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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Angelegenheit klären.« Brunetti hörte, wie Marco tief durchatmete, um seine Wut zu zügeln. »Aber ich habe gesagt, ich wüßte, was gespielt wird, und er sei gefeuert.«
    »Und?«
    »Und da sagte er, ich könne ihn nicht feuern, bevor der Auftrag zu Ende geführt sei, und wenn ich's doch täte, würde er mich wegen Vertragsbruch verklagen.«
    »Und dann?«
    Die Art Pause, die jetzt folgte, kannte Brunetti von seinen Kindern und wußte daher, daß er sich in Geduld fassen mußte. »Dann hab ich ihm eine gelangt«, sagte Marco endlich. Nach einer weiteren Pause fuhr er fort: »Der Kerl thronte hinter seinem großen Schreibtisch mit Bergen von Plänen und Zeichnungen darauf und sagt zu mir, wenn ich ihn feuere, dann verklagt er mich. Da bin ich ausgerastet.«
    »Was genau ist passiert?«
    »Ich bin um den Schreibtisch rum - wollte ihm bloß mal Bescheid stoßen...« Brunetti schauderte bei der Vorstellung, Marco würde das so vor Gericht formulieren. »Aber er sprang gleich hoch und ging auf mich los.«
    Da offenbar keine weitere Erklärung zu erwarten war, sagte Brunetti im gleichen Ton, den er den Kindern gegenüber anschlug, wenn sie mit einem schlechten Zeugnis aus der Schule kamen: »Erzähl mir ganz genau, was du getan hast, Marco.«
    »Hab ich dir doch schon gesagt. Ich hab ihm eine gelangt.« Bevor Brunetti etwas erwidern konnte, fuhr Marco fort: »Nicht schlimm, ich hab ihn nicht mal k. o. geschlagen, wollte ihn mehr so wegschubsen.«
    »Hast du mit der Faust zugeschlagen?« fragte Brunetti, dem es wichtig schien zu definieren, was hier mit »schubsen« gemeint war.
    Nach einer weiteren langen Pause sagte Marco: »Irgendwie schon, ja.«
    Brunetti ließ das auf sich beruhen und fragte: »Wohin?«
    »Aufs Kinn oder auf die Nase.« »Und?«
    »Er ist einfach in seinen Sessel zurückgeplumpst.«
    »Hat er geblutet?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich abgehauen bin. Ich hab noch gesehen, wie er sich wieder hinsetzte, und dann bin ich auf und davon.«
    »Und warum sollen meine Leute hinter dir her sein?«
    »Weil ich die Sorte kenne. Dieser saubere Architekt hat garantiert die Polizei alarmiert und behauptet, ich hätte versucht, ihn umzubringen. Aber ich wollte, daß du weißt, wie es wirklich war.«
    »War es denn wirklich so, Marco?«
    »Aber ja! Ich schwor's beim Leben meiner Mutter.«
    »Also gut. Und was erwartest du jetzt von mir?«
    Marco klang ehrlich überrascht, als er antwortete: »Gar nichts. Warum solltest du dich da einmischen? Ich wollte bloß, daß du die Wahrheit erfährst.«
    »Wo bist du jetzt?«
    »Im Restaurant.«
    »Dem beim Rialto?«
    »Ja, warum?«
    »Ich bin in fünf Minuten dort. Warte auf mich. Unternimm inzwischen nichts, und vor allem: Rede mit niemandem. Hast du verstanden, Marco? Mit niemandem! Und ruf auch nicht deinen Anwalt an.«
    »Wenn du meinst«, brummte Marco unwirsch.
    »Ich bin gleich da«, versprach Brunetti und legte auf. Dann ging er ins Eßzimmer, deckte seinen Teller auf und schnupperte den verführerischen Duft von geriebenem Ricotta mustia und Auberginen. Behutsam deckte er den Teller wieder zu, küßte Paola auf den Scheitel und sagte: »Ich muß dringend zu Marco.«
    Im Hinausgehen hörte er gerade noch, wie Chiara sagte: »Okay, Raffi, du kriegst die Hälfte.«
    Das Restaurant war gesteckt voll, und auf den Tischen standen die köstlichsten Gerichte: Ein Paar am Eingang hatte die größten Hummer auf dem Teller, die er je gesehen hatte, während sich links neben der Theke einige Geschäftsleute durch eine Meeresfrüchteplatte aßen, von der ein Dorf in Sri Lanka eine ganze Woche lang satt geworden wäre.
    Brunetti ging schnurstracks in die Küche, wo Marco sich mit Signora Maria, der Köchin, unterhielt. Als er Brunetti kommen sah, rief er: »Magst du was essen?«
    Dies war eins der besten Restaurants von Venedig und Signora Maria eine begnadete Köchin, der Brunetti unzählige Gaumenfreuden verdankte. Trotzdem sagte er jetzt tapfer: »Danke, Marco, aber ich habe schon zu Hause gegessen.« Dann nahm er den Freund beim Arm, lotste ihn von der sichtlich enttäuschten Maria fort und aus der Schußlinie eines Kellners, der mit einem vollbeladenen Tablett auf der Schulter vorbeiflitzte. Sie landeten auf der Schwelle zur Vorratskammer, wo sich frische Tischwäsche und Dosentomaten stapelten.
    »Wie heißt der Architekt?« fragte Brunetti.
    »Warum willst du das wissen?« knurrte Marco genauso unwirsch wie vorhin am Telefon.
    Brunetti hätte es ihm

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