie mir hineinstoßen!«
    Gabrielle sah ratlos Camille an.
    »Man würde mich zweifellos bitten, bei der Ausführung behilflich zu sein. Da ich sein Schicksal ja nicht teilen will.«
    »Warum läufst du nicht zurück zu Robespierre?«, fragte Danton ihn.
    »Nein, ich bleibe bei dir, Georges-Jacques. Ich will sehen, was du unternimmst.«
    »Mach schon, lauf zu ihm und erzähl ihm alles brühwarm. Du hast nichts zu befürchten, er passt schon auf dich auf. Oder hast du Angst, jemand könnte dich bei ihm ausgestochen haben? Mach dir keine Gedanken, irgendwer wird dich schon unter seine Fittiche nehmen. Bei deinen Talenten.«
    Gabrielle stand auf. »Erhält man sich so seine Freunde?« So hatte sie noch nie mit ihm gesprochen. »Erst beschwerst du dich, dass deine Freunde nicht zur Stelle sind, aber wenn sie zu dir kommen, beschimpfst du sie. Willst du dich mit aller Gewalt zugrunde richten? Habt ihr euch miteinander verbündet, du und dieser de Molleville, um dich zu vernichten?«
    »Wartet«, sagte Camille. »Hör mir zu, Gabrielle – hört mir beide zu, bevor es hier Mord und Totschlag gibt. Ich bin nicht geübt darin, die Stimme der Vernunft zu spielen, also stellt meine diesbezüglichen Fähigkeiten nicht zu sehr auf die Probe.« Er wandte sich an Danton. »Wenn Vergniaud die Dokumente hat, dann bist du erledigt, aber würde Vergniaud so lange warten? Heute ist der letzte Tag, an dem du in die Debatte eingreifen kannst, das jetzt sind die letzten Stunden. Er ist schon seit drei Tagen Präsident – wir müssen uns fragen, warum er noch nichts unternommen hat. Wir müssen uns fragen, ob die Papiere überhaupt in seinem Besitz sind – oder ob ein früherer Präsident sie hat. Von wann ist der Brief?«
    »Vom 11. Dezember.«
    »Da war Defermon Präsident.«
    »Defermon ist …«
    »Ein Wurm.«
    »Ein Gemäßigter, Gabrielle«, sagte Danton. »Trotzdem – mein Freund ist er gewiss nicht; und nach dieser ganzen Zeit, vier Wochen, hätte er doch sicher etwas gesagt, etwas getan …?«
    »Ich weiß nicht, Georges-Jacques. Dir scheint nicht klar zu sein, wie sehr du die Menschen einschüchterst. Warum stattest du ihm nicht einen Besuch ab und schüchterst ihn noch ein bisschen mehr ein? Wenn er die Papiere hat, kannst du nur gewinnen. Und wenn nicht, hast du zumindest nichts zu verlieren.«
    »Aber wenn Vergniaud sie hat …«
    »Dann macht es auch nichts, wenn du Defermon ohne Not verschreckst. Dann ist ohnehin alles aus. Denk gar nicht darüber nach.

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