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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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distinguiert die linke Augenbraue hoch: Welcher dieser Meinungen er sich anschlösse?
    Das werde sie schon sehen. Sie möge sich überraschen lassen. Vor allem aber möge sie hinnemachen und sich in Schale werfen, denn er habe, nicht ohne Mühe übrigens, bestellt und wolle nicht zu spät kommen.
    Da machte Catherine hinne. Wenig später erschien sie in einem blütenweißen gänsefederleichten Kleid. Es war ärmellos. Sie strich darüber, als müsse sie es glätten, dabei saß es perfekt. Und ihren Kopf senkte sie währenddessen, und die goldfarbenen aneinandergereihten Blättchen und Stäbchen, die sie sich an die Ohren gehängt hatte, klimperten leise und streiften ihre hochgezogenen Schultern. Als sie, »na denn« sagend, auch noch nahe an ihm vorüberstolzierte in Richtung Tür und ihn eine Brise ihres Parfüms streifte, war es um Matti geschehen. Er faßte sie von hinten am Handgelenk, riß sie herum und knurrte: »Ich will dich bumsen.«
    Das sei ein Jargon, der ihr gerade recht unpassend erscheine, wie überhaupt sein Begehren. Dürfe sie ihn daran erinnern, daß er pünktlich sein wolle?
    Catherine schaute ihn herablassend an, aber nicht nur herablassend, denn sie war ja keine ausgebildete Schauspielerin, eine ausgebildete Ärztin war sie nun, und er knurrte noch einmal, ohne Worte diesmal, so untermauerte er spätere Ansprüche auf dieses Fleisch und diese Knochen.
    Dann gingen sie, ins Ermelerhaus, wie sich herausstellte. Ein befrackter Kellner führte sie auf einem roten Läufer die geschwungene Treppe hinauf in die obere Etage zu einem Zweiertisch. Mit einer wie gehauchten Verbeugung überreichte er ihnen die Speisekarte; dies war keine Unterwürfigkeit, und dies war keine Überheblichkeit, dies war gedämpfte Eleganz. Er machte auch nicht den Fehler, die ägyptische Göttin deutlich galanter zu behandeln als ihren Begleiter, er forderte diesen nicht heraus, und so empfand Matti nach einem Blick in die ausufernde Weinkarte keine Scheu, ihn um eine Empfehlung bei den Weißen zu bitten. Der Kellner antwortete, gerade hereingekommen sei der Kröver Nacktarsch.
    »Nacktarsch?« Matti verkniff sich ein Lachen, nickte kennerisch und auch schon genießerisch.
    Nachdem der Kellner davongeschwebt war, fragte Catherine: »Ist das trockener oder süßer?«
    Matti lächelte: »Laß dich überraschen, kann ich nur wieder sagen.«
    »Kannst du nur wieder sagen«, sagte Catherine.
    »Kann ich nur wieder sagen.«
    »Du weißt es auch nicht«, lächelte nun Catherine.
    Matti legte vielsagend seinen Kopf schief, so ging ihr langes Vorspiel weiter; er fühlte sich fremd in diesen Räumen, aber nicht unwohl, im Gegenteil, schwerelos erschien er sich selber, emporgehoben, durch das Haus oder durch Catherine, und als sie die Vorsuppe aßen, langte er plötzlich über den Tisch und fuhr Catherine mit der Löffelspitze über die Lippen. Sie erklärte dazu nichts und tat auch nichts, sie löffelte nicht weiter, und wie sie nichts sagte und nichts tat, und wie sie den Löffel in halber Höhe hielt, dieses Stilleben merkte er sich, inklusive des Errötens und schnellen Wegschauens einer älteren Dame schräg hinter ihr.
    Später erzählte Catherine in zum Saal passendem leisen Ton von ihrem Examen, dadurch bekam der geglückte Abschluß etwas richtig Weihevolles. Matti erklärte mit belegter Stimme, sie werde eine gute Ärztin sein. Sie fragte nicht, woher er das wissen wolle, sondern nickte, da fügte er hinzu, das liebe er an ihr, daß sie kein bißchen kokett sei, wenn es darauf ankäme. Und wieder fragte Catherine nichts, vor allem nichts in der Art, ob das etwa alles sei, was er an ihr liebe. Sie nickte nur wieder.
    Was den Nacktarsch anging, so erwies dieser sich erstens als relativ trocken und zweitens als sündhaft teuer. Er kostete 48 Mark, das mochte Matti nicht für sich behalten. »Rate mal, was der Wein kostet«, sagte er, auf die ihm sachtest hingelegte Rechnung tippend.
    »50 Mark?« fragte Catherine.
    Matti, verblüfft: »Fast getroffen, nur zwei Mark weniger, woher weißt du denn das?«
    »Ich wußte es gar nicht. Ich wollte nur eine Phantasiezahl nennen. Aber nun ist sie beinahe wahr! Ich möchte mal wissen, was so ein Nacktarsch im Westen kostet.«
    »Soll ich fragen?« fragte Matti ungeniert, und Catherine ermunterte ihn durch ein Nicken mit vorgeschobener Schnute; das trau dich mal, mochte es bedeuten. Aber als Matti dann zahlte, erkundigte er sich doch nicht, nie hatte er es ernsthaft vorgehabt, denn es verbot

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