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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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sowieso fertig machen. Georges-Jacques und ich werden nachher in einen Ausschuss gewählt.«
    »Was für einen Ausschuss?«
    »Willst du jetzt Einzelheiten von mir hören?«
    »Wie können Sie so etwas wissen, wenn die Wahl noch gar nicht stattgefunden hat?«
    »Ah, du musst noch so viel lernen.«
    »Ich will, dass er die Politik aufgibt.«
    »Nur über meine Leiche«, sagte Camille.
    Der Morgen graute mürrisch, eine trübe rote Sonne ging auf. Sie fühlte sich besudelt durch die Begegnung. Danton schlief weiter.
    Danton sprach erst im Konvent, dann vor dem Jakobinerclub. »Mehr als einmal war ich versucht, Dumouriez kurzerhand verhaften zu lassen. Aber, so sagte ich mir, wenn ich zu einer so drastischen Maßnahme greife und der Feind erfährt davon – wie muss das seine Moral stärken! Ein Entschluss, der dem Feind nutzt – am Ende hätte man mir noch Verrat unterstellt. Bürger, ich frage euch – was hättet ihr an meiner Stelle getan?«
    »Und, was hätten Sie getan?«, fragte er Robespierre. Es war jetzt schon fast April; eine steife Nachtbrise wehte auf der Rue Honoré. »Wir begleiten Sie heim. Dann kann ich auch gleich Ihrer Frau meine Aufwartung machen, Duplay.«
    »Sie sind uns willkommen, Bürger Danton.«
    Saint-Just schaltete sich ein: »Es scheint auf jeden Fall eine Situation, in der Handeln besser gewesen wäre als Nicht-Handeln.«
    »Manchmal ist Abwarten schlauer, Bürger Saint-Just. Haben Sie das noch nicht gelernt?«
    »Ich hätte ihn festgenommen.«
    »Aber Sie waren nicht dort, Sie wissen nicht Bescheid. Sie wissen nicht, in welchem Zustand das Heer ist; da will so vieles mitbedacht sein.«
    »Nein, natürlich weiß ich das alles nicht. Aber warum fragen Sie nach unserer Meinung, nur um sie dann abzutun?«
    »Nach deiner Meinung fragt er ja nicht«, sagte Camille. »Auf die legt er keinen Wert.«
    »Dann muss ich eben selbst an die Front gehen«, sagte Saint-Just, »um diese Mysterien zu ergründen.«
    »Genau, mach das«, sagte Camille.
    »Müsst ihr so kindisch sein?«, fragte Robespierre. »Nun, Danton, solange Sie mit Ihrer Entscheidung zufrieden sind und in gutem Glauben gehandelt haben – was will man mehr?«
    »Da wüsste ich so einiges«, murrte Saint-Just.
    In Duplays Hof rannte Brount knurrend bis ans Ende seiner Kette. Als sein Herr zu ihm ging, legte er ihm die Pfoten auf die Schultern. Robespierre redete gedämpft auf ihn ein – vermutlich dahingehend, dass Brount sich in Geduld fassen müsse, bis die vollkommene Freiheit umsetzbar sei. Sie traten ins Haus. Robespierres Frauen (der Oberbegriff bot sich immer mehr an) waren vollzählig versammelt. Madame empfing sie mit einem rührigen, schon ans Bedrohliche grenzenden Wohlwollen; ihr Ziel im Leben war es, einen Jakobiner zu finden, der hungrig war; dann marschierte sie in ihre Küche und kochte sich die Seele aus dem Leib, um hinterher sagen zu können: »Ich habe einen Patrioten satt bekommen.« Robespierre war in dieser Hinsicht unbrauchbar. Er schien all ihren Anstrengungen hohnzusprechen.
    Sie saßen im Wohnzimmer, umgeben von den Porträts Robespierres. Danton sah um sich, Robespierre schaute zurück: lächelnd, halb lächelnd oder ernsthaft, zart im Profil oder angespannt und kampflustig von vorne, nachdenklich oder belustigt, mit einem Hund, noch einem Hund, keinem Hund. Das Original dazu schien nur ein weiterer Gegenstand in der Auslage; er war still heute Abend, während sie über Brissot, Roland und Vergniaud sprachen. Die immergleichen Themen – der junge Philippe Lebas verzog sich in eine Ecke, um mit Babette zu tuscheln. Man konnte es ihm nicht vorwerfen, dachte Danton. Robespierre fing Dantons Blick auf und lächelte.
    Eine neue Liebesgeschichte also in den Pausen des großen Aderlasses. Man findet die Zeit dafür, immer findet man Zeit.
    Als der Kriegsminister nach Belgien fuhr, um sich persönlich ein Bild von der Lage zu machen, nahm Dumouriez ihn fest, zusammen mit vier Kommissaren des Konvents, und lieferte alle fünf an die Österreicher aus. Kurz danach gab er ein Manifest heraus, in dem er die Absicht kundtat, mit seinem Heer nach Paris zu marschieren, um dort Gesetz und Ordnung wiederherzustellen. Seine Truppen meuterten und schossen auf ihn. Gemeinsam mit dem jungen General Égalité – Louis-Philippe, dem Sohn des Herzogs – überquerte er die österreichischen Linien. Eine Stunde später waren sie beide Kriegsgefangene.
    Robespierre vor dem Konvent: »Ich verlange, dass sämtliche Mitglieder der

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