Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
Belege habe. ›Ja‹, hat er gesagt, ›aber es ist alles in unsichtbarer Tinte geschrieben.‹« Robespierre lachte. »Dann hat er gesagt: ›Dieses Geld hat man mir gegeben, damit ich den Wohlfahrtsausschuss besteche, deshalb dachte ich, ich bringe es am besten zu Ihnen. Könnte ich sicheres Geleit bekommen? Ich sollte wohl besser das Land verlassen.‹« Er blickte zu Danton auf. »Jämmerlich, oder? Wir haben ihn am nächsten Morgen um acht abholen lassen. Er ist jetzt im Luxembourg. Wir haben den Fehler gemacht, ihm Papier und Tinte zu geben, sodass er jetzt Tag für Tag endlose Tiraden zu seiner Rechtfertigung zu Papier bringt und sie an den Wohlfahrtsaussschuss schickt. Leider taucht Ihr Name darin ziemlich oft auf.«
»Und nicht in unsichtbarer Tinte?«, fragte Danton. »A propos …« Er zog Robespierres Brief aus der Tasche und ließ ihn auf den Schreibtisch zwischen ihnen fallen. »Tja, alter Freund – was ist das für eine Geschichte von wegen Hébert beseitigen?«
»Ach«, sagte Robespierre. »Da haben Camille und ich zusammengesessen und sind ein bisschen in Panik geraten.«
»Verstehe. Ich bin also von so weit hergekommen, weil Sie ein bisschen in Panik geraten sind.«
»Habe ich Ihnen den Urlaub verdorben? Das tut mir leid. Aber Sie fühlen sich wieder besser?«
»Kampfbereit. Nur muss ich erst noch herausfinden, wo der Kampf stattfindet.«
»Wissen Sie«, Robespierre räusperte sich, »ich denke wirklich, dass wir zu Beginn des neuen Jahres einen ganz guten Stand haben könnten. Sofern wir Toulon zurückerobern. Und hier in Paris diese antireligiösen Fanatiker aus dem Weg räumen. Was diese sogenannten Geschäftsleute angeht, leistet Ihr Freund Fabre gute Arbeit. Und morgen werde ich bei den Jakobinern vier Ausschließungen veranlassen.«
»Nämlich?«
»Proli, diesen Österreicher, der für Hérault gearbeitet hat. Und drei von Héberts Freunden. Der Ausschluss aus dem Club wird sie lähmen. Und den anderen dient er als Warnung.«
»Ich muss darauf hinweisen, dass auf Ausschlüsse aus dem Club in letzter Zeit immer Verhaftungen gefolgt sind. Aber Camille hat gesagt, Sie würden eine Beendigung des Terrors gutheißen?«
»Ich würde es nicht … ganz so ausdrücken – also, sagen wir, in ein paar Monaten können wir vielleicht anfangen lockerzulassen, aber es gibt noch eine ganze Reihe ausländischer Agenten, die wir enttarnen müssen.«
»Davon abgesehen, würden Sie es aber gutheißen, wenn das normale Rechtssystem wieder installiert und die neue Verfassung in Kraft gesetzt werden würde?«
»Das Problem ist, dass wir uns noch im Kriegszustand befinden. Voll und ganz. Und Sie wissen ja, was der Nationalkonvent gesagt hat: ›Bis zum Friedenssschluss bleibt die französische Regierung revolutionär.‹«
»Setzt den Terror auf die Tagesordnung.«
»Vielleicht war es schlecht ausgedrückt. Man sollte meinen, das Volk läuft zitternd und zähneklappernd durch die Gegend. Aber dem ist nicht so. Die Theater sind geöffnet, genau wie immer.«
»Zur Aufführung patriotischer Dramen. Mich langweilen patriotische Dramen.«
»Sie sind erbaulicher als das, was früher im Theater geboten wurde.«
»Woher wollen Sie das denn wissen? Sie gehen doch nie ins Theater.«
Robespierre sah ihn blinzelnd an. »Nun, logisch betrachtet sollte man das einfach erwarten. Ich kann nicht alles überwachen. Ich habe keine Zeit, ins Theater zu gehen. Aber um auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Mir persönlich gefällt das, was in letzter Zeit geschehen ist, nicht, verstehen Sie, aber ich muss einräumen, dass es politisch notwendig war. Wenn Camille hier wäre, würde er diese Aussage völlig zerpflücken, aber Camille ist nun mal Theoretiker, ich dagegen will im Wohlfahrtsausschuss weiterkommen und muss mich den Gegebenheiten anpassen … so gut es geht. Also, ich sehe es so: Extern ist unsere Lage viel besser geworden, aber intern herrscht nach wie vor Notstand, wir haben immer noch die Aufständischen in der Vendée und eine Hauptstadt voller Verschwörer. Die Revolution ist von einem Tag auf den anderen noch nicht gesichert.«
»Was zum Teufel wollen Sie eigentlich – wissen Sie das überhaupt?«
Robespierre blickte hilflos zu ihm auf. »Nein.«
»Können Sie es nicht herausfinden?«
»Ich weiß einfach nicht, was das Beste wäre. Ich bin von Menschen umgeben, die behaupten, für alles die Lösung zu wissen, aber in den meisten Fällen bedeutet das nur weiteres Töten. Es gibt jetzt mehr
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