Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Brunetti so unbeirrt, als hätte er die Bestätigung dafür längst in der Tasche.
    »Ja, aber ich hatte nichts damit zu tun«, jammerte der Junge und versuchte, noch weiter nach hinten zu rutschen. Doch Schultern und Rücken waren bereits flach gegen die Wand gepreßt, so daß es kein Entkommen, keine Fluchtmöglichkeit mehr für ihn gab.
    »Wer war es?« fragte Brunetti und konnte gerade noch verhindern, daß ihm Filippis Name über die Lippen kam. Als der Junge zögerte, herrschte er ihn an: »Reden Sie!«
    Doch Cappellini mußte offenbar erst abwägen, was schlimmer war: die Gefahr, die von diesen beiden bedrohlichen Gestalten ausging, oder die, mit der er seit Tagen lebte. Offenbar fiel die Entscheidung zu Brunettis Gunsten aus, denn er sagte: »Filippi. Er hat alles geplant.«
    Nach diesem Geständnis ließ Pucetti die Hände sinken, und Brunetti spürte, wie sein ganzer Körper sich entspannte, während er Zug um Zug seine bedrohliche Maske abstreifte. Der Commissario wandte den Blick nicht von Cappellini, aber er war sicher, daß Pucetti hinter ihm langsam wieder auf seine normale Größe schrumpfte.
    Der Junge schien sich ein klein wenig zu beruhigen. Er rutschte auf dem Bett nach vorn, streckte die Beine aus und ließ das linke über den Rand baumeln. »Filippi hat ihn gehaßt. Warum, weiß ich nicht, aber das war schon immer so. Und er wollte uns dazu anstiften, ihn auch zu hassen, weil er ein Verräter sei. Er und seine ganze Familie.« Als er sah, daß Brunetti darauf nicht eingehen wollte, fuhr er fort: »So hat er es uns erzählt. Und Moros Vater sei der größte Verräter von allen.«
    »Können Sie sich denken, warum er das behauptet hat?« fragte Brunetti mit einer Stimme, die auf einmal weich und nachsichtig klang.
    »Nein, Signore. Mehr hat er uns nicht gesagt.«
    So gern Brunetti auch gewußt hätte, wer die anderen waren - jetzt danach zu fragen hätte den Rhythmus des Verhörs unterbrochen. Also fragte er statt dessen: »Hat Moro sich beschwert? Oder zur Wehr gesetzt?« Und als Cappellini zögerte, setzte er hinzu: »Ich meine, wenn Filippi ihn einen Verräter nannte?«
    Die Frage schien Cappellini zu überraschen. »Natürlich hat er sich gewehrt. Sie haben sich ein paarmal gestritten, und einmal hat Moro sich auch mit ihm geprügelt, aber jemand ist dazwischengegangen und hat sie getrennt.« Cappellini fuhr sich mit der Rechten durchs Haar, dann stützte er sich mit beiden Händen auf und ließ den Kopf zwischen die Schultern sinken. Es entstand eine lange Pause. Pucetti und Brunetti standen wie aus Stein gemeißelt.
    »Was ist in jener Nacht geschehen?« hakte Brunetti endlich nach.
    »Filippi kam sehr spät. Ich weiß nicht, ob er eine Ausgeherlaubnis hatte oder seinen Schlüssel benutzte.« Cappellini sagte das so beiläufig, als nähme er an, sie wüßten bereits über die Hausgewohnheiten Bescheid. »Ich weiß nicht, mit wem er weg war - vielleicht mit seinem Vater. Irgendwie war er immer besonders aggressiv, wenn er sich mit seinem Vater getroffen hatte. Jedenfalls, als er hier hereinkam ...«
    Cappellini stockte und wies mit einer Handbewegung auf den Raum vor ihm, genau dorthin, wo jetzt die beiden reglosen Polizisten standen. »Also da fing er wieder an, über Moro herzuziehen und was der für ein Verräter sei. Ich hatte schon geschlafen und wollte nichts davon hören. Darum hab ich ihm gesagt, er soll den Mund halten.«
    Er schwieg so lange, daß Brunetti endlich nachhelfen mußte: »Und was ist dann passiert?«
    »Er hat mich geschlagen. Er kam hier ans Bett, kletterte rauf zu mir und hat mich an den Schultern gepackt und zugeschlagen. Nicht richtig fest, verstehen Sie, mehr so geknufft, um mir zu zeigen, wie wütend er war. Und dabei hat er immerzu über Moro geflucht - was für ein Scheißkerl der sei und welch ein Verräter.«
    Brunetti hoffte inständig, der Junge würde weiterreden. Und er wurde erhört. »Dann ist er plötzlich abgehauen, hat sich einfach umgedreht und ist raus auf den Flur. Ich weiß nicht, vielleicht wollte er Maselli und Zanchi holen.« Nun hielt der Junge doch wieder inne und starrte zu Boden.
    »Und dann? Was weiter?«
    Cappellini blickte auf und sah Brunetti aus leeren Augen an. »Ich weiß es nicht. Ich bin wieder eingeschlafen.«
    »Komm, Davide, das nehme ich dir nicht ab«, meldete sich unvermittelt Pucetti zu Wort. »Also, was ist passiert?«
    Da fing der Junge ohne jede Vorwarnung zu weinen an.
    Ungehindert liefen ihm die Tränen über die

Weitere Kostenlose Bücher