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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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und Adelsrang«, sagte Camille. »Maître d’Anton und mir kommen gleich die Tränen.«
    »Ich wusste schon immer, dass Sie empfindsame Seelen sind.« Hérault sammelte sich. »Muss nach Versailles, zum Souper. Auf Wiedersehen, d’Anton. Sie haben kürzlich geheiratet, nicht wahr? Grüßen Sie bitte Ihre Frau.«
    D’Anton stand da und blickte ihm nach. Ein abwägender Ausdruck huschte über sein Gesicht.
    Sie gingen jetzt öfter ins Café du Foy, im Palais Royal. Hier herrschte eine andere, etwas frivolere Atmosphäre als in M. Charpentiers Café; es war eine andere Klientel. Außerdem – ein entscheidender Vorteil – bestand hier keine Gefahr, Claude über den Weg zu laufen.
    Als sie kamen, stand ein Mann auf einem Stuhl und deklamierte Gedichte. Mit einem Blatt in der Hand machte er ein paar ausladende Gebärden, dann griff er sich in bester Bühnendramatik ans Herz. D’Anton warf ihm einen kurzen, gleichgültigen Blick zu und wandte sich ab.
    »Man zieht Erkundigungen über dich ein«, flüsterte Camille. »Der Hof. Die überprüfen, ob du ihnen nützlich sein könntest. Sie werden dir einen kleinen Posten anbieten, Georges-Jacques. Dich zum Funktionär machen. Wenn du ihr Geld nimmst, wirst du so enden wie Claude.«
    »Claude ging es nicht schlecht », sagte d’Anton. »Bis du in sein Leben getreten bist.«
    »Dass es einem nicht schlecht geht, ist aber nicht genug, oder?«
    »Nein? Ich weiß es nicht.« Er sah zu dem Schauspieler hinüber, um Camilles Blick auszuweichen. »Ah, er ist fertig. Verrückt, ich könnte schwören –«
    Anstatt von seinem Stuhl herabzusteigen, schaute der Mann sie unverwandt an. »Das gibt’s doch nicht«, sagte er dann. Er sprang hinunter, schlängelte sich durch den Raum, zog ein paar Karten aus der Tasche und streckte sie d’Anton entgegen. »Hier, Freikarten«, sagte er. »Wie geht es dir, Georges-Jacques?« Er lachte vergnügt. »Du weißt nicht, woher du mich kennst, stimmt’s? Himmel noch mal, was bist du gewachsen!«
    »Der Preisträger?«, fragte d’Anton.
    »Ebendieser. Fabre d’Églantine, Ihr ergebenster Diener.« Er klopfte d’Anton mit bühnengerecht geballter Faust auf die Schulter. »So so! Du hast meinen Rat also beherzigt. Bist Anwalt geworden. Entweder du bist erfolgreich oder du lebst über deine Verhältnisse oder du erpresst deinen Schneider. Außerdem siehst du verheiratet aus.«
    D’Anton war amüsiert. »Noch etwas?«
    Fabre stieß ihm in den Bauch. »Du wirst fett.«
    »Wo waren Sie denn in der Zwischenzeit? Was haben Sie so getrieben?«
    »Ach, hier und da, dies und das. Neue Truppe – wir hatten eine sehr erfolgreiche Saison letztes Jahr.«
    »Aber nicht hier, oder? Das wäre mir doch aufgefallen, ich gehe oft ins Theater.«
    »Nein, nicht hier. In Nîmes. Na gut, sagen wir, einigermaßen erfolgreich. Die Landschaftsgärtnerei habe ich aufgegeben. Ich war in erster Linie auf Tournee und habe Stücke geschrieben. Und Lieder.« Er brach ab und begann zu pfeifen. Ringsum drehten sich Leute nach ihm um und guckten. »Alle singen dieses Lied«, sagte er. »Es ist von mir. Ja, tut mir leid, ich bin manchmal peinlich, ich weiß. Ich habe eine Menge solcher Ohrwürmer geschrieben, und was hat es mir gebracht? Immerhin bin ich nach Paris gelangt. Ich komme gern hierher, in dieses Café, meine ich, um meine ersten Fassungen auszuprobieren. Die Leute sind so höflich, zuzuhören, und sie sagen einem auch ehrlich ihre Meinung – nicht dass man sie darum bitten würde, aber lassen wir das mal beiseite. Die Freikarten sind für Aurora . Im Theâtre des Italiens. Es ist eine Tragödie, in vielfacher Hinsicht. Wahrscheinlich wird es Ende dieser Woche abgesetzt. Die Kritiker haben es auf mich abgesehen.«
    »Ich habe Les Gens de lettre gesehen«, sagte Camille. »Das ist von Ihnen, Fabre, oder?«
    Fabre drehte sich um. Er zog eine Lorgnette hervor und beäugte Camille. »Je weniger über Les Gens de lettre gesagt wird, desto besser. Dieses eisige Schweigen. Und dann die Pfiffe …«
    »Das ist vermutlich nicht anders zu erwarten, wenn man ein Stück über Kritiker schreibt. Aber auch Voltaires Stücke wurden oft ausgepfiffen. Seine Premieren endeten oft in einem Tumult.«
    »Stimmt«, sagte Fabre. »Nur musste sich Voltaire keine Gedanken darüber machen, wo er seine nächste Mahlzeit herbekam.«
    »Ich kenne Ihre Arbeiten«, beharrte Camille. »Sie sind ein Satiriker. Wenn Sie weiterkommen wollen, probieren Sie es mal mit etwas mehr Speichelleckerei

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