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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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plötzliche Trennung habe diese Pläne durchkreuzt, und nun habe sie so kurzfristig ihren Urlaubsantrag nicht zurückziehen können. Bruna hatte sich auch in keiner Weise gekränkt gezeigt, weil sie nur die zweite Wahl gewesen war, sondern darauf bestanden, daß Elettra sofort herauskommen und alle Gedanken an ihn in der Stadt zurücklassen solle.
    Obwohl sie jetzt erst zwei Tage auf Pellestrina war, hatte das doch schon ganz gut geklappt. Ihr Exfreund war Arzt, ein Bekannter ihrer Schwester, und wahrscheinlich hatte sie schon seit Monaten gewußt, daß er der falsche war: zu ernst, zu ehrgeizig und - auch das hatte sie sich eingestehen müssen - zu habgierig. Sie hatte gefürchtet, daß ihr das Alleinsein zusetzen werde, aber statt dessen fühlte sie sich, wie ihr immer klarer wurde, dieser Möwe gleich: Der hatte es nicht gefallen, wie sie behandelt wurde, und da hatte sie sich in die Luft geschwungen und war fort-geflogen.
    Elettra ging ans Wasser hinunter und bückte sich, um die Schuhe auszuziehen und die Hosenbeine hochzukrempeln. Sie hielt das Wasser nur wenige Sekunden aus, dann hüpfte sie auf den Sand zurück, setzte sich hin und rubbelte zuerst den einen Fuß, dann den anderen, bis sie sich wieder wie Füße anfühlten. Schließlich hakte sie zwei Finger in die Schuhe und ging weiter, barfuß und frei, wobei sie sich langsam wieder daran erinnerte, wie es sich anfühlte, glücklich zu sein.
    Schon bald endete der Sand, und sie mußte die Stufen zum Damm hinaufsteigen. Rechts von ihr Boote, die ihrer jeweiligen Bestimmung nachgingen, links tauchte nach kurzer Zeit das Dörfchen San Pietro in Volta auf.
    In der Bar, die das Erdgeschoß eines Privathauses einnahm, bestellte sie sich ein Mineralwasser und einen Kaffee, trank durstig das Wasser und nippte am Kaffee. Hinter dem Tresen stand ein Mann von Mitte Sechzig, der sie von ihren früheren Besuchen wiedererkannte und sie fragte, wann sie angekommen sei. Sie kamen ins Gespräch, und bald erzählte er ihr von den Morden, für die sie sich aber kaum zu interessieren schien.
    »Aufgeschlitzt und ausgenommen wie einen Fisch«, sagte der Mann. »Schade um ihn. War ein netter Junge. Schon erstaunlich bei diesem Vater.« Sie merkte, die Sache war den Leuten noch nicht lange genug her, als daß sie mit der ganzen Wahrheit über Bottin herausrückten; er war noch so nah am Leben, daß man lieber vorsichtig war und sich gut überlegte, was man über ihn redete.
    »Ich habe die beiden nicht gekannt«, sagte Elettra mit einem uninteressierten Blick auf die erste Seite des Gazzettino, der zusammengefaltet auf dem Tresen lag.
    »Marco ist mit meiner Enkelin zur Schule gegangen«, sagte er.
    Elettra bezahlte, sagte noch, wie schön sie es finde, wieder hier draußen zu sein, und machte sich auf den Rückweg. Sie blieb bis Pellestrina auf dem Damm, und im Dorf angekommen, war sie wieder durstig, weshalb sie auf ein Gläschen Prosecco in die Bar des Restaurants ging. Und wer anders hätte sie dort bedienen sollen als Pucetti persönlich, der ihr jedoch nicht mehr Aufmerksamkeit schenkte als jeder anderen attraktiven Frau, die ein paar Jahre älter war als er.
    Während sie trank, hörte sie den Männern zu, die sich um die Bar drängten. Auch von ihnen wurde sie kaum weiter beachtet, nachdem man sie als Brunas Kusine erkannt hatte, die jeden Sommer hier herauskam und schon so etwas wie eine Einheimische ehrenhalber war.
    Über die Morde wurde gesprochen, aber nur nebenbei, wie über eine weitere Möglichkeit für einen Fischer, eben Pech zu haben. Viel wichtiger war ihnen die Frage, was man mit diesen Saukerlen aus Chioggia machen solle, die nachts in ihre Gewässer kamen und die Muschelbänke zerwühlten. Einer meinte, man solle die Polizei einschalten; doch keiner befand einen so himmelschreiend dummen Vorschlag überhaupt einer Antwort wert.
    Elettra ging an die Kasse und zahlte. Auch der Wirt erkannte sie als Brunas Kusine wieder und hieß sie auf der Insel willkommen. Sie plauderten ein Weilchen, und als auch er dann auf die Morde zu sprechen kam, sagte sie ihm, daß sie auf Urlaub sei und nichts davon hören wolle, wobei ihr Ton andeutete, daß Großstädter sich ohnedies eigentlich wenig für das Tun und Lassen der Provinzler interessierten, mochte es noch so blutrünstig sein.
    Der Rest dieses Tages verlief ruhig, der nächste Tag ebenso. Sie erfuhr nichts Neues, ließ es sich aber nicht nehmen, Brunetti wieder anzurufen und ihm wenigstens so viel - oder so wenig -

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