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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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die staubige Glühbirne, über die sie keinen Schirm gestülpt hatten, der ockerfarbene Ofen mit den abgeplatzten Kanten und dem verbeulten Aschekasten, alles das beruhigte ihn und putschte ihn zugleich auf, gab ihm die Legitimation, es mit Veronika zu treiben, auf eine durchaus wüste Weise, die ihm früher nur vage bekannt gewesen war und die er jetzt und hier doch als so natürlich und zwangsläufig empfand, daß er sich fragte, wieso er nicht früher darauf gekommen sei.
    Am Anfang schliefen sie miteinander auf zwei bloßen Matratzen. Dann erstand Willy in der Baustoffversorgung zwei Türen, kaufte noch ein paar Winkel und Scharniere hinzu und baute daraus ein Bett. Welches sie, als einziges Möbel, in den großen Raum stellten. Es sollte kein Thron sein, nichts, was sie um des banalen Hervorhebens willen schufen; es war, und auch darüber sprachen sie nicht, auch darüber herrschte ein wortloses Einverständnis, eine Basis, die ihnen immer neue Möglichkeiten bot wie spielenden Kindern das Klettergerüst. Zum Beispiel konnte es vorkommen, daß Veronika, die Arme nach vorn gestreckt, an dem Bettpodest kniete und Willy von hinten in sie drang und sie stoßweise hochschob, so hart, daß es ihr weh getan hätte, wenn sie nicht gefolgt beziehungsweise ihm vorausgekrochen wäre, aufs Podest hinauf, aber sie folgte ja, sie kroch, ganz freiwillig, immer nur so weit, daß er sie noch spüren konnte, deutlicher wollte er sie spüren, fester, enger, so daß er »Halt!« schrie und »Komm her! Komm her!« und sie mit seinen Händen zurückriß, und wieder vor, und zurück, und ihr, mit ihrer großartigen Hilfe, auch noch den letzten Widerstand austrieb. Oder Veronika begann unten auf den Dielen, und Willy lag oben auf dem Bett, wo sie als erstes ihre Haare, das waren schulterlange, gelockte, schwarze Haare, über sein Gesicht streichen ließ, und darauf dann ihre Brüste, die Willy mit harter Zunge leckte, sie strafften sich auf eine ihn beeindruckende Weise, wie sich überhaupt die ganze Veronika straffte, sie stellte triumphierend, sich ihrer Wirkung und ihrer Wünsche bewußt, einen Fuß aufs Bett, knapp neben sein Ohr, sie senkte stetig ihren Spalt und verschloß ihm damit den Mund, aber nur kurz, dann bekam Willy seine Zunge wieder heraus. Veronika ließ ihn gewähren, eine kleine Weile, bis sie abrupt und fast herzlos ihren Leib hob. Sie stach mit gestreckten Fingern gegen sein Kinn und drückte sich, kalkweiße Abdrücke hinterlassend, ruckartig von dort weg, fiebrig zog es sie weiter auf Willy, runter, sie umschloß seinen Penis mit der Hand und preßte ihn, daß er eine blutvolle Farbe bekam und eine hirnförmig sich wölbende Eichel, dann führte sie ihn sich ein und ließ sich, die Hand immer noch ein höllisch enger Ring, stoßen … jawohl, genau so war das mit diesen beiden Ausgebüxten.
    *
    Immer hatte Willy es eilig, nach Sitzungsende aus der Parteiverlagsverwaltung in Richtung Dunckerstraße zu verschwinden, aber an diesem Dienstag wurde er aufgehalten.
    »Auf einen Kaffee«, winkte Zeiller ihm, »ich muß noch was mit dir besprechen.« Er wartete, bis Willys Kollegen aus den anderen Parteidruckereien den Raum verlassen hatten, und begann das Gespräch mit den Worten, er habe Willy eine Planänderung mitzuteilen.
    »Wieder mal«, stöhnte Willy.
    Zeiller wischte mit der Hand durch die Luft: »Du wirst staunen, was für eine es diesmal ist.« Er schenkte sich aus der weißen Kanne, auf deren Bauch das schmale, rechteckige Parteiverwaltungszeichen geklebt war, einen Kaffee ein, und diesen Vorgang zog er, mit bedeutender Miene, so in die Länge, daß Willy ungeduldig mit seinem Zeigefinger auf den Tisch zu tippen begann.
    »Auch einen?«
    Willy schüttelte ungeduldig den Kopf: »Ein Gewese machst du heute …«
    »Gewese …«, lachte Zeiller, »ja was ein anständiger Kerl ist, der will immer gleich zur Sache kommen«, er ließ eine Faust auf den Tisch fallen, so daß ein wenig Kaffee über den Tassenrand schwappte und sich auf der Untertasse sammelte, »immer gleich druff und ran und rin.«
    Zeillers übliche Art zu reden, und doch fragte sich Willy, ob das eine Anspielung auf ihn und Veronika war, ein versteckter Hinweis darauf, daß Zeiller genau wußte, wohin es ihn jetzt in Wahrheit drängte … aber nein, sagte er sich dann, Zeiller redete immer Klartext, er lockte in keinen Hinterhalt, er war verläßlich in seiner Rabiatheit.
    »Und du hast ja recht«, straffte sich Zeiller, »zur Sache: Du wirst ab

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