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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wahr sein? Sie sahen die Frau auf der Straße stehen, schnippten mit den Fingern, und schon flatterten siebenhundert Euro vom Himmel, worauf Sie dachten: Tu ein gutes Werk und gib das Geld der armen, ausgesperrten Rumänin, die hier nun keine Bleibe mehr hat und ...«
    Mit schneidender Stimme fiel sie ihm ins Wort: »Ich kam gerade von der Bank, wo ich den Scheck eines Kunden eingelöst hatte. Ich hatte mir den Betrag bar auszahlen lassen, und als Flori sagte, sie wolle zurück nach Bukarest, da erkundigte ich mich, ob sie ihren Lohn bekommen habe.« Sie sah Scarpa wie verständnisheischend an. Und obwohl nichts dafür sprach, daß er ihr folgen konnte, fuhr sie fort. »Flori sagte, das Geld sei ihr egal, sie wolle nur noch nach Hause.« Assunta stockte; plötzlich war es ihr peinlich, sich diesem Mann gegenüber zu einer vermeintlich sentimentalen Schwäche zu bekennen. »Also habe ich ihr das Reisegeld gegeben.« Seine Miene wechselte, und sie sah ihm an, daß er ihre Schwäche, ihre Leichtgläubigkeit verachtete. »Flori hatte monatelang für die Signora gearbeitet, und die sperrte sie einfach aus, ohne ihr den ausstehenden Lohn zu zahlen oder sie wenigstens noch einmal hereinzulassen, damit sie ihre Sachen holen konnte.« Beinahe hätte sie ihn gefragt, was sie denn seiner Meinung nach in dieser Situation hätte tun sollen. Allein sie wußte, daß das sinnlos gewesen wäre, und sagte nur: »Ich konnte doch nicht zulassen, daß sie monatelang umsonst gearbeitet hatte.«
    »Und weiter?« drängte er.
    »Ich fragte sie, was sie vorhabe, aber sie wollte, wie gesagt, nur noch eins: heim zu ihrer Familie. Inzwischen hatte sie sich immerhin etwas beruhigt und auch aufgehört zu weinen. Ich erbot mich, sie zum Bahnhof zu begleiten und die Abfahrtszeiten der Züge zu erfragen. Sie glaubte sich zu erinnern, daß der nach Zagreb um die Mittagszeit ging.« Ihr erschien das alles ganz natürlich. »Und dann habe ich sie eben zum Bahnhof gebracht.«
    »Und dort haben Sie ihr auch noch die Fahrkarte bezahlt?« forschte er, entschlossen, sie in all ihrer Einfalt bloßzustellen.
    »Ja.«
    »Und dann?«
    »Dann bin ich nach Hause gegangen. Ich mußte ja nach London.«
    »Wann?«
    Sie dachte einen Augenblick nach. »Der Flug ging um halb zwei. Um zwölf kam mein Taxi.«
    »Und bis wann waren Sie am Bahnhof, Signora?«
    »Ich weiß nicht. So bis zehn, halb elf.«
    »Und wie lange hat das Ganze gedauert? Wann, sagten Sie, haben Sie die Frau getroffen?«
    »Ich weiß nicht genau, vielleicht um halb zehn.«
    »Sie wollten für drei Wochen ins Ausland, hatten bereits ein Taxi bestellt, und trotzdem nahmen Sie sich die Zeit, diese Person, die Sie nach eigener Aussage kaum kannten, zum Bahnhof zu bringen und ihr eine Fahrkarte zu kaufen?«
    Wenn er sie nicht so offensichtlich hätte provozieren wollen, wäre es ihr ein leichtes gewesen, ihm zu erklären, wie verhaßt ihr jedesmal die letzten Stunden vor einer Reise waren, dieses ruhelose Hin und Her, nur um sich doppelt und dreifach zu vergewissern, ob man auch ja das Gas abgestellt, den Computer vom Netz genommen und Fenster und Läden geschlossen hatte. Aber diesem Menschen wollte sie nichts davon anvertrauen. Also sagte sie bloß: »Ich hatte genügend Zeit.«
    »Können Sie es beweisen?« fragte er unvermittelt.
    »Was denn?«
    »Daß Sie dort waren.«
    »Wo?«
    »In London.«
    Sie wollte schon zurückzufragen, was das eine mit dem anderen zu tun hätte, als ihr einfiel, wie ihr Exmann jedesmal ausgerastet war, wenn sie seine Logik in Frage stellte, und so begnügte sie sich mit einem schlichten »Ja«.
    »Sie haben sich dann also von ihr getrennt?« fragte er und ließ das Thema London wieder fallen.
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Am Bahnhof, vor den Fahrkartenschaltern.«
    »Wie lange haben Sie gebraucht?«
    »Wofür? Ihr eine Fahrkarte zu kaufen?«
    »Nein, für den Heimweg.«
    »Elf Minuten.«
    Hier hob er die Brauen und lehnte sich im Sessel zurück. »Elf Minuten, Signora? Das ist aber sehr präzise. Haben Sie sich das vorher alles so schön zurechtgelegt?«
    »Was?«
    »Na, Ihren ganzen Roman.«
    Sie holte zweimal tief Luft, bevor sie antwortete. »Tenente, das ist kein Roman, und ich kann die Zeit so genau bestimmen, weil ich seit fünf Jahren im selben Haus wohne und mindestens zweimal die Woche von dort zum Bahnhof laufe.« Sie spürte, wie ihr der Zorn in die Stimme stieg, versuchte ihn zu bekämpfen und verlor. »Für jeden, der nur ein bißchen rechnen kann, ergibt das über

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