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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Frage. »Das einzige, was er mir beschaffen konnte, war eine Übersetzung des Codes.« Er sah Brunettis verständnislose Miene und erklärte: »Erinnern Sie sich an diese Liste von Zahlen und Buchstaben unter dem Bericht?«
    »Ja.«
    »Er hat herausgefunden, was die bedeuten.« Vianello sprach schon von selbst weiter, ohne daß Brunetti ihn groß dazu auffordern mußte. »Wie er mir erklärt hat, benutzen sie diesen Code in Fällen, in denen ein Beamter der Guardia di Finanza Beweise entweder übersehen oder unterdrückt oder den Ausgang der Ermittlungen irgendwie sonst zu manipulieren versucht hat.«
    »Wie zum Beispiel?« fragte Brunetti.
    »Genauso wie wir«, antwortete Vianello, ohne rot zu werden. »Indem wir woandershin gucken, wenn unser Lebensmittelhändler keine Quittung gibt. Uns nicht erinnern, wie eine Prügelei zwischen einem Polizeibeamten und einem Zivilisten anfing. In dieser Art.«
    Brunetti, der Vianellos zweites Beispiel lieber überhört haben wollte, fragte: »Und in diesem speziellen Fall, was hat er genau gemacht?«
    »Das war nicht herauszubekommen. Es steht nicht in der Akte.« Vianello ließ Brunetti ein paar Sekunden Zeit, die Bedeutung dieser Information zu schlucken, dann fügte er hinzu: »Aber es war der Fall Spadini. Der Name stand nicht da, aber die Codenummer eines anderen Falles, an dem Targhetta seinerzeit arbeitete, ist dieselbe wie die für Spadini.«
    Brunetti überlegte. Das Leben hatte ihn gelehrt, tiefes Mißtrauen gegenüber dem Zufall zu hegen, und es hatte ihn ebenso gelehrt, jedes scheinbar willkürliche Zusammentreffen von Ereignissen oder Menschen als Zufall anzusehen und folglich auch dieses mit Mißtrauen zu betrachten. »Pucetti?« fragte er.
    Vianello schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gefragt, Commissario, aber er weiß gar nichts über Targhetta, den er nur ein paarmal in der Bar gesehen hat.«
    »Mit Elettra?«
    »Davon hat er nichts gesagt, Commissario.«
    Brunetti merkte nicht, wie ausweichend Vianellos Antwort war. Brunetti erwog die verschiedenen Möglichkeiten, darunter die, selbst nach Pellestrina hinauszufahren. Nach einer Weile fragte er Vianello: »Glauben Sie, daß Bonsuans Freund ihm etwas erzählt, wenn er ihn anruft?«
    »Das können wir nur Bonsuan fragen«, antwortete Vianello lächelnd. »Er hat heute dienstfrei. Sie könnten ihn zu Hause erreichen.«
    Das war schnell getan, und Bonsuan erklärte sich bereit, mit seinem Freund zu sprechen. Zehn Minuten später rief er zurück, um zu sagen, daß der Freund nicht zu Hause sei und erst abends zurückkommen werde.
    Brunetti und Vianello blieb somit nichts weiter zu tun, als zu grübeln und sich Sorgen zu machen. Der Sergente, der lieber in seinem eigenen Zimmer grübelte, ging wieder nach unten.
    Brunetti sah die Gefälligkeiten, die er schuldete oder sich verdient hatte, wie einen Satz Spielkarten, der vom vielen Gebrauch schon ganz fettig und abgegriffen war: Du sagst mir dies, ich sage dir das; du gibst mir das eine, ich zahle es dir mit dem anderen zurück; du schreibst für meinen Vetter einen Empfehlungsbrief, und ich sorge dafür, daß dein Antrag auf Zuteilung eines Liegeplatzes für dein Boot ganz oben auf den Stapel kommt.
    Wie er nun so an seinem Schreibtisch saß und ins Leere starrte, zog er im Geiste dieses Päckchen hervor und begann die Karten durchzublättern. Er fand eine, legte sie beiseite und blätterte weiter. Er fand eine weitere, überlegte kurz, ob er sie auch herausnehmen sollte, steckte sie dann aber wieder zurück und blätterte bis zum Ende. Dann nahm er sich die weggelegte Karte vor und versuchte sich zu erinnern, wann er sie zuletzt in der Hand gehabt hatte. Nie hatte er sie in der Hand gehabt, nein, nicht er, sondern Paola, die mit der Tochter dieses Mannes vor deren Abschlußexamen an der Universität ein paar Tage gepaukt hatte. Das Mädchen hatte mit einer guten Note bestanden, was Brunetti jetzt sicherlich mehr als berechtigte, die Karte auszuspielen.
    Ihr Vater, Generale Aurelio Costantini, war vor zehn Jahren von der Guardia di Finanza in aller Stille in den Ruhestand geschickt worden, nachdem er von dem Vorwurf, gemeinsame Sache mit der Mafia gemacht zu haben, freigesprochen worden war. Der Vorwurf stimmte zwar, aber die Beweise waren unzureichend gewesen, und so hatte man den Generale stillschweigend bei voller Pension auf die Weide gestellt, wo er nun die Früchte seiner vielen Jahre treuer - und doppelter - Dienste genoß.
    Brunetti rief ihn zu Hause an und

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