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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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Staubaufwirbelungsanlage war zu hören.
    Matti fragte sich, was Langhammer wohl von ihm wolle. Vor allem aber dankte er ihm, das Eigentliche und Wesentliche benannt zu haben. Er selber hatte sich ja, um jenen wahrhaft gefährlichen Vorwurf zu entkräften, so mit den Einzelheiten des Gegenbeweises beschäftigen müssen, daß ihm die Hauptsache zeitweilig entfallen war.
    Mittlerweile waren alle Blicke auf Spahner gerichtet. Er fuhr sich ein paarmal über seinen halblichten Schopf und sagte dann mit fester Stimme, zu der allerdings sein fortwährendes Händeringen nicht passen wollte: »Das sind soeben Spekulationen gewesen, nichts als haarsträubende Spekulationen. Ich werde um so weniger Stellung dazu nehmen, als der Urheber es vorgezogen hat, den Saal zu verlassen. Vielleicht fürchtete er eine deutliche Antwort? Vielleicht wollte er einen heroischen Abgang? Wie auch immer, wir haben hier nicht weiter zu spekulieren, sondern etwas zu Ende zu verhandeln – beziehungsweise ich habe bestimmte Schlußfolgerungen zu ziehen. Daran führt kein Weg vorbei, auch nach der kritischen und offenen Diskussion nicht, zu der ich, nicht nur nebenbei bemerkt, uns alle beglückwünschen will. Genau solche konstruktiven Diskussionen sind heute und in Zukunft erforderlich. Genau solche Diskussionen künden von einer immer lebendiger werdenden sozialistischen Demokratie. In aller Ausführlichkeit sind hier also Für und Wider zur Sprache gekommen, mit dem Ergebnis, daß Aussage gegen Aussage steht. Wer will da richten? Ich für meinen Teil maße mir das nicht an. Weder werde ich behaupten, der Kollege Lingsohr habe sich geirrt, noch werde ich dem Kollegen Werchow vorwerfen, er habe seine Begründung erfunden. Wiederum könnte sie aber erfunden sein. Das ist beileibe nicht auszuschließen. Somit ist weiterhin möglich, daß der rechte Arm wegen einer verwerflichen Geisteshaltung und nicht wegen einer erheblichen Sonneneinstrahlung ausgestreckt wurde. Da es sich aber so verhält, wird der Kollege Werchow als Schiffsführer der ›Barby‹ abgesetzt und seinem bisherigen Steuermann Peter Schott unterstellt. Diese Regelung gilt ab sofort. Die Versammlung ist damit beendet.«
    Sogleich erhoben sich die ersten, doch für Peter Schott war noch nicht Schluß, Peter Schott rief: »Ick werde ditt nich annehm! Wie kommick denn dazu? Vielleicht frachta mich ma, oppick überhaupt will?«
    Ehe Spahner ihm antworten konnte, sprang aber Matti auf und erklärte ihm: »Peter, du willst! Nimm es als meine letzte Anweisung: Du machst das!« Dabei schaute er ihn sogar grimmig an.
    Peter Schott setzte sich verblüfft hin, alle anderen verließen murmelnd den Saal. Als dann auch Matti und Peter draußen waren, schalt Matti seinen Kompagnon: »Beinahe hättest du alles verdorben, überleg doch nur: Wenn nicht du es machst, dann setzen sie uns irgendeinen anderen vor die Nase. Und das wird keiner sein, mit dem wir klarkommen. Das wird einer sein, der uns beaufsichtigt und triezt – vielleicht sogar Lingsohr. Willst du das vielleicht?«
    »Watt fürne Frage! Watt fürne Sauerei ditt allett!«
    Es blieb Matti keine Zeit, darauf noch etwas zu sagen, denn nun kam schon Langhammer auf sie zu; Matti war es nicht unrecht, er wollte sich gleich einmal bedanken bei dem Alten.
    Langhammer schnitt ihm aber mit einer Handbewegung das Wort ab, griff in seine Tüte und holte das Verschlossene Kind hervor. Dazu hielt er ihm einen Kugelschreiber hin: »Schreib mir was rein.«
    »Das ist doch peinlich.« Matti verdrehte seinen Oberkörper und kam wieder in die Ausgangsstellung zurück, er griff aber auch jetzt nicht zu, sondern fragte: »Wo hast du das überhaupt so schnell her?«
    »Verwandtenbesuch.« Langhammer hielt ihm die Sachen weiterhin vor die Nase.
    Matti brachte, mehr durch die Nüstern als durch den Mund, einen Laut der Kapitulation hervor. Er nahm Buch und Kuli, trat ein wenig zur Seite, überlegte angestrengt, beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Spahner und Bröslein vorübergingen, überlegte weiter, denn natürlich wollte er sich was besonders Kluges ausdenken, er warf die Arme in die Höhe und erklärte: »So auf die Schnelle fällt mir gar nichts ein. Das ist ja schwerer als Romanschreiben!«
    Langhammer zuckte mit den Schultern; erzähle mir nichts, konnte das heißen, aber genausogut, da mußt du bitte nun auch noch durch.
    Endlich kritzelte er: »Mit Respekt vor deinen Alterserscheinungen – Matti«.
    *
    Wenige Tage darauf sollte er schon wieder die

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