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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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oder Abkürzungen, die er leicht als Konzertprogramme identifizieren konnte. ›Salz-D.G.‹, ›Wien, Maskenb.‹, ›Bonn, Moz. 40.‹, ›Lndn. Cosi‹. Andere waren offenbar privat, oder hatten jedenfalls nichts mit Musik zu tun: ›Von 8-17 Uhr‹, ›Erich & H. 20 Uhr‹, ›D.&G. Tee-Demel-16 Uhr‹.
    Ausgehend vom Todestag des Dirigenten, blätterte er systematisch drei Monate zurück. Er sah einen Terminkalender, der einen halb so alten Mann wie Wellauer geschafft hätte, eine Liste von Verabredungen, die immer dichter wurde, je weiter er zurückging. Als ihm das aufgefallen war, schlug er den August auf und las diesmal vorwärts; nun sah er das Muster andersherum, ein allmähliches Abnehmen der Zahl von Abendessen, Teeverabredungen und Mittagstreffs. Er nahm ein Blatt Papier aus einer der Schubladen und brachte das Muster rasch in eine Ordnung: private Verabredungen rechts, Musik links. Im August und September war, bis auf eine zweiwöchige Pause, in der so gut wie nichts notiert war, beinah für jeden Tag irgendein Termin eingetragen. Im Oktober wurde es dann weniger und gegen Ende des Monats waren so gut wie keine privaten Verabredungen mehr verzeichnet. Selbst die beruflichen Termine waren von mindestens zwei in der Woche auf einen oder zwei alle paar Wochen geschrumpft.
    Er blätterte nach vorn ins kommende Jahr, das Wellauer nicht erleben würde und fand Ende Januar eine Notiz: ›Lndn.-Cosi‹. Dabei fesselte ein kleines Zeichen hinter dem Namen der Oper Brunettis Aufmerksamkeit. War das ein Fragezeichen oder nur ein schludrig hin gekritzelter Akzent?
    Er nahm sich ein neues Blatt Papier und machte, beginnend im Oktober, eine zweite Liste der privaten Notizen. Am sechsten las er: ›Erich & H. 21 Uhr‹. Da er die beiden Namen schon kannte, war ihm klar, was das bedeutete. Am siebten: ›Erich 8 Uhr‹. Am fünfzehnten: ›Petra & Nicolai, 20 Uhr‹, dann nichts bis zum siebenundzwanzigsten, da stand: ›Erich 8 Uhr‹. Das schien eine merkwürdige Zeit, um sich mit einem Freund zu treffen. Der letzte Eintrag war zwei Tage vor der Abreise nach Venedig gemacht: ›Erich 9 Uhr‹.
    Das war alles, bis auf eine Notiz, die Brunetti sich auf der linken Seite seines Blattes unter dem dreizehnten November eintrug: ›Venedig-Trav‹.
    Er schlug den Terminkalender zu und steckte ihn wieder in den Umschlag, zusammen mit den Fotos und anderen Papieren. Dann faltete er die Blätter mit seinen Notizen zusammen und ging zurück in das Zimmer, in dem er mit Signora Wellauer gesprochen hatte. Sie saß noch immer vor dem offenen Kamin und rauchte.
    »Sind Sie fertig?«, fragte sie, als er eintrat.
    »Ja«, antwortete er. Und als er merkte, dass er die Blätter mit seinen Notizen noch in der Hand hielt, fuhr er fort: »Als ich mir den Terminkalender Ihres Mannes durchsah, fiel mir auf, dass er in den letzten Monaten weit weniger aktiv war als früher. Gab es dafür einen besonderen Grund?«
    Sie ließ sich einen Moment Zeit, bevor sie antwortete. »Helmut sagte, er sei müde, hätte nicht mehr die alte Energie. Wir trafen uns gelegentlich mit Freunden, allerdings nicht mehr so oft wie früher, wie Sie ganz richtig festgestellt haben. Aber er hat nicht alle unsere Verabredungen in seinen Terminkalender eingetragen.«
    »Das wusste ich nicht. Aber dieser Wandel interessiert mich. Sie haben das in unserem Gespräch gar nicht erwähnt.«
    »Sie erinnern sich vielleicht, Commissario, dass Sie mich nach der sexuellen Beziehung zu meinem Mann gefragt haben. Davon steht bedauerlicherweise nichts in dem Terminkalender.«
    »Mir fiel auf, dass der Name Erich häufig auftaucht.«
    »Und was soll Ihrer Meinung nach daran wichtig sein?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es wichtig ist, Signora; ich habe nur gesagt, dass der Name in den letzten Lebensmonaten Ihres Mannes häufig auftaucht. Meist in Verbindung mit dem Buchstaben ›H‹, aber auch allein.«
    »Ich sagte ja schon, dass nicht alle Verabredungen in dem Terminkalender stehen.«
    »Aber diese waren Ihrem Mann offenbar wichtig genug, um sie zu notieren. Darf ich fragen, wer Erich ist?«
    »Erich Steinbrunner. Er und seine Frau Hedwig sind Helmuts älteste Freunde.«
    »Aber Ihre nicht?«
    »Sie sind auch meine Freunde geworden, aber Helmut kannte sie seit mehr als vierzig Jahren und ich erst seit zwei, da ist es wohl einleuchtend, wenn ich sie eher als Helmuts älteste Freunde sehe und nicht als meine.«
    »Ich verstehe. Könnten Sie mir ihre Adresse geben?«
    »Ich sehe

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