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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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hallo«, sagte Hérault. »Sie hatte ich gar nicht gesehen, Maître Desmoulins.«
    »Natürlich haben Sie das. Sie hätten mich nur lieber nicht gesehen.«
    »Na, na«, sagte Hérault lachend. Er hatte absolut gleichmäßige weiße Zähne. Was zum Teufel willst du?, dachte d’Anton. Aber Hérault wirkte friedlich und gelassen, zu einer kleinen politischen Diskussion aufgelegt. »Was glauben Sie, was jetzt passieren wird, nachdem das Parlament in die Provinz verbannt worden ist?«
    Warum fragst du mich das?, dachte d’Anton. Er überlegte kurz und antwortete dann: »Der König braucht Geld. Das Parlament hat entschieden, dass ihm nur die Generalstände eine Zuwendung gewähren können, und ich gehe davon aus, dass es dabei bleiben wird, nachdem das einmal so gesagt wurde. Wenn er das Parlament im Herbst also wieder zurückruft, wird es das Gleiche sagen – und dann, mit dem Rücken zur Wand, wird er die Generalstände einberufen.«
    »Sie begrüßen den Sieg des Parlaments?«
    »Ich begrüße gar nichts«, sagte d’Anton scharf. »Ich kommentiere bloß. Ich persönlich bin der Ansicht, dass der König recht daran täte, die Generalstände einzuberufen, aber ich befürchte, dass einige der Adligen, die sich dafür einsetzen, die Generalstände nur nutzen wollen, um die Macht des Königs einzuschränken und ihre eigene zu vergrößern.«
    »Das sehe ich auch so«, sagte Hérault.
    »Und Sie sollten ja nun Bescheid wissen.«
    »Wieso das?«
    »Angeblich gehören Sie dem engeren Kreis der Königin an.«
    Hérault lachte erneut. »Sie müssen mir gegenüber nicht den bärbeißigen Demokraten geben, d’Anton. Ich vermute, dass wir stärker übereinstimmen, als Sie glauben. Es stimmt, dass mir Ihre Majestät das Privileg gewährt, ihr an ihrem gepflegten Kartentisch Geld abzunehmen. Aber es gibt am Hof zahlreiche Männer, die guten Willens sind. Mehr als Sie im Parlament finden werden.«
    Schüttelt sein Plädoyer einfach so aus dem Ärmel, dachte d’Anton. Na ja, wer täte das nicht? Aber nicht mit diesem professionellen Charme. Dieser professionellen Geschliffenheit.
    »Guten Willens gegenüber ihrer eigenen Familie«, mischte Camille sich ein. »Die sehen es gern, wenn ihrer Familie eine üppige Pension zugesprochen wird. Waren es letztes Jahr nicht 700000 Livres für die Familie Polignac? Und sind Sie nicht auch ein Polignac? Warum geben Sie sich eigentlich mit einem schlichten Richteramt zufrieden? Kaufen Sie doch einfach die ganze Justiz, dann ist das Thema vom Tisch.«
    Hérault de Séchelles war ein Connaisseur, ein Sammler. Für eine Schnitzerei, eine Uhr, eine Erstausgabe reiste er durch ganz Europa. Er betrachtete Camille, als wäre er von weit her gekommen, um ihn zu begutachten, und fände eine minderwertige Fälschung vor. Er wandte sich wieder d’Anton zu. »Was mich erstaunt, ist diese seltsame, unter schlichten Gemütern verbreitete Vorstellung, dass das Parlament, nur weil es sich dem König widersetzt, die Interessen des Volkes vertritt. Tatsächlich ist es der König, der versucht, ein gerechtes Steuersystem einzuführen –«
    »Das ist mir egal«, sagte Camille. »Ich sehe es einfach gern, wenn sich diese Leute untereinander zerstreiten, denn je mehr sie das tun, desto schneller wird alles zusammenbrechen und desto schneller wird die Republik kommen. Wenn ich zwischenzeitlich Partei ergreife, dann nur, um den Konflikt voranzutreiben.«
    »Ihr Standpunkt ist wirklich ausgefallen«, sagte Hérault. »Um nicht zu sagen, gefährlich.« Einen Moment lang sah er verwirrt aus, müde, geistesabwesend. »Nun, es wird nicht so weitergehen wie bisher«, sagte er. »Und ich werde froh darüber sein.«
    »Ist Ihnen langweilig?«, fragte d’Anton. Eine sehr direkte Frage, die ihm genauso schnell in den Kopf wie über die Lippen gekommen war – ganz untypisch für ihn.
    »Kann sein, dass das der Grund ist«, sagte Hérault melancholisch. »Wobei man ja doch irgendwie lieber – na ja, erhaben wäre. Man möchte doch gern der Ansicht sein, dass es im Interesse Frankreichs Veränderungen geben sollte und nicht nur deshalb, weil man selbst gerade nichts zu tun hat.«
    Seltsam – innerhalb weniger Minuten hatte sich der Charakter der Unterhaltung völlig verändert. Hérault war vertraulich geworden, hatte die Stimme gesenkt, seinen Rednergestus abgelegt; er sprach mit ihnen, als wären sie gut miteinander bekannt. Sogar Camille betrachtete ihn mit einem Anflug von Sympathie.
    »Ach ja, die Bürde von Reichtum

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