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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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hintergangen.«
    »Ideologische Pampe!«
    »Ich versuche nur, mich in ihn hineinzuversetzen und dich ein bißchen vorzubereiten …«
    Es klingelte, und Catherine ging öffnen.
    Peter Schott war das, wie schön, sie mochte ihn, und er mochte sie noch viel mehr, er pflegte sie zur Begrüßung lange zu umarmen, und da er Matti einmal offenherzig erklärt hatte, er täte sie »Tach und Nacht anbaggern, wennich eine äußerst unglückliche personelle Konzellation« ihm das verbieten würde, durfte er das auch.
    Jetzt strich er ihr aber nur kurz über den Arm: »Is Matti da?« Und schon steckte er seinen Kopf ins Wohnzimmer.
    »Wie ick deim Jesicht entnehme, brütest du ooch wegen Montach«, rief er, kaum daß er Matti erblickt hatte.
    »Wieso auch? Woher weißt du denn, daß ich am Montag …«
    »Du bist herrlich! Warum solltick ditt nich wissen? Hier, ditt habick grade bekomm.« Er reichte Matti ein Blatt Papier, und Matti las, daß alle Schiffer, die am Montag frei haben, und auch alle, die sich mit ihren Kähnen im Berliner S-Bahn-Bereich befinden würden, zu einer Versammlung erscheinen sollten, bei der es, nur diese Worte wiederholten sich, »um das nicht hinnehmbare Verhalten« des Kollegen Werchow ginge.
    »Hast du das gehört?« fragte Matti Catherine. »Spahner will eine öffentliche Versammlung! Ein Tribunal will er!«
    Catherine schüttelte sachte den Kopf. »Das glaube ich nicht … ich meine, ich glaube nicht, daß Spahner es will. Ohne ihn zu kennen: Denkt ihr, der kommt von allein auf so was? Denkt ihr, der ist von sich aus auf dieses Buch gestoßen, das es hier gar nicht gibt? Eher ist er doch darauf gestoßen worden, oder? Der handelt im Auftrag, das ist jedenfalls meine Meinung.«
    »In wessen Auftrag?« fragte Matti.
    »Wenn ich das wüßte. Es ist ja auch nur eine Vermutung.«
    »Egal, an unseren Argumenten von vorhin ändert das auch nichts«, sagte Matti.
    Peter Schott fragte, welche Argumente dies seien, aber Matti erwiderte, das wolle er jetzt nicht im einzelnen ausführen, das werde zu kompliziert, Peter werde am Montag schon sehen und hören.
    »Und wie sollick dir helfen, wennick nich weeß, watt deine Strategie und Taktik is?« fragte Peter Schott. »Watt denkste überhaupt, wozu ick hier anjerückt bin?«
    »Das ist schön, daß du da bist«, beeilte Matti sich zu versichern, »gerade jetzt, wo’s brenzlig zu werden scheint.«
    »Du hast mich nich janz verstanden, ick präzisiere und erweitere also: Wie sollick dir helfen, wennick noch nichma ditt jemeine Machwerk kenne, um welchett es sich bei der besagten Veranstaltung drehen wird? Da kiekste! Da kiekt mein Freund Matti«, wiederholte er, an Catherine gewandt. »Wir hatten nämlich neulich ne Diskussion über Freundschaft. Und danach«, er wandte sich wieder Matti zu, »hattick einklich jegloobt, ick kriege numa endlich dein Buch zu lesen. Aber nüscht. Hat der Herr Schriftsteller bis heute nich für nötig befunden.«
    Mattis Gesicht nahm die Farbe der Trikots des Fußballclubs Union an. »Ich dachte, es interessiert dich nicht. Du hast nie gefragt, und ich wollte dich nicht damit nerven.«
    »Hättste ma. Nur wennde mich nervst, binnick dir wichtig.«
    »Aber du bist mir wichtig!« rief Matti.
    Das war die Wahrheit und nichts als die Wahrheit – jetzt. Aber bis eben, das mußte er sich schon eingestehen, hatte er Peter Schott nicht richtig zu schätzen gewußt, jawohl, Peter hatte sich schon sehr weit entblättern müssen, damit Matti ihn endlich so ernst zu nehmen begann, wie er es verdiente.
    Matti stürzte aus dem Zimmer, kam mit einem Exemplar des Verschlossenen Kindes zurück. »Da«, sagte er betreten.
    »Dann werdick mir ditt ma rinziehn«, murmelte Peter Schott. Er schien nun seinerseits verlegen, er wischte mit der flachen Hand über das Buch, als sei es staubig, und Catherine fiel ihm schamlos um den Hals.
    Wenig später verabschiedeten sich die Männer mit eigentlich ganz lapidaren Worten. »Bis Montach!« – »Bis Montag!«
    *
    Der Versammlungssaal der Stromreederei in Stralau war von fahlem künstlichem Licht erfüllt. Eine der länglichen Leuchten flackerte und gab dabei knisternde Geräusche von sich, dazu brummte die unterhalb der Fenster befindliche, Staub aufwirbelnde Klimaanlage.
    In dem Saal saßen, um kahle Tische gruppiert, schätzungsweise 50 Männer. Natürlich hatte sich unter ihnen längst herumgesprochen, daß es Matti wegen irgendeines Buches an den Kragen gehen sollte. Einige waren eben schon auf ihn

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