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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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spätestens 15 Minuten haben Sie abgelegt. Und Sie sind natürlich so klug, unsere kleine Begegnung für sich zu behalten und eine Wiederholung auszuschließen.«
    Matti deutete ein Nicken an. Aber plötzlich fiel ihm ein, daß die »Barby« womöglich manövrierunfähig war. Er sagte, sie müßten eventuell noch an ihrem Halteplatz bleiben, bis sie abgeschleppt würden.
    Der Schmale überlegte kurz, dann befahl er: »In diesem Fall verlassen Sie Ihr Schiff nicht und sorgen auch dafür, daß keiner Ihrer Männer es verläßt.«
    Wieder deutete Matti ein Nicken nur an. Die Abneigung dem Schmalen gegenüber stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Wollen Sie das klar und deutlich bestätigen?«
    Er preßte ein »Ja« hervor.
    Daraufhin wurde ihm die Ente übergeben. Der Schmale blieb reglos, und Matti wandte sich um und ging zurück in Richtung Havel. Solange er im Wald war, fühlte er sich wie betäubt. Die Ente in seiner Hand hatte zwar ein Gewicht und eine Restwärme, erschien ihm aber trotzdem wie etwas Immaterielles. Er nahm auch nicht wahr, wie er auf Zweige und Kienäpfel trat. Erst nachdem er, als wäre es nichts, und als wäre er keiner, über das Bächlein gesprungen war, das die Wiese teilte, genauer, als er unglücklich aufkam und einen Schmerz im Knöchel spürte, fiel das Taube von ihm ab.
    Auf der »Barby« wartete man schon auf ihn. Peter Schott, Lehrling Zehner und sogar Maschinist Klopsteg standen ungeduldig an der Reling. »Wo haste denn so lange jesteckt?« fragte Peter. »In der Zeit habick ja ne janze Flotte untersucht!« Er klang ein wenig besorgt, vor allem aber aufgeräumt, und Matti schlußfolgerte erleichtert, er habe bei seinem Tauchgang nichts Schlimmes entdeckt.
    Stärker humpelnd, als der gelinde Schmerz in seinem Fuß es ihm eigentlich vorgab, trat Matti auf Peter Schott zu und erklärte, er sei umgeknickt, deshalb habe er länger gebraucht. Woraufhin Peter ihn prüfend anschaute, aber nichts sagte.
    »Und du? Was gefunden?«
    »Nüscht außer paar Schrammen.«
    »Na Gott sei Dank. Dann legen wir sofort ab. Wir haben schon genug Zeit verloren.«
    Abermals erntete Matti prüfende Blicke, und er rief: »Was guckst du so? Komm schon, sag Zehner, er soll die Leinen losmachen!«
    Sie fuhren davon. Sie hatten aber keine hundert Meter zurückgelegt, als Peter bei Matti im Steuerhaus aufkreuzte, sich schräg vor ihm aufbaute und fragte: »Und watt is wirklich passiert?«
    »Was soll passiert sein?« fragte Matti, unverändert auf den Fluß schauend.
    »Ditt sollste mir ja sagen. Du siehst aus wien Bäcker, der mit seim Jesicht ins Mehl jefallen is, so bleich biste. Außerdem haste eben ne janz piepsije Stimme jehabt.«
    Matti fühlte sich ertappt, vor allem aber dachte er erzürnt: Was lasse ich mich immer noch einschüchtern von dem Schmalen. Erkenne die Lage, Matti, zähle deine Bestände und rechne mit seinen Defiziten. Er ist doch viel mehr in der Bredouille als du. Er treibt was in dem Wald, das unbedingt geheim bleiben soll, und er muß von nun an immer damit rechnen, daß du darüber plauderst. Er kann dich doch gar nicht daran hindern. Wenn du erstmal geplaudert hast, bist du sogar sicherer als zuvor, denn dann weiß ja noch jemand Bescheid: Der schützt dich fortan durch sein Wissen. Und wer, bittesehr, wäre geeigneter, alles zu erfahren, als Peter, der immer so hemdsärmelig daherkommt und trotzdem ein Gespür dafür hat, wenn’s einem mal nicht gutgeht, als dein Freund Peter, auf den Verlaß ist, sobald’s eng wird.
    Und so erzählte Matti, was im Wald geschehen war, alles von A bis Z. Lediglich die unheilvollen Vergleiche mit seinem Buchtext, die ihm durch den Kopf geschwirrt waren, sparte er aus, denn es genügte, daß Britta von seinem Projekt wußte. Aber auch so dauerte sein Bericht an die zwanzig Minuten.
    »Das klingt wie eine Jeschichte aus einer andern Welt«, erklärte Peter. Es war das erste Mal, daß Matti ihn nicht hemmungslos berlinern hörte, und eben weil Peter kaum berlinerte, bekamen seine recht banalen Worte etwas Getragenes.
    »Es ist aber unsere Welt«, erwiderte Matti. »Offensichtlich passieren in ihr ein paar Dinge, die wir uns gar nicht vorstellen können.«
    »Ick stelle mir jetzt schon was vor«, sagte Peter bedeutungsvoll, »aber ick traue mich kaum zu sagen, woran mich deine Beschreibung erinnert.«
    »Woran?«
    »Wir haben Stacheldraht, ja? Wir haben scharfe Bewachung. Wir haben Waggons oder Baracken. Vielleicht haben wir sogar beides, du hattest ja kein

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