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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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vernahm. »Aber hier brauche ich keine Mathe, muß nur zusammenzählen, und das besorgt meist schon der Chef.«
    »Ging Marco noch zur Schule?«
    »Nein, er ist letztes Jahr fertig geworden.«
    »Und danach?«
    »Danach hat er natürlich bei seinem Vater angefangen«, sagte der Kellner, als wäre das für Marco die einzige Möglichkeit gewesen, die einzige überhaupt für einen Pellestrinotto. »Sie waren schon immer Fischer, die Bottins.«
    »Wollte Marco denn Fischer werden?«
    Der Kellner sah Brunetti mit offener Verwunderung an. »Was hätte er denn sonst werden können? Sein Vater hatte das Boot, und Marco verstand sich aufs Fischen.«
    »Natürlich«, räumte Brunetti ein. »Sie sagen, Bottin hat nie mit jemandem gesprochen. Steckte dahinter noch mehr?« Und damit der Kellner sich nicht dumm stellen konnte, verdeutlichte er seine Frage: »Hatte er hier viele Feinde?«
    Der Kellner zuckte die Achseln, eine Geste, in der sein ganzes Widerstreben zum Ausdruck kam, doch ehe er etwas sagen konnte, mischte Vianello sich ein, indem er mit eingeübter Dreistigkeit zu Brunetti sagte: »So eine Frage kann er nicht beantworten, Signore.« Er betrachtete den Kellner mit Beschützerblick. »Das ist ein kleiner Ort hier; jeder wird wissen, daß er mit uns gesprochen hat.«
    Brunetti ging darauf ein. »Aber Sie sagen doch, Sie haben schon ein paar Namen von Leuten.« Er merkte, wie das Interesse des Kellners zunahm, sah es an der Art, wie er die Füße unter den Stuhl zog, deutlich bemüht, sich nicht nach vorn zu beugen. »Er würde lediglich bestätigen, was man Ihnen schon erzählt hat.«
    Vianello sah weiter Brunetti an und beachtete den Kellner nicht. »Wenn er nicht reden will, Signore, dann will er eben nicht. Wir haben ja schon Namen.«
    »Welche?« fragte der Kellner dazwischen.
    Vianello warf ihm einen Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf, wie um diese Geste vor Brunetti zu verbergen.
    »Welche Namen?« fragte der Kellner jetzt lauter. Als ihm von den Polizisten keiner antwortete, rief er fordernd: »Meinen?«
    »Sie haben uns Ihren Namen doch noch gar nicht genannt«, antwortete Brunetti.
    »Lorenzo Scarpa«, sagte der Kellner. Im selben Moment riß Vianello die Augen auf, sein Kopf flog herum, und er sah den Kellner mit kaum verhohlenem Schrecken an.
    Der Kellner sah Vianellos Reaktion und sagte mit gepreßter Stimme: »Das war nichts weiter. Giulio war mal abends hier an der Bar und hatte getrunken. Mein Bruder hat überhaupt kein Wort zu ihm gesagt. Bottin suchte nur Streit, und da hat er eben einen Grund erfunden. Sandro hätte ihn angestoßen, hat er gesagt, so daß er seinen Wein verschüttet hätte.« Er schaute zwischen den wissenden Ge-sichtern der beiden Polizisten hin und her. »Ich sage Ihnen, da ist überhaupt nichts passiert, und es ist auch nie Anzeige erstattet worden. Bevor etwas passieren konnte, haben andere eingegriffen. Ich hatte gerade hinten zu tun. Als ich wieder hier herauskam, war schon alles vorbei, und keiner war zu Schaden gekommen.«
    »Das stimmt gewiß«, sagte Vianello mit einem Lächeln, das die Liebenswürdigkeit selbst sein sollte. »Aber wie ich gehört habe, hätte es ja auch ganz anders ausgehen können.«
    »Wie denn? Wer hat Ihnen das erzählt?«
    Vianello schüttelte mit sichtlichem Widerstreben den Kopf, wie um zu sagen, er würde seinem Freund dem Kellner ja gern den Namen seines Informanten nennen, aber mit seinem Vorgesetzten hier am Tisch sei es ihm ganz und gar unmöglich, dem guten Mann zu helfen, so gern er es auch täte.
    »War es vielleicht Giacomini, dieses Schwein? Sagen Sie mir nur das. War er es?«
    Wieder scheinbar außerstande, beim Hören dieses Namens seine Überraschung zu verbergen, warf Vianello dem Kellner einen raschen Blick zu, fast als wollte er ihn vor dem Weiterreden warnen, aber der Mann war für solche Ermahnungen schon nicht mehr zugänglich. »Er war nicht einmal hier, dieser Giacomini«, schimpfte er weiter. »Er wollte Sandro nur Scherereien machen, das Schwein. Und er wußte, daß zwischen den beiden böses Blut war wegen dieser Sache vor Chioggia. Aber er lügt. Er war schon immer ein Lügner.« Der Kellner stieß seinen Stuhl nach hinten und stand auf, wie um sich selbst davon abzuhalten, noch mehr zu sagen. Plötzlich wieder ganz förmlich, als wäre von seinem Bruder nie die Rede gewesen, fragte er: »Möchten die Herren noch einen Grappa?«
    Brunetti schüttelte den Kopf und stand auf, Vianello ebenfalls. »Danke«, sagte

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