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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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Tagen ziemlich durcheinander ist, nach der Vorstellung mit den Worten zusammengestaucht: Du fängst ja keinen Wasserball mehr, verdammt nochmal! Stell Dir vor, Trinchen, einen Wasserball …«
    *
    Am Tag, für den Matti sich bei Britta angekündigt hatte, regnete es, wie es schon all die Tage zuvor geregnet hatte, und der Himmel machte ganz und gar nicht den Eindruck, als wolle er daran noch einmal irgendetwas ändern. Er wirkte wie betoniert, ein riesiges erdrückendes, ein scheinbar für die Ewigkeit gemachtes Dach. Ab und zu stießen ein paar dumme, vorwitzige Möwen dagegen; und mit empörtem spitzem Geschrei stürzten sie sich gleich danach zum Abkühlen der Beulen, die sie sich dort oben geholt hatten, eilends runter ins Meer.
    Britta, die ein paar Arbeiten im Freien verrichtet hatte, trocknete sich gerade mit einem Handtuch ab, da stand Matti in der Wagentür. Sein Gesicht war ernst und schwermütig, aber nichts anderes hatte Britta ja erwartet. Sie schlang das Handtuch um ihren bloßen Körper, breitete die Arme aus und rief: »Mannomann, wie habe ich darauf gewartet, dich zu sehen!« Sie zog den patschnassen Matti an sich, machte an seiner Brust »brh« und »huah« und wollte ihn trotzdem gar nicht mehr freigeben.
    Matti nahm es mit einem traurigen Lächeln hin. Schließlich bat er Britta, mit dem Daumen zum wassertriefenden Rucksack auf seinem Rücken deutend, »ist gut, ist ja gut, laß mich doch erstmal das Ding hier abwerfen«.
    Sie trat lachend und eifrig nickend zurück, und er streifte den Rucksack ab.
    Gerade jetzt läutete Devantier seine Glocke. Britta warf den Kopf in den Nacken und rollte mit den Augen: »O weh, Matti, kaum bist du da, schon muß ich los, was ist das nur für eine grausame Welt!« Und abermals lachte sie. Und während sie lachte, sprang sie schon zu dem aus unbehandelten Spanholzplatten gezimmerten Spind neben ihrem Bett und riß die rote Uniform mit den goldenen Kordeln vom Bügel, in der sie sich nun gleich am Eingang würde postieren müssen. Sie hatte sich ja, durch Matti aufgehalten, noch nicht in Schale werfen können, sie schlüpfte in ihre Kleidung und schlug Matti vor, »am besten, du gehst erstmal zum Zeltplatz und ziehst deinen Palast hoch«, sie schaute in den rahmenlosen Spiegel, der an der linken oberen Ecke gesplittert war, ordnete fix ihre Haare, setzte sich die zur Uniform gehörende rote Kappe auf und hatte dabei zugleich Matti im Blick, rief ihm zu, »wir sehen uns alle bei der Abendvorstellung, Erik weiß Bescheid, ihr sitzt beide zusammen, eure Karten sind«, sie drehte sich um die eigene Achse, »wo sind sie denn – ach da«, sie stürzte zum Spind, an dessen Seitenwand sie die Karten mit einer Reißzwecke gepinnt hatte, und zog sie mit einem heftigen Ruck ab, so daß sie einen langen Riß bekamen und wie schon entwertet aussahen, sie küßte Matti auf seine nasse Wange – und schon war sie fort. Matti blieb nichts, als ihrem Schweif nachzuschauen.
    Er lag dann den ganzen Tag in seinem kleinen polnischen Bergzelt, wegen des Regens, der unaufhörlich pladderte, aber viel mehr noch, weil er sich endlich wieder dem süßen Traum hingeben konnte, Karin Werth schmiege sich an ihn, sei neben, auf, unter ihm.
    Darüber, und über nichts anderem, wurde es Abend. Die Vorstellung rief. Von finsteren Gedanken geplagt, machte sich Matti auf den Weg zurück zum Zirkus, denn da er sich nun einmal hatte herlocken lassen, würde er gleich unweigerlich seinem Bruder begegnen, und darauf legte er nicht den geringsten Wert; nein, die kommenden Stunden würden ihm keine Freude bereiten, sie mußten Britta zuliebe einfach nur überstanden werden, so stapfte er voran, den Blick auf den Boden geheftet, nirgenwohin richtig schauend, nichts richtig sehend. Er erkannte noch nicht einmal das Chapiteau, das sich vor ihm erhob und aus der Distanz einem Ufo glich: Rund, glatt, metallisch glänzend und majestätisch erleuchtet, wie gerade von einem fernen, fröhlichen Stern heruntergeschwebt, lag es im dunklen Morast. Und wimmelnde Menschen, zum Staunen bereite Erdlinge, drängten sich auch schon am Eingang.
    Im Gewühle reckte er den Hals, um Erik zu finden. Da tippte ihm jemand auf die Schulter. Er fuhr herum und sah unmittelbar vor sich lächelnde, leicht zitternde Lippen. Erik beugte sich vor, wollte er den Bruder umarmen? Er hielt erst einmal inne und versuchte, Mattis Reaktion zu erahnen. Als er merkte, Matti würde ihm nicht entgegenkommen, unterließ er jede Berührung. Keiner

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