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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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erzählt. Aber dein Großvater bestand darauf, daß er zum Militär ging.«
    »Genau wie alle Ruffos vor ihm«, stieß Giuliano verächtlich hervor.
    »Ja«, sagte sie. »Und ich glaube, das war mit ein Grund dafür, warum er so unglücklich war.«
    »Er hat sich umgebracht, oder?« Die Frage traf beide Erwachsenen völlig unvorbereitet.
    Wieder suchte Brunetti den Blick der Frau. Sie sah erst ihn an, dann ihren Neffen und flüsterte endlich ein kaum hörbares »Ja«.
    »Und vorher hat er versucht, mamma zu töten?«
    Sie nickte.
    »Warum hast du mir das nie gesagt?« fragte der Junge mit gepreßter Stimme, dem Weinen nahe.
    Auch Tiziana hatte Tränen in den Augen, die ihr langsam von den Wimpern tropften und über die Wangen liefen. Sie preßte die Lippen zusammen und schüttelte nur hilflos den Kopf, unfähig, etwas zu sagen. Endlich hob sie die Hand, deren Fläche sie ganz weit nach außen kehrte, ihrem Neffen entgegen, als bitte sie ihn um Geduld, bis sie sich wieder gefaßt hatte. Minuten verstrichen, dann sagte sie: »Ich hatte Angst.«
    »Wovor?«
    »Dir weh zu tun.«
    »Und eine Lüge, meinst du, tut nicht weh?« fragte er, aber es klang nicht böse, nur verwirrt.
    Wieder kehrte sie die Handfläche nach außen und beschrieb mit weit gespreizten Fingern eine Geste, die Unsicherheit, aber seltsamerweise auch Hoffnung ausdrückte.
    »Was ist wirklich passiert?« fragte Giuliano. Als sie nicht antwortete, beschwor er sie: »Bitte, du mußt es mir sagen, Zia.«
    Brunetti sah, wie Tiziana nach Worten rang. Endlich sagte sie: »Er war eifersüchtig auf deine Mutter und beschuldigte sie, ihn zu betrügen.« Als der Junge keine Regung zeigte, fuhr sie fort: »Er hat erst auf sie geschossen und dann sich selbst getötet.«
    »Ist mamma darum so anders?«
    Sie nickte.
    »Warum hast du mir das nie erzählt? Ich dachte immer, es sei eine Krankheit und du trautest dich nicht, es mir zu sagen.« Er stockte, aber dann brach es aus ihm heraus: »Ich dachte, es sei erblich. Und ich würde es auch bekommen.«
    Dieses Geständnis brach ihr das Herz, und sie weinte jetzt still und hemmungslos, nur hin und wieder von einem tiefen Atemzug unterbrochen.
    Brunetti wandte sich wieder dem Jungen zu und fragte eindringlich: »Willst du mir nicht doch sagen, was deiner Meinung nach mit Ernesto geschehen ist, Giuliano?«
    Der Junge sah erst ihn an, dann die weinende Frau und dann wieder Brunetti. »Ich glaube, sie haben ihn umgebracht«, sagte er endlich.
    »Wer?«
    »Die anderen.«
    »Warum?« fragte Brunetti und verschob die Frage nach den »anderen« auf später.
    »Wegen seines Vaters, und weil er versucht hat, mir zu helfen.«
    »Was war mit seinem Vater?« fragte Brunetti.
    »Die anderen haben gesagt, er sei ein Verräter.«
    »Verräter an wem?«
    »La Patria«, antwortete der Junge, und Brunetti hatte noch nie gehört, daß jemand so viel Verachtung in dieses Wort legte.
    »Wieso? Weil er diesen Bericht geschrieben hat?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie haben nie einen Grund genannt, ihm nur immer wieder vorgehalten, daß sein Vater ein Verräter sei.«
    Da Giuliano offenbar wirklich nicht mehr wußte, wechselte Brunetti das Thema. »Und wie hat er versucht, dir zu helfen?«
    »Einer von den anderen fing an, über meine Eltern herzuziehen. Er sagte, es hätte gar keinen Unfall gegeben. Aber meine Mutter sei eine Hure gewesen, und sie hätte den Verstand verloren, als mein Vater sich das Leben nahm, weil sie wußte, daß es ihre Schuld war.«
    »Und was hat Moro getan?«
    »Er hat sich mit dem geprügelt, der das behauptet hat, mit Paolo Filippi. Er hat ihm einen Zahn ausgeschlagen.«
    Brunetti wartete. Er wagte nicht, den Jungen zu bedrängen, aus Angst, daß er dann gar nicht mehr reden würde.
    Und wirklich sprach Giuliano nach einer Weile von allein weiter: »Danach war eine Zeitlang Ruhe, aber irgendwann fing Filippi an, Ernesto zu bedrohen, und seine Freunde taten es ihm nach.« Brunetti horchte auf. Filippi, Absolvent der Akademie, dessen Vater die militärische Versorgung unter sich hatte.
    »Was geschah in der Nacht, als Ernesto starb?«
    »Ich weiß es nicht. In der Nacht habe ich nichts gehört. Aber am nächsten Tag waren alle ganz komisch - verängstigt und glücklich zugleich, wie Kinder, die ein Geheimnis haben oder einem Geheimbund angehören.«
    »Hast du mit ihnen gesprochen? Jemanden gefragt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Giuliano sah Brunetti offen an, als er zur Antwort gab:
    »Ich

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