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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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dieser Unterredung brachte er das Gespräch auch auf die besonders gelungene Verzierung seines Gebietes an jenem Ihnen bekannten Tage, denn er hoffte, dadurch in der Gunst seiner Majestät zu steigen. Ob ihm das glückte, vermag ich nicht zu sagen, es ist auch ganz unbedeutend für das, was ich erzählen möchte. Nach der Audienz, und nur das ist wichtig, Fräulein, wurde er plötzlich von einem Mann aus dem Gefolge des Königs angesprochen, über dessen Existenz außerhalb des Hofes nicht das geringste bekannt war. Dieser Mann wünschte, mit dem kleinen Gärtner zusammengebracht zu werden. Keine drei Tage später traf man sich beim Fürsten. Der Mann, ich will ihn als Graue Eminenz bezeichnen, war von einer beeindruckenden Leibesfülle und hatte ein Doppelkinn, welches ihm bis auf die Brust reichte. Wie viele Menschen mit ähnlicher Statur verfügte er über eine sonore Stimme. Alles in allem wirkte er nicht ungemütlich. Er eröffnete das Gespräch, indem er ausführte, das Reich sei ohne Zweifel in einem erfreulichen Aufschwung begriffen, benötige jedoch, um diesen fortsetzen zu können, so viele Goldtaler wie nur irgend möglich. ›Mit unseren Aluchips‹, sagte er verächtlicher, als es sich für einen Mann des Hofes geziemte, ›kommen wir nicht weit, wie Sie sich vielleicht denken können.‹ Der Gärtner nickte eifrig, denn er konnte sich das gut denken. Zugleich war es ihm aber ein großes Rätsel, wieso die Graue Eminenz sich zu ihm herabgelassen hatte. Welche Verbindung sollte es zwischen ihm, den Chips und den Talern geben? Doch schon fuhr der geheimnisvolle Mann mit seinen mehr oder minder allgemeinen Erklärungen fort. Er deutete an, vom König mit der Beschaffung jener Taler beauftragt zu sein. Die lägen, wie allgemein bekannt, in Hülle und Fülle im Nachbarreich. Nun lebe man natürlich nicht mehr in grauer Vorzeit, weshalb sich Raub von selber verbiete. An dieser Stelle des Gesprächs konnte der Gärtner, dem die Natur ein vorwitziges Maul gegeben, hehe, Fräulein, Sie kennen’s ja, Sie haben ja jetzt das Vergnügen, also der Gärtner konnte nicht mehr an sich halten und fragte, ob man im Führungszirkel vielleicht denke, er sei imstande, außer Nelken auch noch Taler zu züchten. Angesichts des gemütlichen Eindrucks seines Gegenübers erschien ihm diese kleine Frechheit ungefährlich, und tatsächlich erhielt er als Antwort ein breites, wohlwollendes Grinsen. Indes zeigte sich der Mann nicht bereit, seine recht abstrakten Ausführungen abzukürzen. Er sprach von Gegenleistungen und Warenlieferungen sowie von der, wie er sich ausdrückte, ›sattsam bekannten Tatsache‹, daß man im Nachbarreich solcher Warenlieferungen eigentlich nicht bedürfe, da man ›alle Güter des täglichen und nichttäglichen Bedarfs‹ sehr gut selber herzustellen verstehe. Oft, allzu oft habe er das schon erfahren müssen. Worauf käme es demzufolge an? Auf einen beeindruckend billigen Preis sowie auf gewisse ›Schmankerl‹. Unvermittelt stellte er dem Gärtner zwei präzise Fragen: ›Stimmt es, daß Sie Rosen sowie sogenannte Frühlingsblüher das ganze Jahr über zu züchten vermögen; und stimmt es, daß Ihre Blumen nicht nur drei bis fünf, sondern zwölf bis fünfzehn Tage haltbar sind?‹ Der Gärtner bejahte. Wie zu sich murmelte nun die Graue Eminenz, dann lägen wohl die gewissen Schmankerl vor. Da schlug sich der Gärtner mit der Hand an die Stirn. Endlich hatte er begriffen. Er sollte seine Blumen fortan im Nachbarreich vertreiben beziehungsweise vertreiben lassen. Der Mann des Königs bestätigte ihm das, wobei er wieder breit und wohlwollend lächelte. Alsdann erörterte man die Einzelheiten, unter anderem fragte der Gärtner, was angesichts des Umstandes, daß er nun ja zum Devisenbringer werde, für ihn selber herausspringe. Knapp erklärte die Graue Eminenz, in solchen Fällen seien neun Zehntel fürs Reich und ein Zehntel für den Produzenten üblich. – ›In West?‹ – ›Selbstverständlich.‹ Die unverhoffte Aussicht, höchstselbst ein paar Goldtaler einzusacken, erfreute den Gärtner sehr, das braucht Ihnen gegenüber nicht eigens betont zu werden. Allerdings währte seine Freude nur kurz. Sobald er nämlich begann, über die sogenannten Verteilungsverhältnisse nachzudenken, und das tat er schnell, hehe, Fräulein, es war ja geradezu seine Pflicht als anständiger Geschäftsmann, da einmal nachzurechnen, regte sich in ihm Unmut …«
    »Das denke ich mir«, rief Karin Werth dazwischen,

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