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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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1. Januar für ›Westenend‹ drucken, und du wirst dafür so viele andere Aufträge rausschmeißen, wie nötig ist. Bei diesem Rausschmeißen hast du freie Hand und, wenn nötig, meine volle Unterstützung.«
    »Ich verstehe dich richtig«, gab Willy zurück, »du sprichst von dem ›Westenend-Verlag‹?« Er wußte jetzt, Zeillers bedeutsame Miene war keineswegs gespielt.
    Zeiller nickte: »Wir haben drüben auf der Messe gerade den Vertrag gemacht. War ein hartes Stück Arbeit. Andere westdeutsche Verlage gehen mittlerweile nach Thailand, aber unser Glück war, daß Overdamm dort nicht hin will. Sei ihm zu warm und zu feucht da unten, sagt er, außerdem bevorzuge er es, wenn seine Partner Deutsch sprächen. So kamen wir ins Spiel …«
    »Was bedeutet, wir spielen in einer Preisklasse mit Thailand«, warf Willy ein. Zwar war ihm diese Tatsache, allgemein gesehen, durchaus bekannt gewesen, doch jetzt, da sie einen recht speziellen Charakter bekommen hatte, schien sie ihn zu enttäuschen und zu verletzen. Müde, aber auch ein wenig bissig, fügte er hinzu: »Wir sind jetzt offensichtlich der Druck-Hinterhof für diese Leute …«
    »Hinterhof«, rief Zeiller, »daß ich nicht lache! Du nimmst Devisen ohne Ende ein, anderthalb Millionen Valutamark, falls du’s genau wissen willst, also hör auf, Unsinn zu erzählen! Noch einmal, es ist eine ehrenwerte Kooperation, die drucken für ihre Verhältnisse billig ihre Bücher, wir kriegen für unsere Verhältnisse einen Haufen Kohle, alle haben was davon.«
    »Alle …« wiederholte Willy, und abermals lagen Müdigkeit und Unmut in seiner Stimme.
    »Alle«, bekräftigte Zeiller.
    »Siggi, wieviel bleibt von den Devisen bei mir? Ich wäre der erste, dem was von denen bliebe, der erste, der mit dem arbeiten dürfte, was er erwirtschaftet hat. Sag’s mir. Wieviel?« Willy streckte seinen Arm aus und drehte die Hand um, als fordere er Zeiller auf, jetzt gleich da was hineinzulegen.
    Zeiller ignorierte die Hand. Er zog langsam seine Untertasse hervor und kippte den verschütteten Kaffee in die Tasse zurück. Dann sagte er so leise, daß er kaum zu verstehen war: »Willy, ein paar ernste Worte über deinen Defätismus, grundsätzliche Worte. Paß auf, ich mag dich, denn noch einmal, du bist ein Kerl, du hast meinen Respekt, und den«, Zeiller lachte geringschätzig auf, »haben nicht viele. Und deshalb, Willy, ließ ich dir zuletzt schon mehr durchgehen als jedem anderen. Mehr als gut ist. Ich bin auch jetzt durchaus bereit, dich noch an ein paar wesentliche Punkte zu erinnern, also: Wie bist du an deine MAN gekommen? Die hast du nicht selbst gekauft, oder? Die wurden dir alle bereitgestellt. Und erst die Elektronik für den Lichtsatz, Willy, natürlich kennst du das Wort Embargo und weißt, was dahintersteckt, dir leuchtet ein, daß der Westen uns damit behindern will, darüber brauchen wir nicht zu reden, aber, Willy, ist dir auch bewußt, ich meine, wirklich bewußt, was das für uns bedeutet, ich meine, praktisch gesehen? Wieviel Kopfstände nötig waren, um an das Zeug heranzukommen, das jetzt in deinen Hallen steht? Geheimverhandlungen, Gewährsmänner, Drittländer, ideenreiche Etikettierung, sage ich nur. Viele haben Kopf und Kragen riskiert, damit du drucken kannst, viele haben dir ermöglicht, überhaupt erst in die angenehme Lage zu kommen, in der du jetzt bist und in der du für ›Westenend‹ tätig werden darfst, ich sage mit Bedacht darfst . Denn auch daran möchte ich dich erinnern: daß ›Westenend‹ alles andere als ein Schundverlag ist, für den man sich schämen müßte. ›Westenend‹ ist im Gegenteil ein ausgesucht gediegenes Haus, oder schätzt du das anders ein? Gut, sind wir uns einig. Du hast ja durchaus auch schon hervorragende Erfahrungen mit Overdamm gemacht, nicht wahr, hast für ihn, nein, von ihm und für unsere Leser diese oder jene Lizenz gedruckt. Und jetzt – jetzt wird im Impressum seiner Bücher stehen: ›Aufbruch Gerberstedt‹. Und was ist das, was bedeutet das? Eine Ehre ist es. Wir würden das offiziell natürlich nie so formulieren; es ist auch nicht das Maßgebliche, maßgeblich sind die Einnahmen. So, Willy, ich gehe davon aus, du hast nach meinem kleinen Vortrag keine Einwände mehr gegen das übliche Verfahren, erwirtschaftete Devisen vollumfänglich zurück in den großen Topf fließen zu lassen, aus dem, ich verweise noch einmal darauf, gerade dir schon vieles Nützliche ausgeschüttet wurde. Sollten aber«, unvermittelt

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