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Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Brunetti ganz legitim von dem Fall abziehen.
    »Sie haben wahrscheinlich recht, Vice-Questore«, räumte Brunetti ein, »aber wir können es uns derzeit nicht leisten, in der Presse den Eindruck entstehen zu lassen, wir hätten in diesem Fall nicht jede mögliche Spur verfolgt.«
    Wie ein Stier beim leisesten Flattern der capa, so reagierte Patta bei diesem Hinweis auf die Medien. »Was schlagen Sie dann vor?«
    »Ich meine, wir sollten natürlich alle Bemühungen auf die Transvestitenszene in Mestre konzentrieren, aber ich denke, daß wir die Möglichkeit einer Verquickung mit der Bank wenigstens ins Auge fassen sollten, auch wenn wir beide wissen, wie abwegig sie ist.«
    Beinah würdevoll sagte Patta: »So wirklichkeitsfremd bin ich noch nicht, Commissario. Wenn Sie dieser Idee nachgehen wollen, daß es womöglich eine Verbindung zwischen der Bank und seinem Tod gibt, dann steht Ihnen das frei, aber ich möchte, daß Sie dabei bedenken, mit wem Sie es zu tun haben, und die Leute entsprechend ihrer Position mit dem nötigen Respekt behandeln.«
    »Gewiß, Vice-Questore.«
    »Dann überlasse ich es also Ihnen, aber unternehmen Sie bitte im Zusammenhang mit der Bank nichts, ohne sich vorher mit mir zu besprechen.«
    »Ja, gut. Ist das dann alles?«
    »Ja.«
    Brunetti stand auf, rückte den Stuhl an den Schreibtisch und verließ Pattas Büro ohne ein weiteres Wort. Draußen war Signorina Elettra damit beschäftigt, einen Ordner durchzublättern.
    »Signorina«, fing er an, »haben Sie in diesen Finanzangelegenheiten schon etwas herausbekommen können?«
    »Wessen?« fragte sie mit einem leichten Lächeln.
    »Wie bitte?« Brunetti verstand gar nichts.
    »Die von Avvocato Santomauro oder Signor Burrasca?«
    Brunetti war so sehr mit seinen Ermittlungen um den Tod Mascaris beschäftigt, daß er den Filmproduzenten ganz vergessen hatte, über den Signorina Elettra ja ebenfalls Erkundigungen einholen sollte.
    »Ach, Burrasca hatte ich ganz vergessen«, gestand er. Da sie dessen Namen erwähnt hatte, nahm er an, daß sie von ihm zuerst reden wollte. »Was haben Sie denn über ihn herausgefunden?«
    Sie legte den Ordner auf die Seite und sah Brunetti an, als ob seine Frage sie überraschte. »Daß seine Wohnung in Mailand zum Verkauf angeboten wird, daß er mit seinen drei letzten Filmen Verluste gemacht hat und daß die Villa in Monaco bereits von seinen Gläubigern übernommen wurde.« Sie lächelte. »Wollen Sie noch mehr?«
    Brunetti nickte. Wie um alles in der Welt machte sie das nur?
    »In den USA ist Klage gegen ihn erhoben worden, denn dort gibt es ein Gesetz gegen die Mitwirkung von Kindern in Pornofilmen. Außerdem hat die Polizei in Monaco alle Kopien seines letzten Films konfisziert; warum, kann ich leider nicht herausfinden.«
    »Und seine Steuern? Sind das Kopien seiner Steuererklärungen, was Sie da eben durchgesehen haben?«
    »Aber nein«, versetzte sie ungehalten. »Sie wissen doch, wie schwierig es ist, von Finanzbeamten Informationen zu bekommen.« Sie hielt inne und fügte nicht ganz unerwartet hinzu: »Es sei denn, man kennt jemanden, der dort arbeitet. Ich kriege sie nicht vor morgen.«
    »Und dann geben Sie alles an den Vice-Questore weiter?«
    Signora Elettra bedachte ihn mit einem grimmigen Blick. »Nein, Commissario. Damit werde ich noch mindestens ein paar Tage warten.«
    »Meinen Sie das ernst?«
    »Ich scherze nicht über den Vice-Questore.«
    »Aber warum wollen Sie ihn warten lassen?«
    »Warum nicht?«
    Brunetti überlegte, wie viele kleine Kränkungen Patta der jungen Frau im Lauf der letzten Woche zugefügt haben mußte, daß er es so bald schon auf diese Weise heimgezahlt bekam. »Und was ist mit Santomauro?« fragte er.
    »Ah, der Avvocato ist ein völlig anderer Fall. Seine Finanzen könnten in keinem besseren Zustand sein. Er besitzt ein Paket Aktien und festverzinsliche Papiere im Wert von etwa einer halben Milliarde Lire. Sein Jahreseinkommen ist mit zweihundert Millionen Lire angegeben, mindestens das Doppelte dessen, was ein Mann in seiner Position normalerweise angeben würde.«
    »Und wie steht's mit den Steuern?«
    »Das ist ja das Eigenartige. Wie es aussieht, gibt er alles an. Kein Hinweis darauf, daß er irgendwie schummelt.«
    »Das klingt, als ob Sie es nicht glaubten?« sagte Brunetti.
    »Aber, Commissario«, meinte sie mit einem weiteren vorwurfsvollen Blick, allerdings nicht ganz so ungehalten wie vorher. »Sie wissen doch selbst, daß niemand bei seiner Steuererklärung

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