Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Kaffee? Ein Glas Wasser?« Er lächelte ermunternd, aber sie war immer noch so verärgert über Scarpas rüdes Verhalten, daß sie, wenn auch höflich, ablehnte. »Später vielleicht«, sagte sie und wählte den Stuhl, der näher am Fenster stand.
    Statt sich hinter seinem Schreibtisch zu verschanzen, rückte der Commissario den zweiten Besucherstuhl heran und nahm ihr gegenüber Platz. Nachdem er die Akte beiseite gelegt hatte, sagte er lächelnd: »Tenente Scarpa hat mir berichtet, was Sie ihm erzählt haben, Signora, aber ich würde es gern noch einmal mit Ihren Worten hören. Und ich wäre dankbar, wenn Sie mir so viele Details wie möglich schildern könnten.«
    Sie war gespannt, ob er ein Tonbandgerät mitlaufen lassen oder einen Notizblock zücken würde: Sie hatte Kriminalromane gelesen. Aber er saß ihr ganz entspannt gegenüber, den Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, und wartete auf ihren Bericht.
    Also wiederholte sie noch einmal, was sie schon Scarpa vorgetragen hatte: Wie sie auf dem Heimweg von der Bank, wo sie den Scheck eingelöst hatte, Flori mit nichts als einer Plastiktüte in der Hand vor dem Haus angetroffen; wie Signora Battestini stumm vom Fenster auf sie herabgeschaut und mit unmißverständlichem Handzeichen strikte Verweigerung signalisiert hatte.
    »Und Sie erinnern sich wirklich nicht, wieviel Sie ihr gegeben haben, Signora?« fragte er, als sie geendet hatte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, der Scheck belief sich auf tausend Euro. Auf dem Heimweg habe ich noch etwas eingekauft: Kosmetika, Batterien für meinen CD-Walkman und noch verschiedene Kleinigkeiten, die ich inzwischen vergessen habe. Aber ich weiß noch, daß ich, als ich das Geld für Flori aus dem Portemonnaie nahm, ein paar Scheine zurückbehielt und ihr die übrigen - es waren lauter Hunderternoten - zusteckte.« Sie rief sich die Szene ins Gedächtnis und versuchte sich zu erinnern, ob sie zu Hause das restliche Geld gezählt hatte. »Nein, es waren an die sechs- oder siebenhundert Euro, genauer kann ich es nicht sagen.«
    »Sie sind sehr großzügig, Signora«, versetzte er lächelnd.
    Aus Scarpas Mund hätte ein solcher Satz zynisch geklungen und das Gegenteil bedeutet; dieser Mann wollte ihr damit schlicht ein Kompliment machen, und Signora Gismondi fühlte sich aufrichtig geschmeichelt. »Ich weiß selber nicht, warum ich es getan habe«, sagte sie versonnen.
    »Aber sie stand ja buchstäblich auf der Straße, mit nichts als einem billigen Polyesterkittel und leinenen Turnschuhen, von denen einer an der Seite schon eingerissen war. Dabei hatte sie monatelang für die Alte gearbeitet. Ich weiß nicht genau, wann sie kam, aber die Fenster waren zu der Zeit jedenfalls noch geschlossen.«
    Er lächelte. »Das ist aber eine ungewöhnliche Datierungsweise, Signora.«
    »Nicht, wenn man in der Nähe der alten Battestini wohnt«, erwiderte sie ziemlich heftig. Und setzte, als sie sein verdutztes Gesicht sah, erklärend hinzu: »Der Fernseher. Der lief andauernd, bei Tag und bei Nacht. Im Winter, wenn alle die Fenster geschlossen halten, ist es nicht gar so schlimm. Aber während der Sommermonate, also von Mai bis September, treibt es mich zum Wahnsinn. Meine Wohnung liegt nämlich genau gegenüber. Und sie läßt den Kasten die ganze Nacht laufen, so laut, daß ich immer wieder die Polizei rufen muß.« Sie merkte erst jetzt, daß sie die Gegenwartsform gebraucht hatte, und korrigierte sich nachträglich.
    Er schüttelte verständnisvoll den Kopf, ganz mitfühlender Venezianer und damit Bürger einer Stadt, deren Gassen zu den engsten und deren Bewohner zu den betagtesten in Europa zählen.
    Durch seine Reaktion ermutigt, fuhr sie fort: »Eine Zeitlang habe ich bei Ihnen, also bei der Polizei, angerufen und mich beschwert, aber es hat nie jemand eingegriffen. Bis mir letzten Sommer ein Beamter den Rat gab, ich solle lieber die Feuerwehr rufen. Dort allerdings hieß es, wegen Lärmbelästigung allein könnten sie nicht ausrücken, es müsse sich schon um eine Gefahrensituation oder um einen Notfall handeln.«
    Brunetti nickte zum Zeichen, daß er ihr aufmerksam zuhörte.
    »Also habe ich, wenn der Fernseher weiterlief, obwohl ich sie schlafend im Bett liegen sah - von meinem Schlafzimmerfenster aus kann ich ihr Bett sehen«, flocht sie ein und verfiel dabei unwillkürlich wieder ins Präsens -, »dann habe ich die Feuerwehr gerufen und gesagt, ich könne die Signora nicht mehr sehen und ...« Ihre Stimme nahm

Weitere Kostenlose Bücher