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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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nach dem Ball wie Füchse nach dem Wild, jenau, allett janz wild, allett unberechenbar.« Er schaute kurz zu den Umstehenden und schloß mit den Worten: »Ick hoffe, dir damit ditt Problem, watt einklich jakeens is, von dir aber uffjeworfen wurde, verständlich jemacht zu haben.«
    Der Dialog war nun tatsächlich beendet, und außerdem begann die zweite Halbzeit.
    Blau schoß bald ein Tor, aber kurz vor dem Ende gelang Rot noch der Ausgleich, und Peter Schott und noch mancher andere fiel Matti jäh um den Hals, unnatürlich geweitete Augen streiften seine Wange, wild aufgerissene Münder seine Nase, eklig war das eigentlich, aber auch schön, wie er so vollgesabbert wurde, denn wann bekleckerten einen wildfremde Menschen schonmal mit purem Glück? Er hielt lächelnd still, er ließ sich überziehen damit.
    Und dann war dieser irre Schub vorbei und das Spiel auch, und sie gingen zurück in Richtung Bahnhof, wobei Peter Schott nicht versäumte, bei einem fliegenden Händler noch zwei Pils zu erwerben. Wie auf dem Hinweg leerte er seine Flasche im Nu, seine Kehle mußte die Aufnahmekapazität eines Fallrohres haben. Der einzige Unterschied zu vorhin bestand darin, daß er die Flasche munter auf dem Asphalt zerbersten ließ. Da viele andere es ebenso hielten, knirschte es bald bei jedem Schritt, den Peter und Matti taten. Manchmal mußten sie sich auch ducken, weil jemand beim Werfen die Orientierung verloren hatte, indes, selbst dieses Ausweichen schien Peter einen Heidenspaß zu machen.
    Matti nahm an, sein Freund werde sich am Bahnhof von ihm verabschieden, schließlich wohnte der hier um die Ecke, »kurze Wege zu Union« lautete ein, wenn nicht der oberste Grundsatz seiner Lebensführung.
    Aber Peter Schott stieg mit ihm wie selbstverständlich die Treppen hoch. Er schien sich sogar eins zu pfeifen. Matti fragte ihn, was das zu bedeuten habe.
    »Nüscht, ick bring dich noch bis Ostkreuz.« Er klang einerseits fürsorglich, andererseits erwartungsfroh.
    »Aber das brauchst du nicht.« Matti war etwas beleidigt. Hatte er denn irgendwelche Angst erkennen lassen, daß Peter Schott nun meinte, ihm Geleitschutz geben zu müssen?
    »Bezieh ditt manich uffdich, ick fahr nach Spielen einfach jerne S-Bahn, weeßte.«
    »Komisches Vergnügen«, sagte Matti, da waren sie schon oben angelangt, eine Bahn fuhr ein, und Peter Schott zog ihn, inmitten der sogleich drängelnden Massen, mit hartem Griff hinter sich her: »Los, rin da, keene falsche Bescheidenheit, ditt is unsrer!«
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Zug abfuhr, ständig drängte noch jemand nach, die Türen ließen sich partout nicht schließen. Drinnen klebte Matti mit Peter Schott und anderen Gestalten zusammen, als hätte jemand sie alle mit Duosan Rapid übergossen, keine Bewegung mehr möglich.
    Keine? Kaum war der Zug angefahren, begannen ein paar Männer zu stampfen, und dann noch ein paar, und dann alle, ein Rhythmus wurde geboren, aus dem Stampfen wurde ein Hüpfen, immer abwechselnd erst auf der einen Längsseite des Waggons und dann auf der anderen, hopp, und hopp, und hopp, der schaukelte schon bedrohlich, der Waggon, ein bißchen schräger noch, und er würde kippen, auch Matti neigte sich in der Menge mal hierhin und mal dahin, was blieb ihm anderes übrig, er wurde gebogen wie eine Gerte.
    Peter Schott schwitzte, strahlte und hüpfte, o ja, liebend gern fuhr er S-Bahn an Tagen wie diesen.
    Während der Einfahrt in den Bahnhof Wuhlheide ebbte das Schaukeln jedoch schnell ab, und der Zug hielt, als wäre drinnen nie was los gewesen; schon wieder eine Wendung, die Matti nicht recht verstand.
    Drei kurzhaarige Männer mit breiten Schultern drängten sich in den Waggon, durch jede Tür einer, da begriff er langsam was. »Arschlöcher«, zischte Peter Schott, seine Lippen waren das einzige, was er jetzt noch bewegte. Nie zuvor hatte Matti eine solche Ungeduld, und auch eine solche Feindseligkeit, in seinen Augen gesehen. Als aber einer der Eindringlinge prüfend in seine Richtung schaute, tat Peter schnell ganz unbefangen. Überhaupt grienten die Unioner sich jetzt Mut zu. War es eben noch mucksmäuschenstill gewesen, setzten nun erste Gespräche ein, Gespräche, wie sie in Strickzirkeln der Volkssolidarität hätten geführt werden können.
    An der nächsten Station, Karlshorst, stiegen die Kerle wieder aus, es hatte ja nicht direkt was zu tun gegeben für sie; und außerdem kamen noch weitere und vielleicht erst richtig wilde Züge nach.
    Die Türen

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