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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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und Zurückhaltung: »Vielleicht. Ich weiß, daß für das untere Stockwerk alle Genehmigungen und Abnahmen vorliegen. Wenn also nachgewiesen werden könnte, daß dieses Stockwerk hier zur selben Zeit hinzugefügt wurde, wäre das ja vielleicht ein Hinweis darauf, daß die Genehmigungen irgendwann einmal erteilt worden sein müssen.« Er kam ins Grübeln - ein Bürokrat, der sich vor ein neues Problem gestellt sieht. »Ja, das könnte etwas ändern, obwohl ich bestimmt nicht derjenige bin, der darüber zu entscheiden hätte.«
    Durch die Aussicht auf Begnadigung momentan wieder im Aufwind, ging Brunetti zur Terrassentür und öffnete sie. »Ich will Ihnen mal was zeigen«, sagte er zu Rossi und deutete durch die offene Tür nach draußen. »Ich fand schon immer, daß die Fenster unter uns genau die gleichen sind wie unsere.« Ohne sich nach Rossi umzudrehen, sprach er weiter: »Wenn Sie nur mal hier nach unten gucken, ein wenig nach links, dann sehen Sie, was ich meine.« Mit einer in langen Jahren erworbenen Lässigkeit beugte sich Brunetti, gestützt auf die weit auseinandergespreizten Hände, über die taillenhohe Mauer, um auf die Fenster der Wohnung unter seiner zu blicken. Doch bei näherer Betrachtung waren die Fenster ganz und gar nicht gleich; die unteren hatten Stürze aus weißem istrischen Marmor, während seine eigenen nichts weiter waren als in die Backsteinmauer geschnittene Rechtecke.
    Er richtete sich wieder auf und drehte sich zu Rossi um. Der junge Mann stand wie angewurzelt, den linken Arm mit offener Handfläche vorgestreckt, als wollte er bösen Geistern wehren. Dabei starrte er mit weitaufgerissenem Mund Brunetti an.
    Der machte einen Schritt auf ihn zu, aber Rossi wich mit immer noch erhobener Hand rasch nach hinten aus.
    Brunetti blieb an der Tür stehen. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Der jüngere Mann versuchte etwas zu sagen, doch es kam kein Ton heraus. Er ließ den Arm sinken und gab etwas von sich, doch seine Stimme war so leise, daß Brunetti es nicht verstand.
    Um die peinliche Situation zu überwinden, sagte Brunetti schließlich: »Na ja, ich könnte mich mit den Fenstern ja auch geirrt haben, und es gibt dort gar nichts zu sehen.«
    Rossis Gesicht entspannte sich, und er versuchte zu lächeln, aber seine Nervosität blieb und war ansteckend.
    Um die Terrasse ganz aus den Gedanken zu verdrängen, sagte Brunetti: »Könnten Sie mir vielleicht eine Vorstellung davon geben, was das Ganze für Konsequenzen haben kann?«
    »Wie bitte?«
    »Was wird nun wahrscheinlich passieren?«
    Rossi trat einen Schritt zurück und holte zur Antwort aus, wobei er in den litaneiartigen Rhythmus dessen verfiel, der sich selbst schon unzählige Male dasselbe hat sagen hören. »In dem Fall, daß zur Zeit des Neubaus eine Genehmigung beantragt, aber letztlich nicht erteilt wurde, wird eine Geldstrafe verhängt, deren Höhe sich nach der Schwere des Verstoßes gegen die damals gültige Bauordnung richtet.« Brunetti rührte sich nach wie vor nicht, und der junge Mann fuhr fort: »In dem Fall, daß eine Genehmigung weder beantragt noch letztlich erteilt wurde, geht die Sache weiter an die Sovraintendenza dei Beni Culturali, deren Entscheidung davon abhängt, welchen Schaden der illegale Bau dem Stadtbild zufügt.«
    »Und?« bohrte Brunetti weiter.
    »Und manchmal wird dann eine Geldstrafe verhängt.«
    »Und?«
    »Und manchmal muß der beanstandete Bau abgerissen werden.«
    »Was?« brauste Brunetti auf. Alle vorgetäuschte Ruhe war dahin.
    »Manchmal muß der beanstandete Bau abgerissen werden.« Rossi lächelte matt, was wohl heißen sollte, daß er für diese Eventualität in keiner Weise verantwortlich war.
    »Aber das ist mein Zuhause«, sagte Brunetti. »Es ist meine Wohnung, über deren Abriß Sie da reden.«
    »So weit kommt es selten, glauben Sie mir«, sagte Rossi, um einen beruhigenden Ton bemüht.
    Brunetti brachte kein Wort heraus. Rossi sah das und begab sich rasch in Richtung Wohnungstür. Er hatte sie gerade erreicht, da drehte sich ein Schlüssel im Schloß, die Tür wurde aufgestoßen, und herein kam Paola, deren Aufmerksamkeit zwischen zwei großen Plastiktüten, dem Hausschlüssel und den drei Zeitungen verteilt war, die ihr gerade unter dem linken Arm herausrutschten. Sie bemerkte Rossi erst, als er instinktiv einen Satz machte, um die fallenden Zeitungen aufzufangen. Erschrocken schnappte sie nach Luft, ließ die Tüten los und wich rasch nach hinten aus, wobei sie mit dem Ellbogen gegen

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