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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Sie.«
    »Ich sehe, du hast dir viel vorgenommen. Du willst mich vor mir selbst retten, stimmt’s?«
    »Ich muss. Ich habe es versprochen.«
    Als sie später überlegte, was sie genau versprochen hatte, war sie sich nicht mehr ganz sicher. Gabrielle hatte ihr ihre Kinder vermacht – aber auch ihren Mann?
    Am nächsten Morgen erteilte sie den Dienstboten strikte Anweisungen. Sie durften niemandem gegenüber erwähnen, dass Monsieur zu Hause war. Sie selbst war früh heruntergekommen, noch vor sieben Uhr. Er war schon auf und angekleidet, er las seine Post. »Dann gehen Sie also doch aus, Bürger Danton?«
    Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass sie enttäuscht war. »Nein, ich bleibe hier. Aber ich konnte nicht schlafen … zu viele Gedanken.«
    »Was ist, wenn jemand kommt und fragt, ob Sie schon zurück sind?«
    »Dann lüg.«
    »Im Ernst?«
    »Ja. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
    »Eine große Sünde wäre es wahrscheinlich nicht.«
    »Du bist ja sehr freidenkerisch geworden seit gestern Abend.«
    »Sie sollen nicht immerfort über mich lachen. Wenn jemand kommt, lasse ich ihn nicht herein, und wenn ich jemanden treffe, während ich die Einkäufe erledige …«
    »Schick Marie.«
    »Nein, die lasse ich nicht nach draußen. Sie könnte sich verplaudern. Ich sage, ich habe Sie nicht gesehen und Sie werden auch nicht erwartet.«
    »So ist’s recht.« Er wandte sich wieder seinen Briefen zu. Sein Ton war nicht unfreundlich, aber schleppend und eine Spur gelangweilt. Ich weiß nicht, wie ich mit ihm reden soll, dachte sie. Wäre ich doch nur Lucile Desmoulins.
    Um neun Uhr war sie zurück, ganz außer Atem. Er saß vor einem unbeschriebenen Blatt Papier, die Augen geschlossen. »Ich bring nichts zustande«, sagte er und öffnete sie wieder. »Ich schreibe zwar Worte aufs Papier, aber etwas Zündendes kommt dabei nicht heraus. Ein Glück, dass ich meinen Leibjournalisten habe.«
    »Wann haben Sie vor, sich zu zeigen?«
    »Morgen wahrscheinlich. Warum?«
    »Ich glaube nicht, dass ich Sie so lange verstecken kann. Ich bin Ihrem Leibjournalisten begegnet. Er weiß, dass Sie hier sind.«
    »Woher?«
    »Nein, er weiß es nicht, aber er vermutet es. Ich habe es natürlich geleugnet. Ich kann von Glück sagen, dass mein Kopf noch auf meinen Schultern sitzt. Er hat mir kein Wort abgenommen.«
    »Dann geh lieber zu ihm und entschuldige dich bei ihm und sag ihm – streng vertraulich –, dass er recht hat. Appeliere an ihn, dass er mich vor den marodierenden Ausschussmitgliedern beschützt – sag ihm, dass ich mir noch nicht schlüssig bin, wie ich mit Dumouriez verfahren will. Und sag ihm, er soll alles stehen und liegen lassen und herkommen und sich mit mir betrinken.«
    »Ich weiß nicht, ob ich so eine Botschaft ausrichten sollte. Sie ist lasterhaft.«
    »Wenn du denkst, so sieht Lasterhaftigkeit aus«, sagte er, »dann musst du noch viel lernen.«
    Am nächsten Morgen stand Louise noch früher auf. Ihre Mutter kam aus dem Schlafzimmer gestolpert und zog sich ihr Umschlagtuch um die Schultern. »Um diese Uhrzeit!«, sagte sie. Dantons Dienstboten schliefen alle im Zwischengeschoss, nicht in der Wohnung. »Du wirst da drinnen allein mit ihm sein«, sagte sie. »Und wie willst du überhaupt hineinkommen?«
    Louise zeigte ihr stumm den Schlüssel in ihrer Hand.
    Sie schloss ganz leise auf und spähte ins Arbeitszimmer, um zu sehen, ob Danton dort drinnen und wach war, was sie bezweifelte. Am Fenster stand Camille: Hemd, Hose, Stiefel, ungekämmtes Haar. Auf Dantons Schreibtisch lagen verstreute Papiere, alle mit einer fremden Handschrift bekritzelt. »Guten Morgen«, sagte sie. »Sind Sie betrunken?«
    Wie leicht sein Zorn geweckt war! »Sehe ich so aus?«
    »Nein. Wo ist Bürger Danton?«
    »Den habe ich um die Ecke gebracht. Ich war die letzten drei Stunden damit beschäftigt, ihn zu zerstückeln. Willst du mir helfen, seine Überreste zum Concierge hinunterzuschaffen? Also wirklich, Louise! Er liegt im Bett und schläft, was dachtest du denn?«
    »Und ist er betrunken?«
    »Sturzbetrunken. Was reitest du nur immer auf der Trunkenheit herum?«
    »Das hat er so angekündigt. Dass Sie beide sich betrinken wollten.«
    »Ah, ich verstehe. Und warst du schockiert?«
    »Sehr. Was schreiben Sie da?«
    Er schlenderte hinüber zu Dantons Schreibtisch, setzte sich daran nieder und sah ihr ins Gesicht. »Eine Polemik.«
    »Ich habe ein paar von Ihren Schriften gelesen.«
    »Gut, nicht wahr?«
    »Ich fand sie unglaublich grausam und

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