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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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ein mächtiger Mann, Fabre! Ich wollte sehen, wie viel ihnen mein Schutz wert war. Was sie kauften, war nicht mein finanzieller Sachverstand. Camille hat mal behauptet, ich hätte statt eines Gehirns nur Fettschminke und alte Soufflierbücher im Kopf; ich für mein Teil staune immer wieder, wie sehr doch das Leben einem abgedroschenen Theaterstück gleicht. Was sie wollten, war mein Einfluss, das Prestige, das einem engen Freund Dantons anhaftet. Ich war mir sicher, dass sie indirekt auch Danton zu kaufen meinten. Schließlich hatten meine Mitstreiter in dieser Angelegenheit schon vorher mit ihm zu tun gehabt. Denken Sie nicht, die Sache mit der Ostindien-Kompanie sei ein isoliertes Geschehnis gewesen. Fälschung war nur die logische Fortführung bestehender unlauterer Praktiken, der nächste Schritt nach Währungsspekulation und betrügerischen Lieferverträgen mit der Armee. Bloß führte mich dieser kleine Schritt jenseits von Recht und Gesetz, und für Menschen wie mich ist es in Zeiten wie diesen nicht gut, jenseits von Recht und Gesetz zu stehen, wie immer diese auch definiert sein mögen. Jetzt steht der blöde Poet auf der einen Seite, und auf der anderen stehen sichtlich selbstzufrieden Danton und der Kindheitsgefährte des Unbestechlichen, unzertrennlich mit diesem verbunden.
    Daraus kann nichts Gutes erwachsen. Es gab einen Moment – er mag Ihnen entgangen sein –, in dem Danton und ich unsere Eigeninteressen zurückstellten. Wenn ich Moment sage, meine ich genau das: ein paar Sekunden, in denen eine Entscheidung getroffen wurde; ich behaupte nicht, dass wir uns hinterher anders oder besser verhalten hätten. Als wir besprachen, wie Valmy zu gewinnen sei, beschlossen wir, Stillschweigen darüber zu bewahren, selbst wenn es uns das Leben kosten würde.
    Tja – von dem Moment an, wo wir einander eingestanden hatten, dass es etwas gab, was wir nicht tun würden, begannen wir unserer Zerstörung entgegenzutaumeln wie zwei Betrunkene im Elend der frühen Morgenstunden. Denn der Opportunist muss für jede Überzeugung doppelt bezahlen; jedes Mal wenn er jemandem sein Vertrauen schenkt, blutet er ein wenig. Valmy hat für die Republik das Blatt gewendet, seither können die Franzosen in Europa den Kopf hoch tragen.
    Also, Danton würde niemals seine Freunde im Stich lassen. Falls das rührselig klingt, bitte ich um Verzeihung. Um es anders auszudrücken – so leuchtet es vielleicht eher ein –: Sämtliche Wege, die ich in den letzten Jahren beschritten habe, führten zu Danton. Die Beschuldigungen, die Hébert wegen der belgischen Mission gegen Lacroix erhoben hat, treffen alle auf Danton zu. Das weiß Hébert. Vadier wird mich entlarven. Und auf Danton hat er es ebenfalls abgesehen. Warum? Wahrscheinlich verletzt Danton sein Schicklichkeitsempfinden. Vadier ist ein Moralist und Fouquier, glaube ich, auch. Eine Haltung, die ich missbillige. Gott weiß, welche Risiken wir eingehen, Gott weiß, was Danton alles getan hat. Gott, und Camille auch. Gott wird den Mund halten.
    Als ich anfing, Verschwörungen anzuzeigen, um von mir selbst abzulenken, konnte ich da denn ahnen, dass Robespierre alles, was ich sagte, aufgreifen würde? Er suchte nach einer Verschwörung im Herzen des Patriotismus: Ich lieferte ihm eine, so wahr mir Gott helfe. Und nimmt man sie erst einmal für gegeben, scheinen jedes Wort und jede Tat ihre Existenz zu belegen, sodass man natürlich schon mal ins Grübeln gerät – was, wenn Robespierre recht hat und ich der Narr bin, was, wenn ein Schwindel, von dem ich meinte, er sei in irgendeinem Café im Palais Royal ausgeheckt worden, tatsächlich eine gewaltige Verschwörung ist, deren Fäden in Whitehall zusammenlaufen?
    Nein, nein – ich werde nicht weiter darüber nachdenken. So was kann einen in den Wahnsinn treiben.
    In gewisser Hinsicht wünschte ich, sie würden kommen und mich festnehmen. Vielleicht klingt es absurd, aber meine Festnahme ist wohl das Einzige, was mich davon abhalten wird, die Dinge noch weiter zu verkomplizieren. Allein bei dem Gedanken daran bekomme ich Kopfschmerzen, es ist so deprimierend. Das Warten raubt mir den letzten Nerv, die Unterbrechung der Jagd – mein Motto war immer »in Bewegung bleiben«, schon mein Leben lang. Vielleicht ist das Vadiers Taktik, oder vielleicht warten sie, bis sie mit etwas anderem, Schlimmerem kommen können, oder sie warten darauf, dass Danton für mich in die Bresche springt.
    Ich habe Angst, dass ich Die Malteser Orange niemals

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