Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
schon, ein Wunder sei geschehen und Dr. Steinbrunner habe auf Italienisch geantwortet. Stattdessen tönte auf Kosten der Stadt Venedig sanfte, fade Musik über die Alpen. Er gab ihr den Hörer zurück und sah zu, wie sie beim Warten mit der Hand den Takt schlug.
    Plötzlich drückte sie den Hörer fester ans Ohr und sagte etwas auf Deutsch. Nach einigen weiteren Sätzen erklärte sie Brunetti: »Seine Sekretärin verbindet gerade. Sie sagt, er spricht Englisch. Wollen Sie dann übernehmen?«
    Er nickte, nahm ihr den Hörer ab, bedeutete ihr aber, zu bleiben. »Warten wir ab, ob sein Englisch so gut ist wie Ihr Deutsch.«
    Bevor er seinen Satz noch beendet hatte, hörte er am anderen Ende eine tiefe Stimme sagen: »Hier ist Dr. Erich Steinbrunner, mit wem spreche ich bitte?«
    Brunetti stellte sich vor und signalisierte der Übersetzerin, dass sie gehen könne. Bevor sie das tat, beugte sie sich über seinen Schreibtisch und schob ihm Block und Bleistift hin.
    »Ja, Commissario, was kann ich für Sie tun?«
    »Ich untersuche den Tod von Maestro Wellauer und habe von seiner Witwe erfahren, dass Sie eng mit ihm befreundet waren.«
    »Ja, das stimmt. Meine Frau und ich waren viele Jahre mit ihm befreundet. Sein Tod hat uns beide tief getroffen.«
    »Das kann ich mir vorstellen, Doktor.«
    »Ich wollte zur Beerdigung kommen, aber meiner Frau geht es gesundheitlich nicht gut und ich wollte sie nicht allein lassen.«
    »Signora Wellauer wird dafür sicher Verständnis haben«, sagte er, überrascht, wie international Plattitüden waren.
    »Ich habe mit Elisabeth gesprochen«, sagte der Arzt. »Sie schien mir sehr gefasst.«
    Angestachelt durch irgendetwas an seinem Tonfall, sagte Brunetti: »Sie schien etwas... ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll... sie schien nicht ganz damit einverstanden, dass ich Sie anrufe, Doktor.« Und als er darauf keine Antwort bekam, fügte er hinzu. »Vielleicht ist es noch zu früh, als dass sie sich glücklicherer Zeiten erinnern möchte.«
    »Ja, das wäre möglich«, antwortete der Doktor trocken, ließ aber keinen Zweifel daran, dass er nicht so dachte.
    »Doktor, darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    »Aber sicher.«
    »Ich habe mir den Terminkalender des Maestros angesehen, dabei fiel mir auf, dass er Sie und Ihre Frau in den letzten Monaten seines Lebens regelmäßig getroffen hat.«
    »Ja, wir haben drei- oder viermal zusammen gegessen.«
    »Aber es gab auch andere Eintragungen, Doktor, nur Ihr Name und früh am Morgen. Die Tageszeit brachte mich darauf, dass es sich um einen offiziellen Besuch gehandelt haben könnte, mit anderen Worten, dass er Sie als Arzt aufgesucht hat und nicht als Freund.« Mit einiger Verzögerung fragte er: »Darf ich fragen, ob Sie ein...« er hielt inne, wollte den anderen nicht kränken, indem er fragte, ob er praktischer Arzt sei und meinte schließlich: »Tut mir leid, ich habe den englischen Ausdruck vergessen. Könnten Sie mir Ihr Spezialgebiet nennen?«
    »Hals-Nasen-Ohren. Aber besonders Hals. So habe ich Helmut vor Jahren kennen gelernt. Vor vielen Jahren.« Seine Stimme klang wärmer, als er das sagte. »Ich bin hier in Deutschland als der ›Sängerdoktor‹ bekannt.« Überraschte es ihn, das tatsächlich jemandem erklären zu müssen?
    »Hat er Sie aufgesucht, weil einer seiner Sänger Sie brauchte? Oder hatte er Schwierigkeiten mit der Stimme?«
    »Nein, sein Hals beziehungsweise seine Stimme war völlig in Ordnung. Einmal bat er mich zum Frühstück und wollte mit mir über eine Sängerin sprechen.«
    »Und danach, Doktor? Es waren noch weitere Morgentermine in seinem Kalender eingetragen.«
    »Ja, er war zweimal bei mir. Das erste Mal sollte ich ihn untersuchen. Und eine Woche später habe ich ihm die Ergebnisse mitgeteilt.«
    »Würden Sie mir diese Ergebnisse sagen?«
    »Bevor ich das tue, hätte ich gern gewusst, warum Sie das für wichtig halten.«
    »Es hat den Anschein, als ob irgendetwas den Maestro sehr beschäftigt oder besorgt gemacht hätte. Das habe ich aus Gesprächen mit Leuten hier erfahren. Deshalb versuche ich herauszufinden, was es gewesen sein könnte - alles, was seinen Gemütszustand beeinflusst haben könnte.«
    »Es tut mir leid, aber ich verstehe nicht recht, was das damit zu tun haben könnte«, sagte der Doktor.
    »Wissen Sie, ich versuche so viel wie möglich über seinen Gesundheitszustand zu erfahren. Denken Sie bitte daran, dass mir jeder Hinweis helfen könnte, den an seinem Tod Schuldigen zu

Weitere Kostenlose Bücher