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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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zu machen.
    »Elettra, das ist Carlo, ein Fischer, einer von uns.« Der Mann zupfte mit zwei dicken Fingern an Carlos feinem Wollpullover und meinte: »Sollte man nicht denken, wenn man ihn sieht, wie?« Das allgemeine Gelächter, mit dem das quittiert wurde, war gutmütig und fröhlich, und Carlo stimmte selbst mit ein.
    Dann wandte er sich an sie und gab ihr lächelnd die Hand.
    »Auch fremd hier?« fragte er.
    Sie mußte über die Frage lächeln. »Wenn man nicht hier geboren ist, bleibt man wahrscheinlich ewig fremd«, antwortete sie.
    Er legte den Kopf schief und sah sie sich genauer an. »Kennen wir uns?« fragte er.
    »Ich glaube nicht«, antwortete sie, im Moment so durcheinander, daß sie schon meinte, ihn vielleicht auch zu kennen. Doch sie war sicher, daß sie sich an ihn erinnern würde.
    »Nein, ich habe Sie noch nie gesehen«, sagte er mit einem Lächeln, das noch herzlicher war als das, mit dem er ihre Hand genommen hatte. »Sonst wüßte ich das noch.«
    Dieses Echo ihrer eigenen Gedanken verwirrte sie vollends. Sie nickte zuerst ihm, dann dem anderen Mann an der Bar zu, murmelte etwas davon, daß sie erwartet werde, bezahlte ihren Kaffee und flüchtete hinaus in den Sonnenschein.
    Ihr Verflossener, der Arzt, war ein gutaussehender Mann gewesen; auf dem Heimweg gestand Elettra sich ein, daß sie eine Schwäche für schöne Männer hatte. Und dieser Carlo sah nicht nur gut aus, er war - nach dem wenigen zu urteilen, was sie von ihm gesehen hatte - auch sympathisch. Streng hielt sie sich vor, daß sie dienstlich hier war. Selbst wenn dieser Carlo nicht auf Pellestrina lebte, schloß ihn nichts von einer möglichen Verwicklung in den Mord an Giulio und Marco Bottin aus. Bei dem Gedanken mußte sie lächeln. Wenn sie so weitermachte, war sie schon bald wie die Uniformierten, denen jeder allerorten verdächtig war, noch bevor es überhaupt erste Hinweise auf eine Straftat gab.
    Sie drängte alle weiteren Gedanken an den schönen Carlo in den Hintergrund und ging zurück zu Brunas Haus. Unterwegs rief sie mit ihrem telefonino noch Commissario Brunetti in der Questura an und sagte ihm, daß sie nichts weiter erfahren habe, als daß nach allgemeiner Ansicht der Fischer die Anchovis mit dem Mondwechsel auf Wanderung gehen würden.

15
    B runetti, der Daheimgebliebene - während Signorina Elettra sich sonnte und am Strand spazierenging, ohne über die Morde irgend etwas zu erfahren - war indessen ebenso erfolglos wie sie. Er hatte noch einmal Luisa Follinis Nummer angerufen, aber da hatte sich ein Mann gemeldet, und diesmal war es Brunetti, der auflegte, ohne etwas zu sagen. Daß er überhaupt bei ihr angerufen hatte, war ein Instinkt gewesen, irgendeine atavistische Reaktion auf das Drohende, das von den beiden Männern ausging, die in den Laden gekommen waren, und derselbe Instinkt veranlaßte ihn, Vianello zu beauftragen, nach einem neuerlichen Versuch, Giacomini zu finden, noch kurz bei Signora Follini reinzuschauen.
    Brunettis Anweisungen folgend, fuhr Vianello noch einmal nach Malamocco hinaus und fand dort Enrico Giacomini ohne Schwierigkeiten. Der Fischer erinnerte sich an die Schlägerei zwischen Scarpa und Bottin und behauptete, Scarpa habe den Streit provoziert, indem er Bottin ein Großmaul geheißen habe. Vianello gab sich damit nicht zufrieden und wollte von Giacomini wissen, worauf sich Scarpa denn damit bezogen habe, aber darauf antwortete der Fischer, er habe keine Ahnung, dies allerdings in einem Ton, dem der Sergente, der bei aller äußerlichen Schwerfälligkeit doch recht hellhörig war, entnehmen konnte, daß er hier an Geheimnisse der Pellestrinotti rührte. Noch während er dem Mann die Frage stellte, ob er sich denn wirklich nicht denken könne, worauf Scarpa hinausgewollt habe, wurde ihm klar, wie unsinnig es war, von einem Fischer etwas über einen anderen Fischer herausbekommen zu wollen. Diese Leute hatten einen Loyalitätsbegriff, der die Polizei nicht einbezog - der von der ganzen Menschheit überhaupt nur dem kleinen Teil galt, der in den Wassern der Lagune und der Adria fischte.
    Verärgert über Giacominis Ausflüchte, zugleich aber immer noch neugierig, was sich zwischen Bottin und Scarpa wohl abgespielt hatte, ließ Vianello sich von Bonsuan weiter nach Pellestrina fahren. Während Bonsuan beim Boot blieb, ging er selbst zuerst zu Signora Follinis Laden - doch es war Mittagszeit, und der Laden war geschlossen. Da Brunetti ihm eingeschärft hatte, nur ja keine Aufmerksamkeit

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