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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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neuem. Am Ende des vielleicht 70 Meter langen Ganges war das Licht noch nicht eingeschaltet, und durch einen 70 Meter langen, stockfinsteren Tunnel läuft selbst ein Panther nicht. Ein zweites Mal wendete er abrupt, mit einer Geschmeidigkeit, wie sie nur einer solchen Kreatur eigen ist, er sprang aus dem Tunnel und war im nächsten Moment schon wieder bei Leonelli. Er konnte ihn nun noch leichter umwerfen, er riß ihm, vielleicht, weil um die Schienbeine herum schon zuviel abgenagt war, Fleischstücke aus dem Oberschenkel. Derweil wurde er von den Pflegern verzweifelt bearbeitet. Einer schlug ihm mit einem der stählernen Postamente auf seinen knochigen Rücken, ein anderer stach ihm mit der eisernen Forke in die vibrierende Seite, so kriegten sie ihn endlich weg von Leonelli. Der nach alledem auf eines keinesfalls verzichten wollte: aufrecht gehend die Manege zu verlassen. Hinterm Vorhang aber, dahinter fiel er in Ohnmacht.
    Devantier kommandierte Britta ab, Leonelli im Notarztwagen ins Kreiskrankenhaus zu begleiten.
    »Ich?« fragte sie zitternd.
    »Du!« wiederholte Devantier. Er mußte jetzt die Show am Laufen halten, ihm blieb keine Zeit für lange Erklärungen; aber wenn er welche gehabt hätte, dann hätte er Britta sicherlich auseinandergesetzt, daß sie hier nun, im Gegensatz zu vielen anderen, verzichtbar war und daß Leonelli sie mochte und daß ihm, wenn er denn noch einmal aufwachen sollte, ihr Anblick guttun würde.
    Er wachte schon während der Fahrt auf. Er lächelte Britta an. Er schlug das Tuch, das die Schwestern über seine Beine gebreitet hatten, zur Seite, um zu sehen, was seine Lieblinge angerichtet hatten. Britta, die es mit ihm sah, mußte sich übergeben. Als sie damit fertig war, tätschelte Leonelli ihr mitleidig die bleichen Wangen. Die Ärzte stellten dann mehrere Brüche an seinen Beinen fest. Aber natürlich konnten sie keine Gipsverbände anlegen, da aus den Beinen gut ein Dutzend – zum Teil tellergroße – Stücke gerissen worden waren, Wunden, die versorgt werden mußten. Leonelli selber wies die Ärzte an, wie sie das bewerkstelligen sollten, schließlich hatte er diesbezüglich schon einige Erfahrung. »Sie müssen jede einzelne Wunde mit guter, alter Karbolsäure sterilisieren, das dürfte klar sein. Aber das Wichtigste: Es ist unbedingt erforderlich, aus jeder Wunde noch Fleisch zu schneiden, denn darin steckt mit Sicherheit Gift von den Raubtierzähnen. Ich wiederhole: unbedingt das Fleisch herausschneiden, lieber mehr als weniger. Danach selbstverständlich alles noch einmal auswaschen. Kann ich mich darauf verlassen? … Gut. Dann dürfen Sie mich jetzt betäuben.«
    Bei ihrer Rückkehr erfuhr Britta, daß Marty, der seinen Auftritt unmittelbar nach dem Unglück gehabt hatte, nicht imstande gewesen war, seine Kerzen unfallfrei aufzufangen. Auch hatte er mit seinem Löffel mehrere Bälle verfehlt, worauf Devantier ihn vor versammelter Mannschaft anschrie, sich in schwierigen Situationen am Riemen zu reißen, das könne und müsse er von einem so erfahrenen Artisten doch wohl verlangen – von wem, wenn nicht von ihm, verdammt nochmal!
    *
    Es war am frühen Nachmittag des folgenden Tages, als auf einmal Erik vor Britta stand. Sie stieß einen leisen Schrei der Überraschung aus, der wie ein Ausruf der Freude klang. Aber ihre düstere Miene bildete einen deutlichen Gegensatz dazu.
    »Ich hatte doch geschrieben, daß ich heute ankomme«, sagte Erik.
    »Ja, ich habe es auch nicht vergessen. Ich hätte nur nicht gedacht, daß du schon jetzt hier erscheinst. Abends, dachte ich. Wie bist du denn so fix …?«
    »Mit dem Fahrrad«, unterbrach Erik sie. Er hatte für zwei Wochen Quartier im etwa zwanzig Kilometer entfernten Dranske bezogen, in einem aus schmucklosen Baracken bestehenden Uni-Ferienlager. »Aber wenn ich jetzt störe, düse ich wieder ab und komme am Abend wieder, du mußt es nur sagen.«
    Britta schüttelte den Kopf, zwang sich zu einem Lächeln.
    »Was hast du denn? Bist du mir noch böse wegen damals? Ich würde es verstehn, ich kann …«
    Nun war sie es, die ihn unterbrach: »Hör auf, die Sache ist vergessen, das habe ich dir schon tausendmal gesagt. Ich will davon nichts mehr hören.«
    »Was ist es dann? Ich kenne dich, es geht dir nicht gut.«
    Britta legte ihm eine Hand auf die Brust, wischte ein wenig darauf herum und erzählte in kurzen Worten von dem Unfall, der gestern geschehen war, worauf Erik sie an sich zog und ihren Hinterkopf streichelte.
    »Das

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