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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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richtijen Einblick. Du warst auch nich in der Nacht da. Vielleicht hätte man dich in der Nacht gleich mit Suchscheinwerfern erfaßt, und Hunde wären auf dich gehetzt worden. Wie auch immer. Alles in allem ergibt sich nach deiner Erzählung bei mir – das Bild eines KZ.«
    »Was?« entfuhr es Matti.
    »KZ«, bestätigte Peter Schott.
    Matti schnappte nach Luft. »Peter, du weißt, ich bin nicht gerade einverstanden mit den Verhältnissen hier, ich kriege schon schlechte Laune, wenn ich bloß daran denke, wie zäh alles ist. Aber ein KZ, ich bitte dich! Was für ein abstruser Gedanke!«
    »Ick habe auch nur gesagt, daß mir, wie du so erzählt hast, das Bild eines KZ im Kopf herumgeschwebt ist. Ick habe nich gesagt, daß es sich um ein KZ handelt.«
    »Also kein KZ«, brummte Matti. »Aber was ist es dann?«
    Beide schwiegen. Nach einigen Sekunden sagte Peter grienend: »Vielleicht ein besonders abjeschottetet Trainingslager für den BFC?«
    Matti schüttelte genervt den Kopf, worauf Peter beschwichtigte: »Schon jut, schon jut. Ick weiß doch auch nich.«
    Beide rätselten dann noch eine Weile hin und her und warfen sich diese und jene Erklärung zu, aber sie hatten dabei partout nicht das Gefühl, der Wahrheit näher zu kommen.

Grenze und Pendel
    Auf jenen glühenden Sommer folgte ein strenger Winter. Die Felsen, die da und dort an der Saale Wacht standen, waren mit weißen Schuppen überzogen. Zwischen ihnen wanden sich Eisschlangen. Schien die Sonne, sengten unzählige weiße, im Boden steckende Splitter den Menschen die purpurne Netzhaut. In Gerberstedt lag über Wochen ein Schnee, der unter den Stiefeltritten schnurbste, es hörte sich an, als bissen die Fußgänger fortwährend in Rüben oder Kohl.
    Drinnen im Haus an der Schorba feierte die vollzählig versammelte Familie Willys Geburtstag. Bei Kaffee und Kuchen saß man; und mochte dabei, wie sich’s geziemt, auch Willy die Hauptperson gewesen sein, so versuchte doch Ruth, sich durch die eine oder andere wie beiläufig gestellte Frage verstärkt Carla zu widmen, denn ihre Schwiegertochter, die hatte einen gewölbten Bauch, die sollte möglichst viel Zuwendung erfahren.
    Jetzt gerade wollte die gute Ruth wissen, was Carla in dieser Jahreszeit eigentlich so schreibe als Landwirtschaftsredakteurin, es gäbe, soweit sie das übersehe, gar keinen Stoff, auf den Feldern tummelten sich ja bloß die Krähen.
    Na, als Wirtschaftsredaktionsmitglied beschäftige sie sich im Winter eben mehr mit Themen aus dem Bereich Industrie.
    Zum Beispiel?
    Zum Beispiel sei sie vor kurzem im Kraftwerk Klingenberg gewesen, einen ganzen Tag lang, und habe sich angesehen, wie in der klirrenden Kälte die Versorgung der Bevölkerung mit Wärme gewährleistet werde.
    Während ihrer Erklärung konzentrierte sich Matti auf die herrliche Käsetorte mit Schokodecke und Mandelsplittern drauf, die Ruth gebacken hatte; er machte den Eindruck, als höre er gar nicht recht hin. Erik aber, der seine Blicke über die Runde schweifen ließ, erkannte gleich, daß es heftig in seinem Bruder arbeitete: Dieser Matti kaute doch viel zu langsam, und viel zu fest biß er in die sahnigen Happen, beinahe Pudding war das hier schon, und er kaute, als wär’s hartes Brot.
    »Ja das ist bestimmt schwierig für die Arbeiter dort«, sagte Ruth. Sie interessierte sich in dieser Sekunde herzlich wenig für die Arbeiter und mehr dafür, daß Carla eine Bestätigung bekam und noch ein bißchen weitererzählen konnte.
    Carla griff die Vorlage bereitwillig auf: »Richtig, der elende Kohlestaub, der dort überall in der Luft liegt, und dazu der Frost, mir blieb fast der Atem weg. Am liebsten hätte ich mir ein Tuch vor den Mund gebunden.«
    »Hast du aber nicht geschrieben, oder«, murmelte Matti, mit der Gabel in die Reste seines Tortenstückes piekend.
    »Wie?« fragte Carla irritiert.
    Matti wandte den Blick von der Torte, schaute seine Schwägerin an und sagte klar und deutlich: »Das hast du aber nicht geschrieben, was?«
    Carla, immer noch irritiert: »So was gehört auch nicht in so einen Bericht, da geht es doch um ganz andere Dinge.«
    »Wieso gehört es da nicht hinein?« Matti fragte es mit genau der gespielten Blauäugigkeit, hinter der eine ordentliche Portion Angriffslust steckt.
    Die Lage begann brenzlig zu werden für seine Carla, das spürte Erik, so warf er schnell ein: »Ich finde, eigentlich ist es müßig, darüber zu debattieren, wenn du den Bericht doch gar nicht gelesen hast.«
    »Wer sagt

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