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Brunetti 05 - Acqua alta

Brunetti 05 - Acqua alta

Titel: Brunetti 05 - Acqua alta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Wort noch nie gehört.
    Brunetti nickte. »Von der Polizei.«
    Ein Ausdruck der Verwirrung trat in das Gesicht des anderen, aber diesmal hatte Brunetti den Eindruck, daß es echtes Empfinden war, kein für ein Publikum aufgesetztes. La Capra fing sich rasch wieder und fragte sehr höflich: »Und was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs, Commissario?«
    Brunetti wollte bei La Capra nicht den Verdacht erwecken, daß die Polizei ihn mit Semenzatos Tod in Verbindung brachte, und hatte deshalb beschlossen, nichts von den Fingerabdrücken seines Sohnes im Zimmer des Ermordeten zu erwähnen. Außerdem wollte er ihm, bevor er sich ein genaueres Bild von dem Mann gemacht hatte, keinen Anlaß zu der Vermutung geben, die Polizei interessiere sich dafür, ob irgendeine Verbindung zwischen ihm und Brett Lynch bestand. »Diebstahl, Signor La Capra«, sagte er und wiederholte noch einmal: »Diebstahl.«
    Signor La Capra war sofort ganz höfliche Aufmerksamkeit. »Ja, Commissario?«
    Brunetti setzte sein freundlichstes Lächeln auf. »Ich bin gekommen, um mit Ihnen als neuem Bürger über unsere Stadt zu sprechen, Signor La Capra, und über einige der Risiken, die das Leben hier bietet.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Dottore«, gab La Capra zurück, wobei er Lächeln mit Lächeln vergalt. »Aber bitte, wir wollen doch hier nicht wie die Statuen herumstehen. Darf ich Ihnen einen Espresso anbieten? Gegessen haben Sie doch schon, ja?«
    »Ja. Aber ein Kaffee wäre nicht verkehrt.«
    »Gut, dann kommen Sie doch mit. Wir gehen nach unten in mein Arbeitszimmer, und ich lasse uns welchen bringen.« Damit führte er Brunetti hinaus und die Treppe hinunter. Im zweiten Stock öffnete er eine Tür und trat höflich zur Seite, um Brunetti den Vortritt zu lassen. Bücher nahmen zwei der Wände ein; Bilder, die dringend hätten gesäubert werden müssen - und gerade deshalb um so teurer aussahen -, die dritte. Drei deckenhohe Fenster blickten auf den Canal Grande, wo Boote ihren Bootsgeschäften nachgingen. La Capra winkte Brunetti zu einem satinbezogenen Diwan und ging an einen langen Eichenschreibtisch, wo er den Telefonhörer abnahm, auf einen Knopf drückte und Kaffee in sein Arbeitszimmer bestellte.
    Dann kam er zurück und nahm Brunetti gegenüber Platz, nicht ohne vorher sorgsam seine Hosenbeine zurechtgezupft zu haben. »Wie gesagt, ich finde es sehr aufmerksam von Ihnen, Dottor Brunetti, daß Sie sich herbemüht haben. Ich werde nicht vergessen, Dottor Patta dafür zu danken, wenn ich ihn sehe.«
    »Sind Sie mit dem Vice-Questore befreundet?« fragte Brunetti.
    La Capra hob mit einer bescheidenen Geste die Hände, womit er die Möglichkeit einer solch hohen Auszeichnung von sich schob. »Nein, diese Ehre habe ich nicht. Aber wir sind beide Mitglieder im Lions Club und treffen uns gelegentlich in gesellschaftlichem Rahmen.« Er machte eine kurze Pause und fügte dann hinzu: »Ich werde jedenfalls nicht vergessen, mich bei ihm für Ihre Aufmerksamkeit zu bedanken.«
    Brunetti nickte verbindlich, wohl wissend, wie zuvorkommend Patta seinen Besuch bei La Capra finden würde.
    »Aber sagen Sie, Dottor Brunetti, wovor wollten Sie mich denn nun warnen?«
    »Ich kann Sie vor nichts Bestimmtem warnen, Signor La Capra. Es ist eher so, daß ich Ihnen sagen möchte, wie sehr der Schein in dieser Stadt trügt.«
    »So?«
    »Dies ist eine scheinbar so friedliche Stadt ...«, begann Brunetti, um dann unvermittelt zu fragen: »Sie wissen, daß wir nur siebzigtausend Einwohner haben?«
    La Capra nickte.
    »Man würde sie auf den ersten Blick für ein verschlafenes Provinznest halten, wo man auf den Straßen noch sicher ist.« Hier beeilte sich Brunetti hinzuzufügen: »Und das stimmt auch; man kann sich immer noch zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher fühlen.« Er hielt kurz inne und ergänzte dann, als wäre es ihm eben erst eingefallen: »Und in seinen eigenen vier Wänden ebenso.«
    »Wenn ich Sie unterbrechen darf, Commissario, das ist einer der Gründe, weshalb ich hierhergezogen bin: um die Sicherheit und Ruhe zu genießen, die es wohl nur noch in dieser Stadt gibt.«
    »Sie kommen aus ...?« fragte Brunetti, obwohl der Akzent keinen Zweifel aufkommen ließ, mochte La Capra sich noch so sehr bemühen, ihn zu verbergen.
    »Palermo«, antwortete La Capra.
    Brunetti ließ den Namen gebührend wirken, bevor er fortfuhr: »Es gibt aber dennoch, und darum bin ich hier, die Diebstahlsgefahr. Wir haben viele sehr wohlhabende Leute in der Stadt,

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